Am Krankenbett tobt der Streit um die richtige Medizin
Die Krise am Neuen Markt hält an: Zwar geht es dem Patienten immer schlechter, doch am Krankenbett tobt immer noch der Streit um die richtige Medizin. Fest steht für die Börsianer nur eins: Ohne einen radikalen Eingriff sinken die Überlebenschancen auf ein Minimum. Viele Experten begrüßen deshalb die vagen Pläne der Deutschen Börse den Neuen Markt von Unternehmen unter einen gewissen Börsenwert, den so genannten Penny Stocks, zu befreien. Die Zeit drängt: Gleich ein halbes Dutzend größerer Firmen hat schon damit gedroht den Neuen Markt - sollte alles so bleiben wie bisher - einfach zu verlassen. Zudem trifft die Aussicht bittere Pillen schlucken zu müssen auf den Widerstand möglicherweise betroffener Unternehmen. "Wir würden uns gegen eine solche Entscheidung wehren", sagte Dominik Steinacher, Sprecher der im NEMAX 50 gelisteten Schweitzer The Fantastic Corporation . Die Aktie des Softwareentwicklers ist nach einem rasanten Kurssturz und einem Aktiensplitt gerade noch 60 Cent wert. Ob Fantastic betroffen wäre, kann Steinacher nicht sagen. "Die Deutsche Börse hat uns bisher überhaupt nicht informiert", sagte er. Konkrete Überlegungen, wie das Unternehmen gegebenenfalls mit einem Rauswurf aus dem Markt umgehen könnte, gebe es nicht. "Wir könnten beispielsweise den Aktiensplitt Anfang Juli wieder rückgängig machen", sagte der Sprecher. Dann wäre die Aktie nach dem heutigen Kurs rund sechs Euro wert und alle Maßnahmen der Börsenaufsicht griffen ins Leere. Gegen strengere Regeln ist auch Peter Duval, Vorstandschef von rtv Family Entertainment , einer Tochter des Ravensburger Verlages: "Ich bin grundsätzlich dagegen, den Markt zu regulieren." Die Papiere des Produzenten von Fernsehsendungen notieren derzeit auf 95 Cent. "Bei Unternehmen, die ein solides Geschäftsmodell haben und Geld verdienen, werden sich auch die Kurse wieder erholen." Seiner Meinung nach mache es keinen Sinn, Aktionäre eventuell von dieser Entwicklung auszuschliessen. Ganz andere Töne kommen dagegen von einem der Pioniere am Neuen Markt: In der Chefetage der Büdelsdorfer MobilCom ist man davon überzeugt, dass allein mit dem Ausschluß der "Penny Stocks" aus dem Neuen Markt das Vertrauen der Anleger nicht wieder hergestellt werden kann. MobilCom-Chef Gerhard Schmid hat schon des öfteren laut über einen Segmentwechsel nachgedacht. Unternehmenssprecher Stefan Arlt sagte dpa-AFX am Mittwoch, die Börse sei gefordert, "den guten Ruf des Neuen Marktes sehr schnell wieder herzustellen". Dazu gehöre auch eine besser Prüfung der Börsenkandidaten./ts/af --Von Thomas Siedler, dpa-AFX--