Nach der Beschlagnahmung von Aktien des Ölkonzerns Yukos durch russische Strafverfolger und einen hierdurch ausgelösten Sturm der Entrüstung haben die Ermittlungsbehörden einen Teil der Aktien wieder freigegeben. Russlands Ministerpräsident Kasjanow zeigte sich besorgt.
Das meldet die russische Nachrichtenagentur Interfax. Unterdessen hat der russische Ministerpräsident Micaheil Kasjanow als erstes Mitglied der Moskauer Regierung öffentlich Bedenken an dem Vorgehen der Ermittler geäußert: "Ich möchte mich jeder Bewertung enthalten, aber meine Besorgnis ist groß".
In in- und ausländischen Medien war zuvor vor einen Rückfall in stalinistische Zeiten gewarnt worden. Befürchtet wird eine Verstaatlichung durch die Hintertür. Der russische Präsident Wladimir Putin setzte derweil ein Zeichen für die weitere Liberalisierung der russischen Wirtschaft - er kündigte eine Reform des eingeschränkten Gazprom-Handels an.
"In einem Land, in dem Eigentumsrechte nicht respektiert werden, sind nur illegale Geschäfte möglich", kommentierte die Zeitung "Wedomosti" am Freitag. Das ganze russische Unternehmertum sehe sich jetzt der Gefahr der Verstaatlichung gegenüber. Sollte Putin auch weiterhin die Beschlagnahmung nicht kritisieren, wäre dies ein klares Zeichen dafür, dass der Präsident eine autoritäre Herrschaft sowjetischen Stils wieder herstellen wollte, hieß es.
Auch die Londoner "Financial Times " bezeichnete die Aktion als unverhältnismäßige Reaktion auf die gegen Yukos-Chef Michail Chodorkowski erhobenen Vorwürfe. Putin habe sich auf einen gefährlichen Weg hin zu einem autoritären Regierungsstil begeben.
Die deutsche Wirtschaft wertet die Yukos-Krise ebenfalls als einen Schritt zu mehr staatlicher Kontrolle auf dem russischen Rohstoffmarkt. Die Aktion solle wohl erreichen, dass der lukrative Rohstoffmarkt nicht ohne Kontrolle in fremde Hände gelangt, erklärte der Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, Oliver Wieck, im Deutschlandfunk. Dies sei ein bedauerliches Signal, das ausländische Investoren abschrecken könnte.
Ablenkungsmanöver Gazprom
Wie um die Bedenken hinsichtlich der Verstaatlichung zu zerstreuen, hat Putin den Investoren am Freitag die baldige Liberalisierung des derzeit eingeschränkten Handels mit Aktien des Gaskonzerns Gazprom zugesagt. Bislang dürfen ausländische Investoren keine in Russland gehandelten Gazprom-Aktien kaufen. Sie können ausschließlich im Ausland gehandelte Papiere erwerben, die jedoch mit einem erheblichen Preisaufschlag belegt werden.
An der Börse funktionierte das Manöver anstandslos. Die Gazprom-Aktien legten im Vormittagshandel in Moskau um acht Prozent zu. Der Marktindex Micex erholte sich mit einem Plus von vier Prozent von seinem Vorstagessturz. Auch Yukos-Aktien gewannen an der in Dollar gehandelten Börse sechs Prozent.
Am Donnerstag haben russische Strafverfolger haben 44 Prozent der Yukos-Aktien beschlagnahmt. Die vom Staat beschlagnahmten Papiere gehörten dem festgenommenen Firmenchef Michail Chodorkowski und engen Vertrauten von ihm.
Chodorkowski war am Samstag wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung und des Betrugs in Sibirien festgenommen worden. In Russland war in diesem Zusammenhang darüber spekuliert worden, ob die Festnahme Chodorkowskis in einem Zusammenhang mit seinen Engagement für politische Gegner des russischen Präsidenten Wladimir Putin stehen könnte. Chodorkowski selbst hatte auch politische Ambitionen gezeigt.
Auch im Kreml schlägt der Yukos-Fall weite Kreise. Putins Stabschef Alexander Woloschin reichte nach der Verhaftung Chodorkowskis seinen Rücktritt ein. Das Gesuch wurde am Donnerstag von Putin angenommen.
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