Peinlicher noch für die Wall-Street-Profis: Eine Investmentstrategie, die sich auf "Whispers" stützte, brächte nach Angaben der Professoren sechs bis acht Prozent mehr Rendite als der übliche Marktindex. "Wir waren ganz schön beeindruckt", erklärte selbst Expertin Zaima.
Das dürfte nun natürlich eine alte Debatte neu entfachen. Wie genau sich "Whisper Numbers" zusammensetzen, woher sie kommen, ob sie tatsächlich auf Laienprognosen basieren und wie sie etwa vor Manipulation durch Insider geschützt werden, das ist bis heute nicht ganz klar. Salon.com bezeichnete sie schon 1999 abfällig als "Waschsalon" für Zahlen nebulöser Provenienz: "Niemand ist vollends beruhigt bei dem Gedanken, dass Informationen aus einem mysteriösen Brunnenloch hoch brodeln, aus einer Kollektion von Internet-Quellen, denen man unmöglich nachgehen kann."
Rache des kleinen Mannes
WhisperNumber.com wurde 1997 von den Marketingdirektoren John Scherr und Paul Hauck gegründet, doch sieht sich erst jetzt erstmals ernst genommen. Seine Zahlen "ergeben sich aus den Erwartungen individueller Investoren" - mal nur eine Hand voll, mal Hunderte, je nach Popularität des jeweiligen Konzerns. Das geschieht, indem WhisperNumber.com mit einer Suchmaschine alle möglichen Message Boards, Online-Artikel und Chat Rooms durchkämmt. Besucher der Website können ihre Meinung ebenfalls zu Protokoll geben, indem sie "Enter Your Whisper" anklicken. Die Durchschnittswerte werden dann kostenlos veröffentlicht, die tieferen Analysen daraus aber nur per Abogebühr.
Dass private Anleger selbst anonymen Quellen mehr Glauben schenken als den verbrieften Analysten, kann im Zuge der jüngsten Insider-Skandale an der Wall Street kaum überraschen: Es ist eine Art Rache des kleinen Mannes. Doch inzwischen zitieren selbst die großen Agenturen wie AP und Reuters und der Börsendienst Marketwatch.com mit schöner Regelmäßigkeit auch die "Whisper Numbers".
"Totaler Bullshit"
Diese Woche knöpfen sich die "Whisperer" erneut ein paar namhafte Konzerne vor. Beim Computergiganten Dell stimmt die Gerüchteküche aber ausnahmsweise mal mit dem Experten-Einschätzungen überein: Hier erwarten sowohl die Analysten wie auch WhisperNumber.com 41 Cents Gewinn pro Aktie. Sirius sehen die Flüsterer dagegen mit einem Verlust von 18 Cents nicht ganz so negativ wie die Profis (minus 21 Cents). Noch dramatischer ist die Diskrepanz beim Stahlkonzern Mittal
76 Cents plus erwarten die Analysten - und 90 Cents die Flüstertüten.
Eine weitere "Whisper"-Website ist EarningsWhispers.com. Auf deren Message Board können sich Investoren nicht nur Tipps geben, sondern sich auch ordentlich fetzen. So fühlte sich einer namens inet6 bei der Lektüre zu dem Kommentar veranlasst: "Totaler Bullshit." Und eine "Mrs. Esterhouse" klagte: "Ich bin es leid, diesen Müll zu lesen. Selten ist die Diskussion hier so intelligent, dass sie einem was nützt."
Was den Verdacht nahe legt, dass die beiden vergrätzte Analysten sein könnten.
Grüße
ecki
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