LUXEMBURG (nicht rosa) verliert an Fahrt

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LUXEMBURG (nicht rosa) verliert an Fahrt

 
14.01.02 10:51
HINTERGRUND:

Luxemburgs bestaunte Prachtwirtschaft verliert deutlich an Fahrt
Luxemburg (dpa-AFX) - Auch die von vielen Staaten neidvoll bestaunte Prachtwirtschaft Luxemburgs verliert in der weltweiten Konjunkturflaute deutlich an Fahrt. "Ein kleines Schiff gerät auf unruhiger See stärker ins Schlingern als ein großer Dampfer", sagt Konjunkturanalyst Ferdy Adam vom Statistikamt STATEC in Luxemburg. Lag das reale Wachstum in dem Großherzogtum im Jahr 2000 noch bei 7,5 Prozent, rechnen Experten für 2001 nur mit vier und für 2002 gar nur noch mit drei Prozent.

Für Unruhe sorgen steigende Insolvenzen kleiner und mittlerer unternehmen, ein abnehmender Außenhandel, der Einstellungsrückgang im Finanzsektor nach dem 11. September und eine sinkende Industrieproduktion. Dennoch scheint die Sorge der Luxemburger nach fetten Jahren eher psychologisch und in die Zukunft gerichtet zu sein als von akuten Warnsignalen begründet.

EINBUSSEN IN DER INDUSTRIE

Der Direktor der Industriellenföderation (FEDIL) Nicolas Soisson etwa klagt über starke Einbußen in der Industrie im zweiten Halbjahr 2001 und prognostiziert einen noch größeren Einbruch für 2002. Er gibt ausländischen Märkten die Schuld an Luxemburgs kränkelnder Industrie. Auch der Generalsekretär des Unternehmerverbandes UEL, Pierre Bley, macht strategische Entscheidungen ausländischer Unternehmen verantwortlich für die Schließung von Betrieben in Luxemburg. "Das Engagement von Investoren ist etwas zurückhaltender geworden", sagt Bley, dessen Verband 34.000 Unternehmen angehören.

5368 MENSCHEN ARBEITSLOS

Die Arbeitslosigkeit lag im November 2001 bei vergleichsweise niedrigen 2,7 Prozent oder 5368 Menschen und damit 0,1 Prozent höher als vor Jahresfrist. Weitere 2525 Arbeitnehmer oder 1,4 Prozent waren im November in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. In der deutschen Nachbarregion Trier haben immerhin etwa 7,5 Prozent der Arbeitnehmer keinen Job. Im Großherzogtum sind qualifizierte Kräfte willkommen. Mehr als ein Drittel der etwa 284 000 Beschäftigten in Luxemburg kommt aus Frankreich, Belgien und Deutschland.

"Die Arbeitslosenzahl in Luxemburg steigt leicht, und Vorsicht ist geboten", sagt Luxemburgs liberaldemokratischer Wirtschaftsminister Henri Grethen (DP). Er fordert eine bessere Ausbildung von Schülern und mehr Weiterbildung für Arbeitnehmer in dem 450 000-Einwohner- Staat, der auf 700 000 wachsen will und sich selbst mehr als Banken- und Dienstleistungsstandort denn als Industrieland sieht.

Damit Unternehmen bleiben und neue hinzukommen, senkt die Regierung in diesem Jahr erneut die Steuern, weil "die Kassen voll sind und wir keinem mehr Geld aus der Tasche nehmen müssen als notwendig", sagt Minister Grethen. Mit der Senkung der Gesamtbesteuerung von 37,45 auf 30,38 Prozent werden Unternehmen in diesem Jahr um rund 404 Millionen Euro entlastet. Private Steuerzahler zahlen nach der Anfang 2001 begonnenen Steuerreform bis Ende dieses Jahres 669 Millionen Euro weniger Steuern im Vergleich zu 2000. Die Spitze für die Einkommenssteuer liegt seit Januar bei 38 Prozent - statt bisher 42 Prozent.

ZURÜCKHALTUNG BEI INVESTITIONEN

"Die Zeiten, dass wir neue Unternehmen einkaufen, wie Seifenpulver im Supermarkt, sind vorbei", sagt Grethen. Jeder Investor überlege genau, wo er sein Geld einsetze. Deshalb reisen Luxemburgs Regierungsmitglieder seit jeher und neuerdings selbst Großherzog Henri gern durch die Welt, um für ihr Land zu werben. Sie strecken ihre Fühler zunehmend in Richtung Osteuropa und auch nach Israel aus. Mit der EU-Osterweiterung droht nach Ansicht Grethens auch für Luxemburg eine Verschiebung seiner bisher zentralen Lage in Europa und damit ein Verlust potenzieller Geldgeber.

Deshalb preisen die Luxemburger nicht nur gern ihre Mehrsprachigkeit - Französisch, Deutsch und Englisch - an, sondern versprechen vor allem "maßgeschneiderte Lösungen für Betriebe statt beliebiger Konfektion", wie es Minister Grethen formuliert. Und die Wirtschaft scheint bislang zufrieden mit der Politik. Das kleinste Land der Europäischen Union nimmt inzwischen einen der vorderen Plätze im Weltraum ein - mit dem weltgrößten Satellitenunternehmen SES, das den Satelliten Astra betreibt. Luxemburg wurde 2001 auch Sitz des weltgrößten Stahlkonzerns Arcelor. /mau/is/DP/mur/

--- Von Ulf Mauder, dpa ---

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