Lebensversicherer in der Rentenfalle

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Nassie:

Lebensversicherer in der Rentenfalle

 
27.05.03 12:31
Lebensversicherer stolpern jetzt in die Rentenfalle
Branche setzt fast nur noch auf Anleihen - Rendite im Tiefflug
Frankfurt/Main -  Nach dem sich die deutschen Lebensversicherer in den vergangenen Jahren mit Aktien verspekuliert haben, droht einigen in der Branche nun die so genannte Rentenfalle. So manche Gesellschaft habe ihren Aktienanteil im Portfolio derart stark gesenkt, dass sie ihre Renditen fast ausschließlich aus der Kapitalanlage in Form festverzinslicher Wertpapiere erziele, sagte ein Unternehmensberater. Die Anleihezinsen aber seien seit Jahren auf Tiefflug. Von einem Anstieg der Aktienkurse würden derart prozyklisch orientierte Unternehmen nicht mehr profitieren. Das bestätigt auch der jüngste "Map-Report".


Die Branchenstudie ermittelt unter 28 deutschen Lebensversicherern zwar noch eine Aktienquote von durchschnittlich knapp zwölf Prozent. Allerdings sei bei einigen Unternehmen der Branche der Anteil an Aktien im Portfolio mittlerweile auf unter ein Prozent gesunken. "Wenn eines Tages die Aktienkurse wieder steigen sollten, werden diese Versicherer vermutlich das Nachsehen haben", sagte ein Unternehmensberater. Außerdem fehle vielen Versicherern ausreichend Risikokapital, um bei anziehenden Aktienmärkten wieder einsteigen zu können.


Allerdings ist die Zurückhaltung an der Börse verständlich. Fast die gesamte Branche hat sich in den vergangenen Jahren die Finger verbrannt. Weil die deutschen Versicherer selbst in der Zeit, als die Aktienkurse schon sanken, noch kräftig in Dividendenpapiere investierten, belaufe sich der Schaden nach drei Jahren Börsenflaute mittlerweile auf 104 Mrd. Euro, rechnet die Branchenstudie "Map-Report" vor. Die einst schier unerschöpflichen Bewertungsreserven der deutschen Assekuranz sanken um fast 59 Mrd. Euro. Dazu addierten sich zusätzlich Abschreibungen auf Kapitalanlagen von 18,3 Mrd. Euro und noch einmal zeitlich aufgeschobene Abschreibungen in Höhe von 16,6 Mrd. Euro sowie rund zehn Mrd. Euro an realisierten Verlusten beim Verkauf von Kapitalanlagen.


Angesichts dieser verheerenden Entwicklung in den vergangenen drei Jahren ist es nicht überraschend, dass ein großer Teil der Unternehmen längst nicht mehr jene Renditen verdient, die an die Versicherten ausgezahlt werden. Im Branchendurchschnitt sei die Nettoverzinsung der Kapitalanlagen nach stillen Lasten im vergangenen Jahr von 6,04 auf 2,1 Prozent abgestürzt, rechnet der Branchenreport aus. Bei manch einem ist es auch deutlich weniger.


Für die einst so finanzstarke Branche ist das Ergebnis dramatisch: Denn ein Teil der Unternehmen verdient nach dieser Rechnung weniger als er allein für die gesetzlich garantierte Mindestrendite von 3,25 Prozent derzeit an seine Kunden ausschütten muss. Viele Versicherer mussten daher in der Vergangenheit Aktienpakete mit Verlusten verkaufen, da die Marktwerte weit unter den Kursen in der Bilanz lagen.


Unmittelbarer Grund zur Sorge für die Versicherten besteht nach Ansicht von Branchenkennern derzeit allerdings nicht. Pro Jahr nimmt die Assekuranz in Deutschland 65 Mrd. Euro ein und schüttet rund 56 Mrd. aus. Sollten die Renditen für Anleihen und die Aktienkurse in den kommenden Jahren allerdings nicht steigen, müssen wohl die meisten Kunden auch künftig mit einer deutlichen Abnahme ihrer Gewinnauszahlungen zum Ablauf der Versicherungszeit rechnen. Schon in den vergangenen Jahren waren die Überschussbeteiligungen gesunken. Im Vergleich zu Fondsprodukten aber ist bei den in Deutschland üblichen Lebensversicherungen mit Garantieverzinsung das eingezahlte Kapital plus einer Mindestrendite sicher.


Nicht allen Unternehmen aber werden niedrigere Versicherungsleistungen die Existenz retten. Bei einigen ist die Kapitaldecke inzwischen so dünn, dass sie nach Hilfe suchen. Zwar ist bislang kein Lebensversicherer bei der Auffanglösung der Branche "Protektor" gelandet. Doch immer mehr Unternehmen wie zum Beispiel die angeschlagene Mannheimer suchen bei ihren Großaktionären nach Hilfe.  ams




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