22.03.2004 - 13:40 Uhr
Deutsche Börse stärkt mit DAX-Regelreform Transparenz-Kriterium
Von vwd Börsenkorrespondent Herbert Rude
Frankfurt (vwd) - Die Deutsche Börse AG stärkt mit der am Montag vorgestellten Regelreform für DAX-Veränderungen die Transparenz des Index. Bevorstehende Änderungen im DAX können Marktteilnehmer künftig früher erkennen, und zum anderen werden die Änderungen messbar und damit nachvollziebar. Entschieden über einen Aufstieg oder Abstieg wird künftig ausschließlich anhand der harten Kriterien Marktkapitalisierung und Börsenumsatz. Die Marktteilnehmer können sich nun unmittelbar nach dem Erscheinen der ausschlaggebenden Ranglisten auf Veränderungen im DAX positionieren und nicht erst nach der Sitzung des Arbeitskreises Indizes.
Dieser tritt erst 2 bis 3 Wochen nach dem Erscheinen der Ranglisten zusammen und hat in der Vergangenheit häufig nach subjektiveren, weichen Kriterien wie der Index-Kontinuität entschieden. Letzteres Kriterium wird auf den 1. Blick geschwächt. Zwar verweist die Deutsche Börse darauf, dass der DAX kaum anders aussähe, wäre das neue Regelwerk bereits in den vergangenen beiden Jahren angewendet worden. Statt Continental wären nun Beiersdorf im DAX, darüber hinaus hätte es aber keine Veränderung gegeben. In anderen Börsen-Phasen, in Zeiten hoher Volatilitäten und starker Outperformance bestimmter Branchen wie in der Tech-Mania oder in der anschließenden Baisse ergebe sich durch den neuen Automatismus aber durchaus die Möglichkeit stärkerer Veränderungen bis hin zum Fahrstuhl-Automatismus.
Da Index-Veränderungen generell den Börsenumsatz eher fördern, profitieren von entsprechenden Tendenzen nach der Regeländerung sowohl die Investmentbanken als auch die Deutsche Börse selbst. Andererseits wird das Kontinuitäts-Kriterium aber auch gestärkt. Ausschlaggebend für die Marktkapitalisierung ist nun nicht mehr der letzte Handelstag im Monat, sondern die umsatzgewichtete Durchschnittskapitalisierung der letzten 20 Handelstage. Damit wird der Index robuster gegen Manipulationsversuche, zum Erstellen der Liste konnten bisher Kurse in letzter Minute in die gewünschte Richtung gezogen oder gedrückt werden. "In Zukunft haben zum Beispiel Hedge-Fonds da mehr Schwierigkeiten", so Christoph Lamersdorf, Managing Director der Börse.
Keinen Anlass gibt es künftig mehr für den immer wieder geäußerten Verdacht, Mitglieder des Arbeitskreis Indizes ließen sich bei ihren Entscheidungen von den eigenen Interessen ihrer Investmentbanken leiten und versteckten sich dabei hinter den weichen Kriterien. Nach dem Geschmack vieler Investoren waren Karstadt beispielsweise zu lange im DAX, andere Werte wären somit schneller hineingekommen. Neben der Kontinuität berief sich der Arbeitskreis in Zweifelsfällen auch auf andere weiche Kriterien wie die Repräsentativität, um die harten Kriterien abzublocken. Auch hier spricht Lamersdorf nun Klartext: "Der DAX ist kein Schaufenster der deutschen Industrielandschaft sondern ein Vehikel für die Investoren", so der Börsen-Manager.
Mit den neuen Regeln werden die Kriterien für DAX-Veränderungen also weniger manipulierbar und transparenter. Da die Entscheidung der Marktteilnehmer für oder gegen einen Börsenplatz vor allem von Transparenz und Liquidität abhängt ist die Regelreform ein überfälliger Schritt in diese Richtung.
vwd/22.3.2004/hru/sst/gos