Auf die Investoren kommt eine Reihe großer Börsengänge zu
Die Anleger haben in diesem Jahr noch die Qual der Wahl zwischen mehreren Börsenkandidaten. Stefan Gratzer, Aktienemissionschef für Deutschland und Österreich bei der Investmentbank Morgan Stanley, rechnet für die zweite Jahreshälfte noch mit mindestens sechs Börsengängen.
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rob FRANKFURT/M. Zu den möglichen Emissionen zählen Banker in den Emissionsabteilungen der Institute die Abspaltung der Speicherchip-Sparte von Infineon, die derzeit geprüft wird. Außerdem wird ein Börsengang des Verlags Springer Science-Business Media für möglich gehalten. Zu den kleineren Kandidaten zählen das Biotechnologie-Unternehmen Jerini sowie die beiden Solar-Firmen Solarwatt und PV Crystalox Solar.
Im laufenden Jahr gab es bereits vier Börsengänge in Deutschland. Das ist bereits fast soviel wie 2004, als insgesamt nur sechs Unternehmen den Sprung auf das Parkett wagten. Darunter war auch die viel diskutierte Milliardenemission der Postbank zu finden. Bei den aktuellen Neuemissionen handelt es sich um den Triebwerkshersteller MTU Aero Engines, das Biotechnologieunternehmen Paion, den Bezahlsender Premiere und das Solar-Unternehmen Conergy.
Insgesamt liefen die Initial Public Offerings (IPO) gut. Nicht ganz zufrieden stellen konnte allerdings Premiere: Nach kräftigen Kursgewinnen am ersten Handelstag Mitte März diesen Jahres und einem Jahreshöchstkurs von über 33 Euro gab die Aktie im weiteren Verlauf allerdings ihre zuvor erzielten Gewinne wieder ab. Sie notiert jetzt leicht unter dem Ausgabekurs von 28 Euro.
Das kann die Banker jedoch nicht schrecken. „Für mich wird das zweite Halbjahr 2005 deutlich stärker als im vergangenen Jahr. Auch mit weiteren milliardenschweren Emissionen ist zu rechnen“, sagt der Morgan-Stanley-Banker Gratzer voraus. Dieser Eindruck kommt nicht nur bei der US-Investmentbank auf. Auch Stephan Leithner, Deutschlandchef des Investment-Banking bei der Deutschen Bank, spricht von einer gut gefüllten Warteliste in allen Größenklassen. Mit von der Partie dürften in nächster Zeit auch wieder die Finanzinvestoren sein, die über ein IPO aus ihren zuvor für mehrere Jahre eingegangene Investments wieder aussteigen wollen. Für sie ist der Börsengang „zu einer echten Alternative zum Weiterverkauf an Unternehmen oder Wettbewerber geworden, wie das Beispiel MTU Aerospace gezeigt hat“, sagt Keith Mullin, Director Capital Markets bei Thomson Financial. MTU hatte zuvor mehrheitlich dem US-Finanzinvestor Kohlberg, Kravis, Roberts gehört.
Bis zur schon bald bevorstehenden Sommerpause im Juli und August wird nach Einschätzung der Investmentbanker jedoch nicht mehr viel passieren. Gratzer rechnet bei mehreren Börsenkandidaten mit dem Start der Vorvermarktung bei Großinvestoren kurz vor der erwarteten Bundestagswahl im September. Die endgültigen Ausgabekurse für die Emissionen sollten jedoch erst am Ende des Wahlmonats festgelegt werden. Der Grund: Die auf das Parkett strebenden Unternehmen wollen Sicherheit – Sicherheit, die auch die Investoren zu schätzen wissen, selbst wenn die Aktienemissionen von 2004 in Europa nach der Einschätzung von Morgan Stanley den Investoren im Durchschnitt einen Gewinn von 25 bis 30 Prozent seit dem Börsengang brachten.
Das haben auch die Privatanleger erkannt, die sich lange Zeit zurückhielten und erst in diesem Jahr wieder stärker bei Börsengängen wie im Fall von Conergy zugriffen. Das überraschte etwa Mullin von Thomson Financial, der inzwischen wieder von einer starken Nachfrage der preissensiblen Privatanleger in Deutschland spricht.
Quelle: HANDELSBLATT, Mittwoch, 29. Juni 2005, 08:42 Uhr
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Der Einsame Samariter