Tchibo kooperiert mit dem Versicherungsunternehmen Axa
Ein Pfund Kaffee und die Rente, bitte!
Das Angebot liegt deutlich unter den Preisen der Konkurrenz – doch das Interesse der Kunden ist bisher gering
Mittags ist immer am meisten los. Die Tchibo-Verkäuferinnen in der Sendlinger Straße geben Kaffee und Kuchen aus und kassieren Herren- Unterhosen im Dreierpack sowie Flausch-Socken ab. An den Stehtischen und vor den Regalen der kleinen Filiale drängen sich mindestens zwanzig Menschen, weil es hier „jede Woche eine neue Welt“ gibt. Die Riester-Rente allerdings, die seit Montag neben den Konsumartikeln von der Tchibo Frisch-Röst-Kaffee GmbH vertrieben wird, interessiert kaum jemanden.
In der Filiale von Petra Reakes hat jedenfalls noch niemand ein Antragsformular für die „Tchibo-Zuschuss-Rente“ ausgefüllt. Nur wer Bescheid wisse, frage nach. Maximal 20 Leute seien das am Vormittag gewesen. Von einem Ansturm oder verstärkter Nachfrage können auch andere Münchner Filialen nicht berichten. Es gebe „kein so großes Interesse an der Versicherung“, heißt es oder „die Nachfrage hält sich in Grenzen“ – „man muss abwarten.“
Zwei Monate will der Hamburger Kaffeeröster die Riester-Rente intensiv bewerben. „Aber auch danach werden wir dieses Produkt noch vermitteln“, sagt Unternehmenssprecher Joachim Klähn. Partner ist das Kölner Axa- Versicherungsunternehmen. Zusammen bieten die Unternehmen die Rentenversicherung für rund sieben Prozent des Rentenbeitrags an. Damit wird die Konkurrenz mit Prozentsätzen zwischen 13 und 17 Prozent stark unterboten, und dem Versicherungsnehmer winkt eine größere Monatsrente. „Mehr Rente durch niedrigere Kosten“, heißt es in der dreiseitigen Faltbroschüre im DinA5- Format, wie sie in den Filialen ausliegt. Und: „Am besten gleich den Antrag ausfüllen.“ Wer sich zunächst Hilfe suchend an das Verkaufspersonal wendet, wird abgewiesen. „Wir verteilen nur die Zettel“, erklärt eine Tchibo-Dame und deutet auf eine Telefonnummer, die eben dieser enthält. „Bei mehr Informationsbedarf beraten Axa-Fachleute im Call-Center“, erklärt Joachim Klähn. Mehr Beratung aber, etwa ein Hausbesuch eines Vertreters, ist ausdrücklich nicht drin.
Das ist der entscheidende Grund für Hedwig Telkamp von der Verbraucherzentrale in München, die „Tchibo-Zuschuss-Rente“ abzulehnen. „Das kann es einfach nicht sein“, sagt sie. Die Altersvorsorge sei ein komplexes und beratungsintensives Gebiet. Ganz unterschiedliche Aspekte müssten berücksichtigt werden. „Das kann ein solcher Vertrieb sicher nicht leisten“, meint Hedwig Telkamp. „Höchstens zur Information“ würde sie sich eine Tchibo- Broschüre mitnehmen – und das Angebot dann zuhause vergleichen.
Quelle: Süddeutsche Zeitung