Aus der FTD vom 6.11.2002
Mobilcom: Gründer Schmid gibt nach
Von René Gribnitz, Hamburg
Gerhard Schmid, Großaktionär und früherer Chef der Telefongesellschaft Mobilcom, hat im Streit um die von ihm gehaltenen Mobilcom-Anteile in letzter Minute eingelenkt und damit eine Rettung des Not leidenden Unternehmens wieder möglich gemacht.
Nachdem Schmid am Dienstagnachmittag eine von der Bundesregierung gesetzte Frist verstreichen ließ, bis zu der er die von ihm kontrollierten fast 50 Prozent der Mobilcom-Aktien bedingungslos an einen unabhängigen Treuhänder übertragen sollte, nahm er am späten Abend überraschend wieder Verhandlungen mit dem Wirtschaftsministerium auf. "Die Herren reden wieder miteinander", hieß es in Verhandlungskreisen. Der Spielraum sei klein, beide Seiten hätten allerdings Kompromissbereitschaft signalisiert.
Zuvor hatte sich ein bizarrer Streit zwischen Schmid und der Bundesregierung um die Anzahl von Entwürfen und unabgesprochene Änderungen des Treuhändervertrages entwickelt, der beinahe zum Ende der Rettungsbemühungen und damit zur Insolvenz des Unternehmens geführt hätte. Die Mobilcom-Aktie brach zeitweise um mehr als 35 Prozent ein, erholte sich am Abend aber wieder etwas.
Schmids Weigerung, seine Aktien und Stimmrechte dem Düsseldorfer Anwalt Reinhard von Dalwigk zu übertragen, blockierte einen Überbrückungskredit von rund 100 Mio. Euro. Den Kredit will ein Bankenkonsortium unter Führung der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau gewähren. Mobilcom braucht das Geld, um das verlustreiche Tagesgeschäft und die geplante Sanierung samt Stellenabbau zu finanzieren.
Finanzhilfe reicht noch bis Ende der Woche
Seit France Telecom nach monatelangen Streit mit Schmid im September endgültig alle Zahlungen eingestellt hat, zehrt Mobilcom von einer Rettungsbeihilfe der Bundesregierung von 50 Mio. Euro. Wie viel davon noch übrig ist, ist unklar. In Unternehmenskreisen hieß es, das Geld werde spätestens Ende der laufenden Woche ausgehen.
Zugleich drohte die mühselig vereinbarte Übernahme von Milliardenschulden durch den abtrünnigen Großaktionär France Telecom zu platzen. Nach viermaliger Stundung sind am 15. November 4,7 Mrd. Euro Bankschulden fällig, die Mobilcom beim Aufbau der neuen UMTS-Mobilfunktechnik angehäuft hat. Das Unternehmen kann diese Schulden und weitere 1,1 Mrd. Euro Kredite von Nokia und Ericsson nicht bedienen. Die Franzosen machen die komplette Schuldenübernahme davon abhängig, dass Schmid auf Dauer nichts mehr zu sagen hat.
Zugleich beharren die Franzosen ebenso wie die Kreditgeber, die Bundesregierung und Mobilcom selbst darauf, dass Schmid während der Zeit der Treuhänderschaft keine Anteile verkaufen darf. Schmid hatte die Forderung als Enteignung bezeichnet und grundweg abgelehnt. "Das können wir nicht zulassen", hieß es in Mobilcom-Kreisen unter Hinweis auf die unberechenbaren Entscheidungen des Firmengründers. Zugleich benannte Schmid mit dem früheren Debitel-Chef Joachim Dreyer einen eigenen Treuhänder, der nach Schmids Auskunft "unternehmerisch tätig" werden solle.
Umstrittene Geschäfte
Weiterer Knackpunkt ist ein umstrittenes Geschäft, das der frühere Vorstandschef mit seiner Ehefrau getätigt hatte. Dabei hatte Schmid an Vorstandskollegen und Aufsichtsrat vorbei seiner Frau 70 Mio. Euro gezahlt. Schmid verlangt nun, dass Mobilcom im Gegenzug für seine Unterschrift unter dem Treuhändervertrag auf eine Klage verzichten soll.
Das Geschäft war einer der Gründe für den späteren Rückzug der France Telecom. Im Mai hatte Schmid vor der Hauptversammlung erklärt, das Geschäft rückgängig zu machen und das Geld an Mobilcom zurückzuüberweisen. Bislang ist das nicht geschehen. Eine von Mobilcom angestrengte Klage ruht.
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