DAX 2006
Jetzt noch kaufen?
Jede Kursrally hat die gleiche Begleitmusik: Je höher die Kurse, desto lauter die Rufe, jetzt Aktien zu kaufen. Der Anleger muss nur verstehen, warum der Dax bei 5500 Punkten nicht teurer ist als bei 2200 Punkten, dem Tiefstand 2003. Doch die Kurse steigen schon seit fast drei Jahren.
Hamburg - Unangenehm, wenn alle anderen mit Aktien Geld verdienen und man selbst noch nicht dabei ist. Äußerst unangenehm, wenn man als Letzter auf Aktien setzt und draufzahlt, sobald die anderen ihr Geld vom Tisch nehmen. Dringend gebraucht wird also eine Argumentationshilfe wie: "Okay, es geht schon lange mächtig aufwärts, aber ihr seid garantiert noch nicht spät dran".
Analysten haben kein Problem damit, diese Einstiegshilfe zu liefern. Richtig, der Dax hat seit dem 12. März 2003, als die Operation "Wüstensturm" der US-Supermacht im Sand feststeckte und der Dax Chart zeigen bei 2202 Zählern schloss, inzwischen 150 Prozent zugelegt. Aber passiert ist eigentlich noch nichts, denn die Gewinne der Dax-Unternehmen haben sich seit 2003 ebenfalls mehr als verdoppelt.
Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) ist der Dax ebenso günstig zu haben wie im Frühjahr 2003, dem Tief- und Wendepunkt nach drei Jahren Kursrutsch. Wer jetzt kauft, zahlt für den Dax Chart zeigen knapp das 13-fache der erwarteten Gewinne der Dax-Unternehmen, also nicht mehr als der Glückspilz, der bereits im März 2003 eingestiegen ist. Was sollte da noch schief gehen.
Wer vom Aufschwung spricht, ist schon längst dabei
Der einzige Unterschied ist nur: Wer im März 2003 für 10.000 Euro ein Dax-Zertifikat gekauft hat, freut sich derzeit über die Summe von 25.000 Euro im Depot. Die Neigung, diese stolzen Gewinne wieder zusammenschmelzen zu lassen, wird nach den Erfahrungen des jüngsten Crashs gering sein. Ein Stop Loss sichert in solchen Fällen die Gewinne: Fällt der Markt in den kommenden Wochen nennenswert zurück, sagt man zufrieden Servus und verkauft.
Ohnehin ist das mit der Erwartung steigender Kurse so eine Sache. Steigende Kurse erwarten diejenigen institutionellen Investoren, die bereits investiert sind und darauf setzen, dass sich ihr Einsatz richtig lohnt. Über fallende Kurse fabulieren diejenigen, die immer noch auf eine Kaufgelegenheit warten - anderenfalls hätten sie ja schon längst gekauft. Daraus folgt eine der wenigen verlässlichen Börsenweisheiten: Wenn alle unisono von steigenden Kursen reden, dann sind schon alle investiert und kaum noch Käufer anzulocken. Der nächste Kursrutsch ist dann nicht mehr weit. Anders gesagt: Wenn alle von der Rally reden, ist sie zu Ende.
So düster muss es im Januar 2006 noch nicht aussehen. Erstens ist die Zahl derjenigen, die sich bereits 2003 wieder in den Markt gewagt haben, recht überschaubar. Zweitens gibt es noch genug Skeptiker und Unkenrufer, die dem Dax nichts mehr zutrauen und der Börsenlogik folgend dafür sorgen können, dass es noch eine Weile aufwärts geht. Dennoch ist es höchste Zeit, neben der wundersamen KGV-Zauberformel noch ein paar weitere Gründe zu prüfen, warum man Dax-Aktien ausgerechnet auf ihrem Dreijahreshoch noch kaufen kann.
Läppische Zinsen und Angst vor dem Fiskus
Das meistgehörte Argument zum Jahresende: Steuern sparen. Wer Ende Dezember 2005 Aktien kauft, so war zu hören, kann Gewinne Ende 2006 noch steuerfrei einstreichen. Erst 2007 schlägt die gefürchtete Pauschalbesteuerung - so sie denn kommt - in Höhe von 20 Prozent zu. Diesen Kaufanreiz kann man getrost vergessen, da Anleger schon in den Vorjahren allein aus Steuergründen allerlei Unsinn angestellt haben. Wer Aktien kauft, glaubt an steigende Gewinne eines Unternehmens. Er setzt nicht darauf, dem Finanzamt eins auszuwischen.
Ein schon besserer Grund: Wohin sonst mit dem Geld. Bei Tagesgeldzinsen zwischen 1,5 und 2,2 Prozent kann man als Alternative sogar schon Aktien der Deutschen Telekom Chart zeigen kaufen. Da gibt es derzeit mehr als 4 Prozent Dividendenrendite und der ohnehin geprügelte Kurs könnte sogar weitere 1,5 Prozent nachgeben, man läge immer noch besser als mit Tagesgeld. Auch die aktuelle Rendite einer zehnjährigen Bundesanleihe (rund 3,3 Prozent) verleitet nicht dazu, sich mit Jubelrufen auf Zinspapiere zu stürzen. Die durchschnittliche Dividendenrendite der Dax-Unternehmen liegt mit 2,7 Prozent nur knapp darunter.
Globalisierung: Arbeitnehmer leiden, Anleger kassieren
Ein noch besserer Grund: Dax-Unternehmen haben sich seit 2003 neu aufgestellt, ihre Kosten gesenkt, Arbeitsplätze in Deutschland en masse abgebaut und ins günstigere Ausland verlagert. Während die Beschäftigten in Deutschland auf der Straße stehen, kassieren deutsche Anleger ihre Globalisierungsdividende: "Die Unternehmensgewinne wachsen solide", bestätigt Klaus Martini, Leiter der Anlagestrategie für Privatkunden bei der Deutschen Bank, in seinem Jahresausblick. Im Jahr 2005 sind die Unternehmensgewinne im Dax durchschnittlich um mehr als 20 Prozent gestiegen, und 2006 dürften es erneut mehr als 10 Prozent sein.
Ein fast schon triftiger Grund: Im Januar fließt traditionell viel Geld in den Markt. Neue Fonds werden aufgelegt, und viele Fondsmanager weiten ihre Aktienquote aus. Schließlich will niemand hinter seinem Vergleichsindex zurückbleiben, also so lange wie möglich dem Trend treu bleiben. Anleger, die in den vergangenen drei Jahren Geld mit Aktien verdient haben, werden zudem risikofreudiger und investieren einen Teil ihrer Ausschüttungen wieder in den Markt. Dieses Argument zieht jedoch nur, so lange der Markt sanft nach oben schnurrt.
Japan brummt, und wir werden Weltmeister
Börsenbullen werden zudem nicht müde, auf das Ende der Deflation in Japan hinzuweisen. Der Binnenkonsum springt endlich wieder an, die Preise steigen, die Bankenkrise scheint überwunden, und die boomende Konjunktur in China lässt auch Japans Exporte kräftig wachsen. Der japanische Nikkei Chart zeigen weise den Weg, den auch der deutsche Aktienindex Chart zeigen bei verbesserter Inlandskonjunktur nehmen kann: Der Nikkei schaffte 2005 ein Plus von 40 Prozent. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist jedoch auf stolze 30 gestiegen.
Es gibt zumindest ein paar Hoffnungszeichen, dass auch der deutsche Wirtschaftsmotor wieder anspringt. Die sechs führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute haben inzwischen alle ihre Konjunkturprognosen für Deutschland erhöht: Das DIW erhöhte in dieser Woche seine Prognose auf 1,7 Prozent im Jahr 2007. Getragen werde der Aufschwung von einem immer noch soliden Weltwirtschaftswachstum (die Deutsche Bank schätzt rund 3,3 Prozent nach 4,3 Prozent im Vorjahr) sowie ein paar Sonderfaktoren: Die Fußball-Weltmeisterschaft sowie die für 2007 angekündigte Erhöhung der Mehrwertsteuer sollen den Binnenkonsum in diesem Jahr beflügeln.
Höhere Steuern als Konjunkturprogramm? Nun ja. Zwar hat Bundestrainer Jürgen Klinsmann seinen Jungs positives Denken verordnet, damit wir Weltmeister werden. Wenn Volkswirte aber schon die Mehrwertsteuer bemühen müssen, um die Einkaufslust der Deutschen zu stärken , können Anleger dies ebenso als Anlass nutzen, um sich schrittweise und sanft aus dem Aktienmarkt zu verabschieden.
Gründe für ein Lebewohl
Spätestens ab März dürfte der Wind an den Börsen rauer wehen. Die US-Notenbank hat in dieser Woche durchblicken lassen, dass die Zeit der Zinserhöhungen in den USA zu Ende geht. Nach 13 Zinserhöhungen im Jahr 2005 auf aktuell 4,25 Prozent dürfte die Zahl weiterer Zinsschritte "nicht groß" sein, heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Protokoll der Fed. Dow Jones Chart zeigen und Nasdaq Composite Chart zeigen nahmen dies zunächst zum Anlass für eine leichte Erholung: Der Dow, der das Vorjahr mit 0,6 Prozent Verlust abgeschlossen hat, legte bis Freitag um mehr als 100 Punkte zu.
Auf einem Niveau von 4,5 oder 4,75 Prozent dürfte die Phase der Zinserhöhungen in den USA zu Ende sein, schätzen Ökonomen. Sie erwarten noch einen oder zwei kleine Zinsschritte der Fed. Doch warum werden die US-Währungshüter die Serie der Zinsschritte beenden? Weil sich die Konjunktur in den USA nach drei Jahren soliden Wachstums in diesem Jahr wieder abschwächen dürfte.
"In den USA verlangsamen sich die Konsumausgaben. Hohe Energiepreise und eine restriktivere Geldpolitik wirken als Wachstumsbremse" schreibt Deutsche-Bank-Stratege Martini. Er erwartet für 2006 nur noch ein Wirtschaftswachstum von rund 3 Prozent in den USA: Damit bliebe die größte Wirtschaftsmacht leicht hinter dem erwarteten globalen Wachstum von 3,3 Prozent zurück.
Harte Zeiten für US-Verbraucher
Die US-Verbraucher, die mit unbeirrtem Power-Shopping die heimische Konjunktur stets gestützt haben, werden in diesem Jahr ein paar ernste Gespräche mit ihrer Hausbank führen müssen. Viele US-Bürger hatten in der Vergangenheit ihre Hypothekendarlehen auf günstigere Konditionen umgeschuldet und das frei werdende Geld in den Konsum gesteckt. Bei inzwischen deutlich gestiegenen Zinsen müssen sie aber künftig wieder höhere Zinsabrechnungen ihrer Hypothekenbank verkraften. Hinzu kommen kräftig gestiegene Benzin- und Energiepreise, die das Einkaufsbudget verringern.
Die EZB ist jüngst dem Beispiel der US-Notenbank gefolgt und hat die Zinsen erhöht. Steigende Zinsen bremsen die Liquidität am Aktienmarkt - setzt die EZB ihre Zinserhöhungen fort, dürfte weniger Geld in Aktien fließen. Währungsexperten rechnen zudem mit einem fallenden Dollar, sobald die Serie der Zinserhöhungen in den USA beendet ist - eine Aufwertung des Euro gegenüber dem Dollar wird auch die Gewinne von Dax-Unternehmen auf dem wichtigen US-Markt drücken.
Abkühlung im zweiten Halbjahr
Das sind Hinweise auf eine Abkühlung im zweiten Halbjahr, und die Börse blickt schon im Frühjahr auf die zweite Jahreshälfte. Steigende Öl- und Rohstoffpreise sowie das Risiko weiterer Naturkatastrophen bleiben zudem bedeutende Unsicherheitsfaktoren, über die kein "historisch günstiges" Kurs-Gewinn-Verhältnis hinweghelfen kann.
China hat zum Jahresende sein Bruttoinlandsprodukt um stolze 17 Prozent nach oben korrigiert. Wenn der Rohstoffhunger der Boomwirtschaft China im gleichen Maße steigt, wird dies die Preise für Öl und Stahl kaum drücken.
So unberechenbar Energiepreise auch sind - sicher scheint dagegen, dass die umjubelten Dax-Konzerne ihr Gewinnwachstum von mehr als 20 Prozent aus dem Vorjahr kaum wiederholen können. Ein großer Teil der Gewinnsteigerung geht auf massive Kostensenkungen und einen recht ruppigen Personalabbau zurück: Dies lässt sich nicht beliebig wiederholen.
Vieles deutet darauf hin, dass die meisten Dax-Unternehmen auch 2006 noch sehr gut verdienen, in ihrer Gewinndynamik aber einen Gang zurückschalten. Dies dürfte sich in den Quartalszahlen für das zweite und dritte Quartal bemerkbar machen.
Für Anleger, die bereits investiert sind, ist all dies kein Grund zur Panik. Wäre der Dax Chart zeigen den Prognosen der Volkswirte gefolgt, er stünde noch längst nicht bei 5500 Punkten. Wer aber auf diesem Niveau jetzt neu einsteigen will, sollte sich über den drohenden Wetterumschwung an der Börse, den Zeitraum seiner Investition und das Risiko im Klaren sein: Nach drei Jahren Aktienrally können Einsteiger leicht zu denjenigen gehören, die die Gewinne der anderen bezahlen.
Quelle: manager-magazin.de
...be invested
Der Einsame Samariter
Jetzt noch kaufen?
Jede Kursrally hat die gleiche Begleitmusik: Je höher die Kurse, desto lauter die Rufe, jetzt Aktien zu kaufen. Der Anleger muss nur verstehen, warum der Dax bei 5500 Punkten nicht teurer ist als bei 2200 Punkten, dem Tiefstand 2003. Doch die Kurse steigen schon seit fast drei Jahren.
Hamburg - Unangenehm, wenn alle anderen mit Aktien Geld verdienen und man selbst noch nicht dabei ist. Äußerst unangenehm, wenn man als Letzter auf Aktien setzt und draufzahlt, sobald die anderen ihr Geld vom Tisch nehmen. Dringend gebraucht wird also eine Argumentationshilfe wie: "Okay, es geht schon lange mächtig aufwärts, aber ihr seid garantiert noch nicht spät dran".
Analysten haben kein Problem damit, diese Einstiegshilfe zu liefern. Richtig, der Dax hat seit dem 12. März 2003, als die Operation "Wüstensturm" der US-Supermacht im Sand feststeckte und der Dax Chart zeigen bei 2202 Zählern schloss, inzwischen 150 Prozent zugelegt. Aber passiert ist eigentlich noch nichts, denn die Gewinne der Dax-Unternehmen haben sich seit 2003 ebenfalls mehr als verdoppelt.
Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) ist der Dax ebenso günstig zu haben wie im Frühjahr 2003, dem Tief- und Wendepunkt nach drei Jahren Kursrutsch. Wer jetzt kauft, zahlt für den Dax Chart zeigen knapp das 13-fache der erwarteten Gewinne der Dax-Unternehmen, also nicht mehr als der Glückspilz, der bereits im März 2003 eingestiegen ist. Was sollte da noch schief gehen.
Wer vom Aufschwung spricht, ist schon längst dabei
Der einzige Unterschied ist nur: Wer im März 2003 für 10.000 Euro ein Dax-Zertifikat gekauft hat, freut sich derzeit über die Summe von 25.000 Euro im Depot. Die Neigung, diese stolzen Gewinne wieder zusammenschmelzen zu lassen, wird nach den Erfahrungen des jüngsten Crashs gering sein. Ein Stop Loss sichert in solchen Fällen die Gewinne: Fällt der Markt in den kommenden Wochen nennenswert zurück, sagt man zufrieden Servus und verkauft.
Ohnehin ist das mit der Erwartung steigender Kurse so eine Sache. Steigende Kurse erwarten diejenigen institutionellen Investoren, die bereits investiert sind und darauf setzen, dass sich ihr Einsatz richtig lohnt. Über fallende Kurse fabulieren diejenigen, die immer noch auf eine Kaufgelegenheit warten - anderenfalls hätten sie ja schon längst gekauft. Daraus folgt eine der wenigen verlässlichen Börsenweisheiten: Wenn alle unisono von steigenden Kursen reden, dann sind schon alle investiert und kaum noch Käufer anzulocken. Der nächste Kursrutsch ist dann nicht mehr weit. Anders gesagt: Wenn alle von der Rally reden, ist sie zu Ende.
So düster muss es im Januar 2006 noch nicht aussehen. Erstens ist die Zahl derjenigen, die sich bereits 2003 wieder in den Markt gewagt haben, recht überschaubar. Zweitens gibt es noch genug Skeptiker und Unkenrufer, die dem Dax nichts mehr zutrauen und der Börsenlogik folgend dafür sorgen können, dass es noch eine Weile aufwärts geht. Dennoch ist es höchste Zeit, neben der wundersamen KGV-Zauberformel noch ein paar weitere Gründe zu prüfen, warum man Dax-Aktien ausgerechnet auf ihrem Dreijahreshoch noch kaufen kann.
Läppische Zinsen und Angst vor dem Fiskus
Das meistgehörte Argument zum Jahresende: Steuern sparen. Wer Ende Dezember 2005 Aktien kauft, so war zu hören, kann Gewinne Ende 2006 noch steuerfrei einstreichen. Erst 2007 schlägt die gefürchtete Pauschalbesteuerung - so sie denn kommt - in Höhe von 20 Prozent zu. Diesen Kaufanreiz kann man getrost vergessen, da Anleger schon in den Vorjahren allein aus Steuergründen allerlei Unsinn angestellt haben. Wer Aktien kauft, glaubt an steigende Gewinne eines Unternehmens. Er setzt nicht darauf, dem Finanzamt eins auszuwischen.
Ein schon besserer Grund: Wohin sonst mit dem Geld. Bei Tagesgeldzinsen zwischen 1,5 und 2,2 Prozent kann man als Alternative sogar schon Aktien der Deutschen Telekom Chart zeigen kaufen. Da gibt es derzeit mehr als 4 Prozent Dividendenrendite und der ohnehin geprügelte Kurs könnte sogar weitere 1,5 Prozent nachgeben, man läge immer noch besser als mit Tagesgeld. Auch die aktuelle Rendite einer zehnjährigen Bundesanleihe (rund 3,3 Prozent) verleitet nicht dazu, sich mit Jubelrufen auf Zinspapiere zu stürzen. Die durchschnittliche Dividendenrendite der Dax-Unternehmen liegt mit 2,7 Prozent nur knapp darunter.
Globalisierung: Arbeitnehmer leiden, Anleger kassieren
Ein noch besserer Grund: Dax-Unternehmen haben sich seit 2003 neu aufgestellt, ihre Kosten gesenkt, Arbeitsplätze in Deutschland en masse abgebaut und ins günstigere Ausland verlagert. Während die Beschäftigten in Deutschland auf der Straße stehen, kassieren deutsche Anleger ihre Globalisierungsdividende: "Die Unternehmensgewinne wachsen solide", bestätigt Klaus Martini, Leiter der Anlagestrategie für Privatkunden bei der Deutschen Bank, in seinem Jahresausblick. Im Jahr 2005 sind die Unternehmensgewinne im Dax durchschnittlich um mehr als 20 Prozent gestiegen, und 2006 dürften es erneut mehr als 10 Prozent sein.
Ein fast schon triftiger Grund: Im Januar fließt traditionell viel Geld in den Markt. Neue Fonds werden aufgelegt, und viele Fondsmanager weiten ihre Aktienquote aus. Schließlich will niemand hinter seinem Vergleichsindex zurückbleiben, also so lange wie möglich dem Trend treu bleiben. Anleger, die in den vergangenen drei Jahren Geld mit Aktien verdient haben, werden zudem risikofreudiger und investieren einen Teil ihrer Ausschüttungen wieder in den Markt. Dieses Argument zieht jedoch nur, so lange der Markt sanft nach oben schnurrt.
Japan brummt, und wir werden Weltmeister
Börsenbullen werden zudem nicht müde, auf das Ende der Deflation in Japan hinzuweisen. Der Binnenkonsum springt endlich wieder an, die Preise steigen, die Bankenkrise scheint überwunden, und die boomende Konjunktur in China lässt auch Japans Exporte kräftig wachsen. Der japanische Nikkei Chart zeigen weise den Weg, den auch der deutsche Aktienindex Chart zeigen bei verbesserter Inlandskonjunktur nehmen kann: Der Nikkei schaffte 2005 ein Plus von 40 Prozent. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist jedoch auf stolze 30 gestiegen.
Es gibt zumindest ein paar Hoffnungszeichen, dass auch der deutsche Wirtschaftsmotor wieder anspringt. Die sechs führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute haben inzwischen alle ihre Konjunkturprognosen für Deutschland erhöht: Das DIW erhöhte in dieser Woche seine Prognose auf 1,7 Prozent im Jahr 2007. Getragen werde der Aufschwung von einem immer noch soliden Weltwirtschaftswachstum (die Deutsche Bank schätzt rund 3,3 Prozent nach 4,3 Prozent im Vorjahr) sowie ein paar Sonderfaktoren: Die Fußball-Weltmeisterschaft sowie die für 2007 angekündigte Erhöhung der Mehrwertsteuer sollen den Binnenkonsum in diesem Jahr beflügeln.
Höhere Steuern als Konjunkturprogramm? Nun ja. Zwar hat Bundestrainer Jürgen Klinsmann seinen Jungs positives Denken verordnet, damit wir Weltmeister werden. Wenn Volkswirte aber schon die Mehrwertsteuer bemühen müssen, um die Einkaufslust der Deutschen zu stärken , können Anleger dies ebenso als Anlass nutzen, um sich schrittweise und sanft aus dem Aktienmarkt zu verabschieden.
Gründe für ein Lebewohl
Spätestens ab März dürfte der Wind an den Börsen rauer wehen. Die US-Notenbank hat in dieser Woche durchblicken lassen, dass die Zeit der Zinserhöhungen in den USA zu Ende geht. Nach 13 Zinserhöhungen im Jahr 2005 auf aktuell 4,25 Prozent dürfte die Zahl weiterer Zinsschritte "nicht groß" sein, heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Protokoll der Fed. Dow Jones Chart zeigen und Nasdaq Composite Chart zeigen nahmen dies zunächst zum Anlass für eine leichte Erholung: Der Dow, der das Vorjahr mit 0,6 Prozent Verlust abgeschlossen hat, legte bis Freitag um mehr als 100 Punkte zu.
Auf einem Niveau von 4,5 oder 4,75 Prozent dürfte die Phase der Zinserhöhungen in den USA zu Ende sein, schätzen Ökonomen. Sie erwarten noch einen oder zwei kleine Zinsschritte der Fed. Doch warum werden die US-Währungshüter die Serie der Zinsschritte beenden? Weil sich die Konjunktur in den USA nach drei Jahren soliden Wachstums in diesem Jahr wieder abschwächen dürfte.
"In den USA verlangsamen sich die Konsumausgaben. Hohe Energiepreise und eine restriktivere Geldpolitik wirken als Wachstumsbremse" schreibt Deutsche-Bank-Stratege Martini. Er erwartet für 2006 nur noch ein Wirtschaftswachstum von rund 3 Prozent in den USA: Damit bliebe die größte Wirtschaftsmacht leicht hinter dem erwarteten globalen Wachstum von 3,3 Prozent zurück.
Harte Zeiten für US-Verbraucher
Die US-Verbraucher, die mit unbeirrtem Power-Shopping die heimische Konjunktur stets gestützt haben, werden in diesem Jahr ein paar ernste Gespräche mit ihrer Hausbank führen müssen. Viele US-Bürger hatten in der Vergangenheit ihre Hypothekendarlehen auf günstigere Konditionen umgeschuldet und das frei werdende Geld in den Konsum gesteckt. Bei inzwischen deutlich gestiegenen Zinsen müssen sie aber künftig wieder höhere Zinsabrechnungen ihrer Hypothekenbank verkraften. Hinzu kommen kräftig gestiegene Benzin- und Energiepreise, die das Einkaufsbudget verringern.
Die EZB ist jüngst dem Beispiel der US-Notenbank gefolgt und hat die Zinsen erhöht. Steigende Zinsen bremsen die Liquidität am Aktienmarkt - setzt die EZB ihre Zinserhöhungen fort, dürfte weniger Geld in Aktien fließen. Währungsexperten rechnen zudem mit einem fallenden Dollar, sobald die Serie der Zinserhöhungen in den USA beendet ist - eine Aufwertung des Euro gegenüber dem Dollar wird auch die Gewinne von Dax-Unternehmen auf dem wichtigen US-Markt drücken.
Abkühlung im zweiten Halbjahr
Das sind Hinweise auf eine Abkühlung im zweiten Halbjahr, und die Börse blickt schon im Frühjahr auf die zweite Jahreshälfte. Steigende Öl- und Rohstoffpreise sowie das Risiko weiterer Naturkatastrophen bleiben zudem bedeutende Unsicherheitsfaktoren, über die kein "historisch günstiges" Kurs-Gewinn-Verhältnis hinweghelfen kann.
China hat zum Jahresende sein Bruttoinlandsprodukt um stolze 17 Prozent nach oben korrigiert. Wenn der Rohstoffhunger der Boomwirtschaft China im gleichen Maße steigt, wird dies die Preise für Öl und Stahl kaum drücken.
So unberechenbar Energiepreise auch sind - sicher scheint dagegen, dass die umjubelten Dax-Konzerne ihr Gewinnwachstum von mehr als 20 Prozent aus dem Vorjahr kaum wiederholen können. Ein großer Teil der Gewinnsteigerung geht auf massive Kostensenkungen und einen recht ruppigen Personalabbau zurück: Dies lässt sich nicht beliebig wiederholen.
Vieles deutet darauf hin, dass die meisten Dax-Unternehmen auch 2006 noch sehr gut verdienen, in ihrer Gewinndynamik aber einen Gang zurückschalten. Dies dürfte sich in den Quartalszahlen für das zweite und dritte Quartal bemerkbar machen.
Für Anleger, die bereits investiert sind, ist all dies kein Grund zur Panik. Wäre der Dax Chart zeigen den Prognosen der Volkswirte gefolgt, er stünde noch längst nicht bei 5500 Punkten. Wer aber auf diesem Niveau jetzt neu einsteigen will, sollte sich über den drohenden Wetterumschwung an der Börse, den Zeitraum seiner Investition und das Risiko im Klaren sein: Nach drei Jahren Aktienrally können Einsteiger leicht zu denjenigen gehören, die die Gewinne der anderen bezahlen.
Quelle: manager-magazin.de
...be invested
Der Einsame Samariter