Vom 7.07.2008, AZ Namibi
Das letzte JSE-Standbein wackelt
Nachdem die internationalen Börsen nach weiteren Verlusten in der vergangenen Woche offiziell den Status von „Bärenmärkten” erlangt haben, droht nun auch das letzte Standbein der Johannesburger Börse (JSE) wegzuknicken, nämlich der Bergbau- und Ressourcensektor.
So haben Gewinnmitnahmen sowie eine Erholung des US-Dollar zu massiven Kursverlusten bei den Bergbauaktien geführt. Die Aktienkurse der beiden Schwergewichte BHP Billiton und Anglo American verloren innerhalb von nur drei Handelstagen zwischenzeitlich bis zu zehn Prozent. Die Papiere der Platinproduzenten hat es noch schwerer erwischt. So wertete der Branchenprimus Impala allein am Donnerstag um fast zehn Prozent ab.
Beobachter sprechen im Zusammenhang mit den regionalen Märkten schon seit geraumer Zeit von einer „gespaltenen” Börse, die bislang nur noch von dem Bergbausegment über Wasser gehalten wurde. Eine Analyse der südafrikanischen Bankengruppe Nedcor unterstreicht beeindruckend, dass sich die übergroße Mehrzahl der Aktien an der JSE schon seit spätestens Mitte Mai in einem ausgeprägten Bärenmarkt befindet. Die im internationalen Vergleich gute Leistung des richtungsweisenden Leitindexes der JSE sei „irreführend” gewesen, weil diese auf den Auftrieb von nur sechs notierten Titeln beruht habe. Da es sich bei diesen sechs Aktien um die an Marktkapitalisierung gemessen größten Titel an der JSE gehandelt habe, sei die Performance des Allshare-Leitindexes, der noch vor kurzem fast ein Allzeithoch erreicht hatte, während die internationalen Leitindizes schon längst auf Talfahrt waren, „nicht repräsentativ für die Gesamtleistung der Börse gewesen”. Diese sechs Aktien mit ihrem jeweiligen Jahresgewinn (Stand Mitte Juni 2008) sind: BHP Billiton (+68 Prozent, Bergbau); Anglo American (+21 Prozent, Bergbau); Sasol (+84 Prozent, Pertrochemie); Mittal (+94 Prozent, Stahl), Impala Platinum (41 Prozent, Bergbau) und MTN (+56 Prozent, Mobilfunk). Inzwischen haben auch einige dieser Leistungsträger in kürzester Zeit stark abgewertet. MTN ist zum Beispiel von 160 Rand/Namibia-Dollar auf 120 Rand/Namibia-Dollar gefallen. Neben dem allgemeinen Börsenpessimismus haben auch bislang nicht erfolgreiche Übernahme-/Fusionsgespräche mit indischen Mobilanbietern dafür gesorgt, dass Anleger der Aktie zunehmend die kalte Schulter gezeigt haben.
„Die meisten an der JSE notierten Aktien sind im Jahresvergleich um durchschnittlich 30 Prozent gefallen. Ein Viertel aller Aktien haben seit ihren Höchstständen sogar um 40 Prozent abgewertet. Keine Frage, wir befinden uns in einem handfesten Bärenmarkt”, so Nedcor.
Am tiefsten in den Keller ging es bislang mit den inflationssensiblen Finanz- und Industrietiteln. Sie verloren im Wochenverlauf erneut durchschnittlich drei bis vier Prozent. Inflationsbedenken und dementsprechend negative Zinserwartungen seien der Grund für die nunmehr seit Monaten andauernde Talfahrt in diesem Börsensegment, meinen Analysten. „Die Aktien vieler Finanzdienstleister und Industriewerte sind auf dem Papier so billig wie zuletzt vor einigen Jahren. Allerdings sind die Gewinnerwartungen in diesen Sektoren alles andere als eindeutig. Das macht eine Bewertung schwierig und die Aktien unattraktiv. Langfristig orientierte Anleger können allerdings durchaus damit anfangen, Blue-Chips wie Standard Bank, First Rand und PPC (der größte regionale Zementhersteller, d. Red) ins Depot zu nehmen. Allein die enorm hohen Dividendenrenditen sprechen dafür, dass solche Investitionen längerfristig sinnvoll sind.”
Sollte der US-Dollar weiter an Fahrt gewinnen und sich die Stimmung internationaler Anleger wieder verstärkt gegen den südafrikanischen Markt wenden, könnte es mit den Minentiteln weiter bergab gehen. In diesem Falle würde es dann auch nicht mehr lange dauern, bis der Leitindex der JSE in die Gefilde eines Bärenmarktes vorstößt.
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