Länder starten Initiative f radikale Steuerreform

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das Zentrum d.:

Länder starten Initiative f radikale Steuerreform

 
26.09.03 10:02

Kozept des früheren Verfassungsrichters Kirchhof wird geprüft/Einheitlicher Steuersatz von 25%

cag. BERLIN, 25. September. Der Steuerexperte Paul Kirchhof schlägt vor, die Körperschaftsteuer in die Einkommensteuer zu integrieren. Das Modell, das der ehemalige Verfassungsrichter am Donnerstag abend einer Runde von Ministerpräsidenten aus CDU- und SPD-regierten Ländern in Berlin vorgestellt hat, sieht insgesamt eine einheitliche Besteuerung von Bürgern und Unternehmen vor. Alle steuerlichen Ausnahmetatbestände (Subventionen und Abschreibungsmöglichkeiten) werden abgeschafft. Der Steuersatz soll einheitlich für alle Einkommensarten bei 25 Prozent liegen. Der Entwurf des Reformvorschlags liegt dieser Zeitung vor. Kichhof sieht gute Chancen, für dieses Konzept die Zustimmung von CDU- und SDP-Ländern zu erhalten.

Nach Kirchhofs Vorstellungen einer radikalen Steuervereinfachung sollen die Ungleichheiten der steuerlichen Belastung durch das "Rechtsinstitut der steuerjuristischen Person" vermieden werden. Jeder wirtschaftliche Organismus, an dem mehrere Personen beteiligt sind - insbesondere also Personen- und Kapitalgesellschaften - wird als eigenständiges Steuersubjekt behandelt. Dort soll der Gewinn abschließend besteuert werden.

Das geltende Steuerrecht stützt sich auf mehr als 200 Bundesgesetze. Der von einer Forschungsgruppe unter Leitung Kirchhofs erarbeitete Reformvorschlag zielt dagegen auf ein einziges Bundessteuergesetzbuch, das die 36 Bundessteuern auf vier verringert: die Einkommensteuer, die Umsatzsteuer, eine Erbschaft- und Schenkungsteuer und eine allgemeine Verbrauchsteuer.


Da die Steuerprogression und die unterschiedlichen Steuersätze bei der Einkommen- und der Körperschaftsteuer zu wirtschaftlich unsinnigen Gestaltungen anregen und eine rechtsformneutrale Besteuerung verhindern, schlägt Kirchhof einen einheitlichen Steuersatz vor. Niedrige Einkommen, die den geplanten jährlichen Grundfreibetrag von 8000 Euro überschreiten, sollen durch einen Sozialausgleich entlastet werden. Die ersten über den Grundfreibetrag hinausgehenden 5000 Euro unterliegen der Steuer nur zu 60 Prozent, die folgenden 5000 Euro zu 80 Prozent. Erst danach greift der Steuersatz von 25 Prozent voll. Durch dieses Verfahren wird die Progression nicht in den Steuersatz, sondern in die Bemessungsgrundlage eingebaut. Im Ergebnis soll sich aber die gleiche steuerliche Wirkung ergeben. Grundsätzlich geben nur noch Unternehmer nach dem Kirchhofschen Entwurf Steuererklärungen ab. Alle anderen Steuerpflichtigen werden abschließend an der Quelle besteuert. Gibt es Zweifelsfragen, kann aber eine Veranlagung beim Finanzamt beantragt werden.

Der neue Entwurf, über den die Ministerpräsidenten am Abend diskutierten, ist eine konsequente Weiterentwicklung des Karlsruher Entwurfs zur Reform des Einkommensteuergesetzes, mit dem Kirchhof 2001 gemeinsam mit anderen Steuerexperten erstmals eine radikale Vereinfachung des deutschen Steuerrechts vorschlug. Daß der frühere Verfassungsrichter seine weiterentwickelten Ideen auf Einladung des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel (CDU) in einem Steuergespräch einer Runde vortrug, zu der unter anderen auch die SPD-Ministerpräsidenten Peer Steinbrück aus Düsseldorf und Kurt Beck aus Mainz erwartet wurden, gilt als Zeichen, daß die Länder parteiübergreifend an einer grundlegenden Steuerreform interessiert sind.

Teufel hatte die Regierungschefs aller Bundesländer zu dem parteiübergreifenden Treffen nach Berlin eingeladen. Er selbst forderte vor der Zusammenkunft ein transparentes und "für alle durchschaubares" Steuersystem. Im Deutschlandfunk plädierte der baden-württembergische Regierungschef für eine "echte Steuerreform", die alle entlaste. Dann könne man im Gegenzug auch über das Streichen der einen oder anderen Steuervergünstigung reden. Kirchhof dürfte das mit Wohlgefallen gehört haben: Denn er will alle 163 Sondertatbestände des Steuerrechts streichen lassen - also auch die Entfernungspauschale oder die Eigenheimzulage, deren Abschaffung oder Kürzung sich die Union derzeit noch kräftig widersetzt.

Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.09.2003, Nr. 224 / Seite 13



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das Zentrum d.:

Hoffnung Für DEUTSCHLAND (INTERESSANT!)

 
26.09.03 10:31


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Sahne:

Die Botschaft hör ich wohl

 
26.09.03 10:50
allein, es feht der Glaube...
das Zentrum d.:

meine Unterstützung haben Sie

 
26.09.03 10:56
man kann ja nicht alles im vorhinein totreden. Dann passiert wirklich nichts mehr!


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ecki:

Sehr interessant, aber die km-Lobbys, die Steinkoh

 
26.09.03 10:56
lelobby, die Steuerberaterlöbby usw. werden es wohl zu verhindern wissen.

Wer in Deutschland will es schon radikal einfach? Und wie soll so die Klientel gepflegt werden? Wer verpflichtet die Leute auf private Vorsorge, wenn es keinen Steuersparfreibetrag gibt?

Grüße
ecki  
unhappy:

Wie hat Herr Teufel aus BW gestern gesagt

 
26.09.03 11:00
(oder war es gar Herr Koch aus Hessen?)

Das ist etwas zum Überdenken - aber sicherlich nichts Realisierbares für die nächsten Jahre....

Das sagt doch schon alles :-(
ecki:

Ja happy was willst du? Ist doch gerade erst von

 
26.09.03 11:06
2001 bis 2003 verbessert und optimiert worden. Und dann auch noch umsetzen? Das sind doch fast alles Beamte im Parlament. ;-) ;-(

Und ob die 25% nur für die Zinszzahlungen, Rentenzuschüsse und Pensionen reichen würden? Da habe ich auch meine Zweifel....

Grüße
ecki  
das Zentrum d.:

der Ansatz ist jedenfalls super

 
26.09.03 11:55


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das Zentrum d.:

Steuerwendezeit

 
30.09.03 08:20

Von Heike Göbel
 
In der deutschen Finanzpolitik ist ein Umbruch zu beobachten. War es bisher der Bund, der den Ton angab, ergreifen plötzlich die Länder die Initiative. Zwar bedingt die deutsche Finanzverfassung, daß letztlich keiner ohne den anderen kann. Doch ist es bislang üblich, daß die Länder in Wartestellung verharren und es dem Bund überlassen, in Vorlage zu treten. Praktisch alle Steueränderungen, aber auch die Gestaltung des Solidarpaktes mit den neuen Bundesländern oder des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes gingen von Anstößen der Bundesregierung aus. Die Ministerpräsidenten begnügten sich mit der politisch dankbareren Rolle, das Dargebotene unter parteitaktischen und etatistischen Interessen zu würdigen und daraus entweder Forderungen abzuleiten oder den Daumen zu senken.

In den vergangenen Monaten aber scheint sich das Selbstverständnis zu wandeln. Unter dem Eindruck immer massiverer Haushaltsprobleme, die die Länderetats zunehmend in Verfassungskonflikte bringen, haben die Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück im Frühjahr parteiübergreifend eine Zusammenarbeit begonnen, um den Abbau von Subventionen flächendeckend voranzubringen. Heute wird sich zeigen, wieweit es ihnen gelungen ist, christ- und sozialdemokratische Interessen zur Deckung zu bringen.


Fast gleichzeitig hat sich der baden-württembergische Ministerpräsident Teufel darangemacht, mit Unions- und SPD-Kollegen eine Allianz für eine radikale Steuerwende zu schmieden. Vor wenigen Tagen hat er das ehrgeizige Vorhaben ebenfalls zusammen mit Steinbrück öffentlich gemacht. Ziel ist es, der Vision eines einfachen Steuerrechts näher zu kommen, das niedrige Steuersätze mit einer breiten Bemessungsgrundlage verbindet, also Schluß macht mit wettbewerbsverzerrenden Ausnahmeregelungen und Steuersubventionen zugunsten einzelner Gruppen. Orientierungspunkt ist das Karlsruher Modell, das der frühere Verfassungsrichter Paul Kirchhof in den vergangenen Jahren mit Hilfe einer Gruppe von Wissenschaftlern sowie der Unterstützung verschiedener Landesministerien entwickelt hat. Es lockt mit einem Einheitssteuersatz von nur noch 25 Prozent in der Einkommensteuer.

Sollte es Teufel, Koch und Steinbrück tatsächlich gelingen, die Länder mehrheitlich hinter entsprechende Gesetzesinitiativen zu bringen, schrieben sie ein Stück Finanzgeschichte. Eine große Koalition im Bundesrat triebe dann auf diesem Feld als Gestalter die Bundesregierung vor sich her. Eine solche Umkehr der Verhältnisse bietet zwar keine sichere Gewähr für eine bessere Finanzpolitik. Doch unter den Gegebenheiten des geltenden Föderalsystems, das Bund und Länder finanziell aufs engste aneinanderfesselt, liegt hier eine Hoffnung, den rapiden Qualitätsverlust der rot-grünen Finanzpolitik im Bund endlich zu stoppen.

In der Sache sind beide Initiativen - Subventionsabbau und niedrige Steuersätze - zwei Seiten einer Medaille, eine ohne die andere nicht zu haben. Wer wie Rot-Grün in Etatnot häppchenweise und unsystematisch mal hier, mal dort Steuervergünstigungen abzubauen sucht, provoziert nicht nur enormen Widerstand der Betroffenen, sondern schafft erhebliche, wachstumshemmende Unsicherheit über die künftige Steuerlast. Zugleich verringert sich mit jedem gesetzlichen Schritt die Chance, das deutsche Steuerrecht irgendwann auf eine überzeugende Grundlage zu stellen.

Ob man dabei dem weitreichenden Ansatz Kirchhofs folgt oder einem Einkommensteuer-Stufenmodell mit niedrigen Sätzen den Vorzug gibt, wie es unter anderem der CDU-Politiker Uldall mit 8, 18 und 28 Prozent Anfang der neunziger Jahre vorgeschlagen hat, ist dabei (fast) nebensächlich. Beides sind letztlich evolutionäre Weiterentwicklungen des geltenden Rechts, nicht revolutionäre wie etwa die in der Ökonomie ebenfalls diskutierte Umstellung der Ertragsbesteuerung auf eine reine Besteuerung des Konsums oder gar der Finanztransaktionen.

Kirchhof und Uldall sind gleichermaßen Chiffren für ein transparentes, weniger bürokratisches Steuerrecht und für den maßvollen Staat. Dieser muß seinen Anteil an den Erträgen fordern, weil er in einer Marktwirtschaft nicht selber als Unternehmer tätig sein sollte. Doch darf er die Bürger nicht überfordern. Florierende Schwarzarbeit und Steuerflucht ins Ausland sind Ausdruck der Überforderung, auch mit immer neuen Kontrollen ist ihnen nicht beizukommen, solange der Ehrliche befürchten muß, der Dumme zu sein.

In einem Steuersystem mit niedrigen Sätzen und klaren Regeln lohnen Ausweichreaktionen kaum. Sie werden zudem auch gesellschaftlich geächtet, wenn das Gefühl vorherrscht, jeder trage ein gerechtes Scherflein zum Gemeinwesen bei. In einem solchen System stellen sich am Ende alle besser, selbst diejenigen, die bei der Umstellung anfangs rechnerisch verlieren, weil steuersparende Vorteile fallen. Letzlich bleibt in privater Hand insgesamt mehr Geld für wirtschaftliches Engagement. Das generiert Wachstum, Arbeitsplätze und darüber ausreichende Einnahmen des Staates. Dem Bürger bleibt über eine solche Steuerreform aber auch mehr Geld für die private Vorsorge. Das sollte eine Regierung überzeugen, die sich in zähem Kampf bemüht, in der Reform der sozialen Sicherung Land zu gewinnen, indem sie knapper werdende Mittel wieder auf die Risiken konzentriert, die der einzelne nicht selber tragen kann.

Wer einen Steuer-Befreiungsschlag à la Kirchhof oder Uldall als utopisch abtut, macht es sich zu einfach und verkennt ökonomische Zusammenhänge. Das Steuerrecht gehört zu den wichtigsten, auch auf internationale Investoren ausstrahlenden Rahmenbedingungen für die Wirtschaft. Einen überzeugenden Gegenentwurf haben die Kritiker radikaler Steuerkonzepte zudem nicht zu bieten. Ihre Vorschläge variieren den Status quo, der ein Quell steter Unzufriedenheit ist. Das kann es nicht sein.

Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.09.2003, Nr. 227 / Seite 1
Länder starten Initiative f radikale Steuerreform 1196739


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