Independent Research hat in seiner Analyse vom 21.9.2010 wieder versucht KTG-Zahlen positiv zusammenzuklopfen. Die Verstetigung des Cash Flows - wenngleich das bisher noch nicht zu erkennen sei - werte man positiv (S. 2). Das Schlimme ist, dass die Verstetigung für die Zeit vom 1.1.1007 bis zum 30.6.2010 auf S. 6. nicht den geringsten Grund gibt dies positiv zu bewerten; es wurde laufend immer schlimmer! Mittlerweile wird für den negativen operativen Cash Flow nur noch ein Halbjahr benötigt, während man 2007 noch ein ganzes Jahr für dasselbe Ergebnis benötigt hat (-7,61 Mio €). Wenn man nun schon für sich in Anspruch nimmt, Empfehlungen und Einschätzungen für die nächsten Jahre abgeben zu können, dann erwarte ich wenigstens ein kleinwenig Kritikfähigkeit: Woher soll im 2. Halbjahr 2010 der positive operative Chash Flow kommen? Es gibt keine Erklärung mit der man sich auseinandersetzen könnte. Nach kontinuierlich weiteren negativen Cash Flows im zweiten Kalenderhalbjahr seit 2007 soll nun ein senstioneller Cash Flow von +12 Mio € generiert werden. Das Wunder von Oranienburg. An sowas glaube ich gerne. Auf S. 16 wird richtig gezeigt, dass dann ein positiver Cash Flow von 4,73 Mio € rechnerisch herauskäme. In der Bewertungsrechnung auf S. 11 finde ich dann aber +12,34 Mio €. Wahrscheinlich gehört die Bewertungsrechnung auch deswegen wieder in die Tonne, weil unter "Sonstigem" keinerlei cashwirksame Veränderungen vermerkt sind.
Weit ab von jeder Sachkenntnis lässt sich der Analyst dann so ein, dass die beiden Halbjahresabschlüsse nicht vergleichbar seien. Doch sie sind es. Der Aktionär will wissen, was ihn der Verkauf der KTG Getreidelager und Handel AG an Werner Hofreiter jährlich kostet. Das kann man gut erkennen. Dabei hatte Independent Research in einer "Voranalyse" selber beschrieben, dass Werner Hofreiter 10 % der Marge der KTG-Gruppe abgreift. Der Umsatzrückgang in 2010 ist also nicht entkonsolidierungsbedingt (die Entkonsolidierung erfolgte auf den 1.1.2009), sondern 10 % Marge sind futsch. Immerhin wird ausgeführt, dass die geringeren Umsätze kleinerer Restbestände 7,6 % unter dem stattlichen Vorjahresvergleichshalbjahr liegen? Wenn in Vorjahren die Vorräte bei der KTG Getreidelager waren, dann hatten die Konzerntöchter entsprechende Forderungen. Diese Forderungen wurden gegen die entsprechenden Verbindlichkeiten der KTG Getreidelager herauskonsolidiert. Es bleiben die Konzernvorräte übrig. Da die KTG Getreidelager aber jetzt zum Familienbesitz gehört, haben wir nun stattdessen die entsprechenden Forderungen im Konzern. Für die Betrachtung des Working Capital oder des Umlaufvermögens in Kennzahlen ist dies völlig uninteressant. Die Zwischengewinneliminierung habe ich der Einfachheit halber hier außen vor gelassen; die verschenkte Marge hätte aber hierher gehört. Auf S. 12 kann zudem nachvollzogen werden, dass das Working Capital trotz KTG Getreidelager-Entkonsolidierung Jahr für Jahr deutlich zunimmt.
Spontan macht man sich natürlich Sorgen, wenn die EpS von 1,05 auf 0,91€ für 2010 zurückgenommen werden. Wird denn noch genug für eine von 0,1 auf 0,12 € gesteigerte Dividende übrig bleiben? Das erfährt man nicht. Dennoch kann man auf S. 13 unten bzw. S. 2 erkennen, dass das Ergebnis von 2010 zu dem von 2008 ähnlich ist und es gegenüber 2009 deutlich zurück bleibt. Dass überrascht umso mehr, als dass wir schon lange monatlich weitere Ergebnisverbesserungen bejubeln. Den Analysten wundert das nicht, denn es entspricht ja den Einbrüchen der Nettomarge und der Gesamtkapitalrentabilität (S. 12). Das ist keine Erklärung; es verlangt danach.
Independent Research kommt auch wieder mit Lagerumschlagshäufigkeiten von einem und mehr Jahren ab 2010 daher (S. 12). Gemäß Voranalyse wird die Ernte sofort an Bruder Werner verkauft; es bleibt, was in die Felder gesteckt wurde und die Hilfs- und Betriebsstoffe. Das soll mehr als ein Jahr ausmachen?
Man rechne damit, dass sich der bisher in der Cash Flow-Rechnung kaum ersichtliche positive Effekt des Biogassegments in regelmäßigen und planbaren Cash Flows materialiseren werde. Die Beobachtung der Unsichtbarkeit ist schon mal zutreffend. Aber was wird sich den bei den Biogasanlagen ändern? Die Erträge sind stattlich subventioniert und fixiert. Die Kosten sind niedrig und die Effizienz wird gesteigert. Warum kommt nichts hinten heraus? Vielleicht füttert Mr. 20%-EBIT-Marge, Dr. jur. Berger, die Analysten nicht mit den richtigen Daten. Die Comfort Air Luftfahrtunternehmung, bei der er vorher Geschäftsführer gewesen war, ist jedenfalls per Insolvenz von uns gegangen. Das ist natürlich nicht mit den Siegfried Hofreiter Fällen vergleichbar; das ist nur eine zufällige Ähnlichkeit.
Die Anleiheemission ist nur halbherzig verarbeitet worden. Die kurzfristige Verschuldung mit 7 - 8 % ist nicht soviel höher, als wie der Anleihezins. Dagegen bringt das Parken liquider Mittel nicht 6,75 %. CEO/CFO Siegfried Hofreiter könnte Biogasanlagen auch mit unter 5 % bei Banken finanzieren (S. 8). Dann sehe ich weder den Weitblick noch das merklich verbesserte Finanzergebnis.
Und in der Darstellung der Bilanz 2010e und in der Berechnung des Cash Flows aus der Finanzierungstätigkeit fehlt die Anleihe. Folglich sind auch die Verschuldungskennziffern geschönt.
Bei allem Zahlengewusel sollte man nicht vergessen, dass der Halbjahresabschluss nur deswegen positiv war, weil gegenüber dem Vorjahresvergleichszeitraum Reparaturen und Instandhaltungen in Höhe von 3,6 Mio € unterlassen wurden. Auf S. 9 findet man aber noch ein richtiges Schmankerl: Der Verkauf einer Immobilie verschlechterte das Ergebnis im 1. Hj. 2010 außerordentlich um 1,83 Mio €! Dabei investieren wir doch in Immobilien, weil die Preise unaufhörlich steigen. In welchem Zeitraum wurde dieser Verlust generiert? War der Käufer eine nahestende Person (siehe Risikohinweise im Prospekt)? Wahrscheinlich werden wir das nie erfahren. Im Halbjahresbericht stand es nicht.