06. Dezember 2012, MS "Deutschland"-Anleihe: Traumschiff macht Heuschrecke froh http://www.manager-magazin.de/finanzen/alternativegeldanlage/0,2828,druck-871201,00.html
"....Finanzinvestor in der Kritik : Wer sich mit der Anleihe näher beschäftigt, kann jedoch Zweifel bekommen, dass eine Zeichnung tatsächlich ein gute Idee war. Ähnlich wie bei mancher Pauschalreise gilt womöglich vielmehr: Erst kommt die Vorfreude, dann das böse Erwachen. Anleiheprofis jedenfalls sehen das Papier zum Teil mit großer Skepsis. Und das liegt nicht zuletzt an Finanzinvestor Markus, der als Aurelius-Chef bei der Emission die Fäden zog. Zum Hintergrund: Aurelius gilt als klassische Private-Equity-Firma, spezialisiert auf Sanierungsfälle. Die werden, so die eigene Darstellung, mit einer "starken Kapitaldecke, internationalen Kontakten und einem großen Team von Spezialisten (...) wieder auf Erfolgskurs" gebracht. Die Realität sieht allerdings oft anders aus. Erfolgsgeschichten seien rar bei Aurelius, schrieb die "FTD" vor einiger Zeit. Detailliert schilderte die Zeitung das Schicksal der ehemaligen Arcandor-Tochter Mode & Preis (M&P), der der Finanzinvestor nach der Übernahme sogar auf mysteriöse Weise Geld über ein "rätselhaftes Konto" entzogen haben soll. Aurelius-Chef Markus verzichtete laut "FTD" seinerzeit darauf, den Vorwurf zu kommentieren. In einer Stellungnahme zu dem Artikel, die sich auf der Internetseite des Unternehmens findet, schreibt Aurelius zu diesem Punkt, das "rätselhafte Konto" habe der Besicherung eines Darlehens gedient. Bei der MS-"Deutschland"-Emission wirkte allein die Tatsache, dass sich der Finanzinvestor im Hintergrund befand, auf manchen Investor abschreckend, wie manager magazin online erfuhr. Hinzu kommt, dass Aurelius schon im Vorfeld geplant hatte, Mittel aus der Platzierung zu verwenden, um das eigene Engagement bei der MS "Deutschland" zu reduzieren. Bis zu 60 Millionen Euro wollten die Emittenten zunächst mit dem Papier einnehmen, etwa 10 Prozent davon wären in die Kassen von Aurelius geflossen.
Die Lage des Unternehmens ist mindestens kritisch
Die nun platzierten 50 Millionen Euro sollen ausschließlich für die Umstrukturierung von Verbindlichkeiten verwendet werden, wie eine Sprecherin auf Nachfrage mitteilt. Bis zu sechs Millionen Euro davon könnten wiederum an Aurelius gehen. "Das ist keine Mittelverwendung, die uns gefällt", sagt ein Anleiheinvestor, der nicht namentlich genannt werden möchte, und der sich gegen eine Zeichnung entschied, zu manager magazin online. "Wir sind grundsätzlich kritisch, wenn ein Private-Equity-Unternehmen eine Anleiheemission als Exit nutzt." Hinzu kämen in diesem Fall einige schlechte Finanzkennzahlen, so der Profianleger. "Die haben uns ebenfalls abgeschreckt." Der Experte spricht die wirtschaftliche Situation der MS "Deutschland" Beteiligungsgesellschaft als Emittentin an. Zwar gilt das Kreuzfahrtgeschäft insgesamt als Wachstumsmarkt. Ein genauer Blick in den Wertpapierprospekt der Anleihe zeigt jedoch: Die Lage des Unternehmens ist mindestens kritisch. Festmachen lässt sich das vor allem an drei Kennzahlen:
•dem Jahresfehlbetrag von 8,5 Millionen Euro im letzten vollen Geschäftsjahr 2011 beziehungsweise knapp fünf Millionen Euro in den ersten neun Monaten dieses Jahres
•dem Eigenkapital, das mit mehr als elf Millionen Euro im Minus steht
•der Auslastung des Schiffes, die von fast 80 Prozent im Durchschnitt des Jahres 2008 auf 67,4 Prozent im Schnitt der Monate Januar bis September 2012 gesunken ist
Die Gesellschaft kennt zwar Gründe für die schlechten Zahlen. Das Eigenkapital etwa befinde sich bewusst im negativen Bereich. Das Schiff werde zu einem vergleichsweise niedrigen Buchwert bilanziert, um Steuern zu sparen, heißt es. Nach Informationen von manager magazin online geht es dabei um einen mittleren bis hohen sechsstelligen Betrag an möglichen zusätzlichen Abgaben. Zudem sei das Geschäft durch die Katastrophe von Fukushima im Jahr 2011 schwer getroffen worden. Seit einiger Zeit, so die Sprecherin, stiegen die Buchungszahlen wieder an. Man gehe davon aus, Investitionen, die zunächst mit dem Geld aus der Anleihe gestemmt werden sollten, in den kommenden Monaten aus dem Cash Flow tätigen zu können. Andererseits passen die roten Zahlen ins Bild, das das MS "Deutschland" in den vergangenen Monaten abgab. Der Streit um die geplante Ausflaggung nach Malta, in dessen Zuge der echte Kapitän des Traumschiffes, Andreas Jungblut, vor einigen Wochen wegen kritischer Äußerungen gefeuert wurde, ging durch alle Zeitungen. Ohne Not, das weiß jeder Schifffahrtskenner, denkt keine Reederei über einen kostensenkenden Flaggenwechsel nach. Tatsächlich fährt bereits ein großer Teil der weltweiten Handelsflotte unter "Billigflagge". Kaum ein Kreuzfahrtschiff hisst heute noch Schwarz-Rot-Gold.
"Vielleicht wäre es besser, das Schiff ginge unter"
Auch der Ratingagentur Scope ist die kritische Lage nicht entgangen. Sie erteilte der Anleihe zwar die außerordentlich gute Note "A". In wichtigen Details kommt das Papier bei den Analysten aber zum Teil äußerst schlecht weg. Der gesamte Bereich "Ertragslage" in der Analyse etwa leuchtet in knalligem rot, der Farbe für die schlechteste Beurteilung, die Scope kennt. In diese Richtung geht auch das Urteil von Sven Pfeil, Anleihespezialist bei der Hamburger Fondsgesellschaft Aramea. "Die entscheidende Frage ist, ob es dem Management gelingt, das Schiff wirtschaftlich wieder auf Kurs zu bringen und die Auslastung künftig wieder signifikant zu steigern", sagt er. "Damit steht und fällt der Erfolg der Anleihe." Die Anleihe läuft fünf Jahre, da kann vieles passieren, so Pfeil weiter. "Auf hoher See wie auch in der Tourismusbranche und im Unternehmen." Die Krux: Schlimmstenfalls, so befürchten Experten, könnte nicht einmal die Besicherung des Wertpapiers durch das Schiff die Anlegergelder retten. Zwar gibt es ein Gutachten, demzufolge der Verkehrswert des Kreuzfahrtriesen mit rund 77 Millionen Euro deutlich über dem Volumen der Anleihe liegt. Sollte es jedoch im Ernstfall tatsächlich zur Veräußerung kommen, so erscheint fraglich, ob unter Zeitdruck der volle Preis auch wirklich erzielt werden kann. "Vielleicht wäre es dann besser, das Schiff ginge unter", sagt ein Investmentprofi augenzwinkernd zu manager magazin online. Der Grund: Dann würde die Versicherung den vollen Schaden übernehmen.