Die Ausblicke der Tech-Unternehmen zeigen vor allem eines: Die Kursrallye zu Jahresbeginn steht auf tönernen Füßen. Vor allem Sun und AMD lassen Anleger zittern. Selbst für Microsoft sind die Aussichten unschärfer denn je.
New York - Es war so etwas wie die "Super Bowl" der Quartalszahlen. Microsoft, IBM, Sun, AMD, Ebay - der halbe Technologiesektor beichtete am Donnerstag nach Börsenschluss. Die Moderatoren des Börsensenders CNBC wussten gar nicht mehr, wo ihnen der Kopf stand. Es dauerte eine ganze Weile, bis Maria Bartiromo sich ein Urteil zu Microsoft gebildet hatte. "Gemischt", meinte sie dann.
Schon die ganze Woche lang hatten Börsianer dem Tag entgegen gefiebert. Sie wollten wissen, ob die jüngste Rallye der Technologieaktien gerechtfertigt sei. Doch wie schon nach den Berichten von Intel, Apple und Yahoo! in den vergangenen Tagen dürften sie enttäuscht ins Bett gegangen sein.
Zwar haben fast alle Unternehmen am Donnerstag die Erwartungen für das abgelaufene Quartal übertroffen. Doch die Prognosen deuten darauf hin, dass die Erholung des Tech-Sektors noch auf sich warten lässt.
Microsoft zahlt erstmals Dividende
Die größte Überraschung des Tages war Microsofts Ankündigung, ab März eine jährliche Dividende von 16 Cents pro Aktie zu zahlen (acht Cents nach einem geplanten Aktiensplit). Hauptaktionär Bill Gates wird damit um hundert Millionen Dollar reicher.
Seit Jahren fordern Anleger, dass die Firma, die auf einem Bargeldberg von 40 Milliarden Dollar sitzt, ihren Reichtum teilt. Microsoft hatte dies bisher mit der Begründung abgelehnt, man brauche das Geld vielleicht, um mögliche Geldbußen im Zuge der verschiedenen Kartellprozesse zu zahlen.
Doch Microsofts Coup konnte nicht über die durchwachsenen Quartalsberichte hinwegtäuschen. Sowohl IBM als auch Microsoft nannten ihre Zahlen fürs abgelaufene Quartal zwar "solide". Microsoft konnte den Umsatz um zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr steigern. Dennoch blieb er mit 8,54 Milliarden Dollar leicht unter den Erwartungen der Analysten. Microsofts Gewinn stieg auf 2,55 (2,28) Milliarden Dollar oder 47 Cents pro Aktie - einen Cent besser als erwartet. Die Aktie von Microsoft gab nachbörslich deutlich nach.
IBM sprach davon, dass sich das Geschäft stabilisiere. Dennoch verzeichnete die weltgrößte Computerfirma nach der Übernahme von Pricewaterhouse zum sechsten Mal in Folge einen Gewinneinbruch - diesmal um 56 Prozent auf eine Milliarde Dollar. Der Umsatz stieg immerhin um sieben Prozent auf 24 Milliarden Dollar. Beide Zahlen übertrafen die Erwartungen der Analysten.
Wann kaufen die Unternehmen neue Computer?
Doch gleichzeitig erinnerten die beiden Marktführer an das "harte Umfeld". Wie Chipgigant Intel zwei Tage zuvor gaben sie sehr vorsichtige Prognosen für 2003 ab. So senkte Microsoft seine Gewinnprognose von 1,95 Dollar auf 1,90 bis 1,93 Dollar pro Aktie. Auch das Umsatzziel wurde auf rund 32 Milliarden Dollar heruntergeschraubt.
"Wir erwarten kurzfristig keinen Anstieg bei den globalen IT-Ausgaben", warnte Microsoft. Langfristig sei man allerdings "sehr optimistisch" über die Zukunft des Technologiesektors. Intel hatte am Dienstag mitgeteilt, zum dritten Mal in Folge dieses Jahr seine Investitionen deutlich zu reduzieren.
Wie schnell die Tech-Branche sich erholen wird, hängt vor allem von einem ab: Wann kaufen die Unternehmen neue Computer? Die meisten haben ihre PCs und Server zuletzt vor Silvester 2000 millenniumsfest gemacht. Jetzt, sagen Analysten, stehe eigentlich ein Upgrade-Zyklus an. Nur sagen sie das schon seit einem Jahr, und der Termin wird immer wieder hinausgeschoben. Inzwischen wird die Erholung für die zweite Hälfte 2003 vorhergesagt.
Katastrophe bei Sun und AMD
Der Austausch der Computer beeinflusst sowohl die Aussichten von Hardware (Chips) als auch Software. Laut einer Merrill-Lynch-Umfrage unter 50 IT-Chefs großer Unternehmen wird die Software-Nachfrage erst in der zweiten Jahreshälfte anziehen. In einem Bericht schreibt die Investmentbank: "Wir sind weiterhin besorgt, dass die jüngste Aktienrallye auf zu aggressiven Annahmen über eine IT-Erholung beruht".
Dabei gelten Intel, IBM und Microsoft noch als Gewinner der Krise. Richtig dramatisch sieht es hingegen bei ihren Wettbewerbern aus. Sun Microsystems meldete den größten Nettoverlust seiner Geschichte: 2,28 Milliarden Dollar oder 72 Cents pro Aktie (Vorjahr: 13 Cents). Beim Intel-Rivalen AMD stieg der Verlust im abgelaufenen Quartal auf 854,2 Millionen Dollar - gegenüber 15,8 Millionen Dollar im Vorjahr. AMD blieb weit unter den Erwartungen der Analysten. PC-Hersteller Apple hatte bereits am Mittwoch enttäuscht.
Jubel nur im Internetsektor
Nur in einem Bereich scheint schon wieder die Sonne: dem Internet. Nachdem Yahoo! am Mittwoch bereits gute Zahlen vorgelegt hatte (die Aktie fiel trotzdem, weil Anleger insgeheim noch mehr erwartet hatten), gab nun auch Ebay wieder mal Grund zur Freude. Der Gewinn des Online-Auktionshauses verdreifachte sich auf 87 Millionen oder 28 Cents pro Aktie. Der Umsatz verdoppelte sich auf 414 Millionen Dollar.
So gut geht es den Internetfirmen, dass sie ihre Prognosen für 2003 sogar erhöhen konnten. Nach Yahoo! am Mittwoch zog Ebay nun nach: Der Gewinn werde wohl auf 1,12 Dollar pro Aktie klettern statt der bisher erwarteten 1,04 Dollar pro Aktie.
Was den Rest der Tech-Branche angeht, hat "Barron's Online" es auf den Punkt gebracht. Das Finanzblatt spottete am Donnerstag: "Der große Tech-Aufschwung von 2001 steht bevor, jetzt, da wir im Jahr 2003 sind. Oder vielleicht auch nicht."
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