"Schlechte Zahlen sind unmöglich"
Mit seinen Quartalszahlen dürfte der Software-Konzern heute Stärke zeigen. Wer wie Larry Ellison einen Konkurrenten übernehmen will, darf sich keinen Leerlauf im eigenen Haus erlauben.
New York - Wenn der US-Softwarehersteller Oracle an diesem Donnerstag seine Quartalsbilanz vorlegt, richten sich die Augen nicht nur auf das nackte Zahlenwerk. Denn seitdem Oracle vergangene Woche eine feindliche Kaufofferte für den kleineren Konkurrenten Peoplesoft angekündigt hatte, rechnen zumindestens einige Analysten damit, dass Oracle-Chef Larry Ellison den Quartalstermin auch als Bühne im Übernahmegerangel nutzen könnte.
Wenn Oracle es mit der Übernahme für rund 5,1 Milliarden Dollar in bar ernst meine, müsse der Konzern der Anlegergemeinde mit seinen Quartalsergebnissen beweisen, dass er in einer finanziell starken Position sei, sagte Sameer Bhasin, Analyst bei Okumus Capital in New York. Dass Oracle die Erwartungen der Wall Street verfehlen könnte, sei praktisch unmöglich.
"Sie werden die Schätzungen übertrumpfen. Zurzeit können sie auf keinen Fall zeigen, dass Dinge nicht gut laufen könnten", sagte er. "Man kann keine feindliche Übernahme anstreben, wenn das eigene Haus nicht in Ordnung ist." Das Oracle-Management werde sicher ankündigen, dass das kommende Geschäftsjahr besser werde.
14 Cent Gewinn je Aktie - Umsatz etwas schwächer erwartet
Einer Umfrage von Thomson First Call zufolge erwarten Analysten im Schnitt für das vierte Geschäftsquartal (Ende Mai) einen Gewinn je Aktie (EPS) von 14 Cent. Oracle selbst hatte vergangene Woche mitgeteilt, mit seinem EPS die Analystenschätzungen zu erfüllen oder zu übertreffen.
Beim Umsatz rechnen Branchenbeobachter mit einem leichten Rückgang von 2,77 Milliarden Dollar im Vorjahr auf nun 2,75 Milliarden Dollar. Die Analysten der Bank of America hatten jüngst erst ihre Umsatzprognose auf 2,8 Milliarden Dollar erhöht und als Begründung die unerwartet guten Ergebnisse im Geschäft mit Anwendungssoftware genannt. Der Lizenzumsatz in diesem Bereich dürfte ihrer Einschätzung nach 210 Millionen Dollar betragen, der Lizenzumsatz im Bereich Datenbank-Software 900 Millionen Dollar.
Konsolidierung in der Branche - SAP gefragt
Nach Einschätzung von Ed Bierdeman, Analyst bei Moors & Cabot, könnte Oracle-Chef Ellison die Gelegenheit nutzen, sich auf mehreren Feldern dem Konkurrenten PeopleSoft überlegen zu zeigen. PeopleSoft selbst will den kleineren Wettbewerber J.D. Edwards übernehmen. Oracle dürfte in der Lage sein, trotz der anhaltenden Branchenschwäche bei den Lizenzumsätzen zumindest seine Ziele für Gewinn und Umsatz beizubehalten, meinte der Analyst.
Kein Interesse an JD Edwards?
Bei der geplanten Übernahme des Konkurrenten PeopleSoft werde Oracle aber nicht auch noch JD Edwards kaufen, heißt es in der "Financial Times Deutschland" unter Berufung auf das Beratungsunternehmen AMR Research. Oracle hatte vergangenen Freitag angekündigt, PeopleSoft für rund 5,1 Milliarden Dollar in bar übernehmen zu wollen.
Eine Übernahme und eine damit einhergehende - und weithin erwartete - Branchenkonsolidierung hätte Auswirkungen auf eine Reihe großer Unternehmen: Neben PeopleSoft und J.D. Edwards sind dies auch der Branchenprimus unter den Unternehmenssoftware-Herstellern SAP , der weltgrößte Software-Produzent Microsoft und der Computergigant IBM.