.07.2008 | 12:19
US-Börseaufsicht macht ernst: Kursmanipulationen haben ein Nachspiel
Die US-Börsenaufsicht SEC nimmt die Handelspraktiken der Wall Street unter die Lupe. Die Aufsichtsbehörde hat informierten Kreisen zufolge Vertreter der größten Investmentbanken und Hedgefonds-Berater vorgeladen.
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Sie untersuche, ob gezielte Kursmanipulationen zum Zusammenbruch von Bear Stearns und den starken Abschlägen bei Lehman Brothers Holdings beigetragen haben, sagten mit den Vorgängen vertraute Personen. Die Vorladungen sind ein neuer Schritt in den umfangreichsten Ermittlungen seit den Untersuchungen von missbräuchlichen Handelspraktiken bei Investmentfonds 2003.
Zu den Investmentbanken, die eine Vorladung (Subpoena) mit der Forderung nach Informationen erhalten haben, gehören den Angaben nach die Deutsche Bank, Goldman Sachs und Merrill Lynch. Auch an mehr als 50 Hedgefonds-Gesellschaften seien Vorladungen ergangen. Die SEC prüfe Handelsunterlagen und E-Mails. Die Behörde wolle herausfinden, ob Händler absichtlich falsche Informationen verbreitet hätten, um durch Leerverkäufe von fallenden Kursen zu profitieren. Bei Leerverkäufen leihen sich Investoren gegen Gebühr Aktien und verkaufen die Titel. Sinkt der Aktienkurs, können sie die Titel zu einem günstigeren Preis zurückkaufen.
Die SEC hatte bereits im März Untersuchungen eingeleitet, nachdem Spekulationen über eine Kapitalnot bei Bear Stearns den Aktienkurs der Investmentbank nach unten trieben und den Verkauf an JPMorgan erzwangen. Ins Straucheln geraten ist auch Lehman Brothers. Seit Jahresbeginn ist der Aktienkurs der Investmentbank, die sich gegen Gerüchte über eine Kapitalknappheit wehrt, um knapp 80 Prozent abgesackt. Am Mittwoch berichtete die Zeitung "Wall Street Journal", dass Alan Schwartz, Ex-Vorstandschef von Bear Stearns, und Richard Fuld, Chef bei Lehman Brothers, bei der Führung von Goldman Sachs angefragt hätten, ob Händler von Goldman Sachs falsche Informationen gestreut hätten.
SEC-Chef Christopher Cox erklärte Vertretern der Notenbank Fed und des Finanzministeriums, dass die SEC sich verstärkt bemühe, Marktspekulationen einzudämmen. Am Wochenende teilte die Ermittlungsgruppe der SEC mit, sie werde mit der Financial Industry Regulatory Authority und der Aufsichtssparte der New York Stock Exchange zusammen prüfen, on Unternehmen ausreichende Kontrollen haben, um die absichtliche Verbreitung von Fehlinformationen zu verhindern.
Bereits am Dienstag kündigte die SEC eine Notmaßnahme an, um bei den Titeln von 19 Finanzkonzernen - darunter Lehman Brothers und die angeschlagenen Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac - das Spekulieren auf fallende Kurse einzuschränken. Die Maßnahme untersagt ungedeckte Leerverkäufe, bei denen Investoren die Aktien, die sie leerverkaufen, nicht einmal leihen. Damit können sie den Markt mit Verkaufsorders für Aktien, die sie gar nicht haben, überschwemmen.
"Kleine börsennotierte Unternehmen beschweren sich seit Jahren über den Missbrauch mit ungedeckten Leerverkäufen", berichtet Roel Campos, früher SEC-Kommissar und nun für die Anwaltskanzlei Cooley Godward Kronish tätig. "Die neue Aufmerksamkeit der Behörden ist darauf zurückzuführen, dass die ungedeckten Leerverkäufe inzwischen Bear Stearns und jetzt auch Lehman Brothers getroffen haben."