Deutschland gilt international mittlerweile als das nächste Japan. Investoren ziehen sich bereits zurück.
Die Briten litten noch in den 90er Jahren unter ihrem Image als kranker Mann Europas. Eigentlich war dieser Makel zu dem Zeitpunkt schon fast zehn Jahre nicht mehr gerechtfertigt. Aber es dauerte eben so lange, bis sich das Image der Realität angepasst hat.
Genau so wird es auch Deutschland gehen. Selbst wenn Bundeskanzler Gerhard Schröder jetzt harte Reformen durchsetzen würde: Das Vertrauen internationaler Investoren in die deutsche Wirtschaft ist zunächst einmal auf einige Jahre zerstört. An Deutschland klebt jetzt das Etikett des kranken Mannes Europas. Schlimmer noch: Wenn Schröder auch in den nächsten vier Jahren die Reformen vor sich hinschiebt - und damit rechne ich fest -, dann ist zumindest für unsere Generation der Zug abgefahren.
Wir hören mittlerweile, dass immer mehr große internationale Industrieunternehmen das Gewicht Deutschlands in ihrer globalen Strategie verringern. An den Finanzmärkten ist genau diese Entwicklung schon eingetroffen. Der Grund, warum der Dax-30-Index im vergangenen Jahr die miserabelste Performance aller großen internationalen Marktindizes aufwies, hing unter anderem damit zusammen. Finanzmärkte sind der realen Wirtschaft voraus, denn es ist leichter, ein Investment-Portfolio umzuschichten, als eine ganze industrielle Strategie. Branchen-Strategien sind behäbig, aber wenn sie sich ändern, dann hat das langfristige Konsequenzen.
Dümpeln auf der Nullwachstumslinie
Wie anders war die Stimmung im Herbst 1998. Damals glaubten Investoren, dass mit dem Generationenwechsel im Bundeskanzleramt ein Aufbruch einhergeht. Sie interessierten sich nicht für die Details. Natürlich kannten sie Schröder nicht. Sie wussten nicht, dass Schröder weder intellektuell noch vom politischen Instinkt her in der Lage ist, eine wirtschaftspolitische Strategie zu formulieren. Vor allem ahnten sie nicht, dass Schröder unter Reformen etwas völliges anderes versteht: nämlich eine weitere Verkrustung des Arbeitsmarktes, höhere Lohnnebenkosten, mehr Bürokratie und, am allerschlimmsten, eine prozyklische Wirtschaftspolitik.
Das deutsche Arbeitsrecht ist mittlerweile so kompliziert, dass selbst deutsche Arbeitgeber es ohne juristische Hilfe nicht mehr verstehen. Auf die Frage "Wie hoch sind meine Steuern?" gibt es in Deutschland keine generelle Antwort. Alles hängt immer von irgendetwas ab. Oder was macht man, wenn man nach 20 Uhr einkaufen möchte?
Früher haben die Investoren diese Unwägbarkeiten in Kauf genommen, weil man in Deutschland Geld verdienen konnte. Mittlerweile ist auch das nicht mehr so. Warum sollen sie sich dann all dies antun? Andere europäische Länder wie Finnland, Schweden, selbst die Niederlande sind für einen neuen Investor in fast allen Kriterien Deutschland überlegen.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin erregte vor einigen Tagen Aufsehen mit seiner Prognose, die deutsche Wirtschaft werde in diesem Jahr real nur um 0,6 Prozent wachsen. Damit würde Deutschland zum dritten Jahr in Folge ein Wachstum in der Nähe der Null-Marke erzielen. Noch schockierender ist die Ein-Prozent-Wachstumsprognose für 2004. Wenn man bedenkt, dass Deutschland zwei Prozent Wachstum braucht, allein um den Arbeitsmarkt zu stabilisieren, ist diese Aussicht eine Katastrophe. Prognosemodelle sind so gebaut, dass sie fast nie eine Rezession voraussagen, und wenn die Rezession einmal da ist, prognostizieren sie zumeist einen Aufschwung für den nächsten Herbst. Wenn sie selbst dies nicht mehr tun, dann ist die Lage sehr ernst.
Schwache Binnenwirtschaft
Um aus dem Loch herauszukommen, bedarf es entweder einer starken Belebung der Weltwirtschaft - wonach es nicht aussieht - oder wirtschaftlicher Eigendynamik. Doch Deutschlands Binnenwirtschaft ist zu schwach, um diese Dynamik zu erzeugen. Genau hier müssen Strukturreformen ansetzen.
Es ist daher kein Wunder, dass Absolventen der Universitäten wieder in den öffentlichen Sektor streben. Der private Sektor ist rezessiv, wohingegen im öffentlichen Sektor ein hohes Maß an Arbeitsplatzsicherheit herrscht und, wie Verdis Lohnabschluss zeigt, relativ attraktive Gehälter gezahlt werden. Deutschland entfernt sich von der Marktwirtschaft.
Depressionen können extrem verlaufen, wie in den dreißiger Jahren. Sie können auch langsam und stetig verlaufen, wie in Japan und jetzt in Deutschland. Die Wirtschaft dümpelt auf der Nullwachstumslinie vor sich hin. Und so ist es nicht überraschend, dass ausländische Investoren Deutschland als das nächste Japan abschreiben, ein Land, dass strukturell unfähig ist, sich aus seiner wirtschaftlichen Depression - aus Schröders Depression - zu befreien. Je länger man mit den Reformen wartet, desto einschneidender werden diese Reformen ausfallen müssen, um das Image Deutschlands im In- und Ausland zu verbessern, und desto länger wird es dauern, bis sich das neue Image durchgesetzt hat.
Es handelt sich um Reformen, die Amerikaner und Briten in den 80er Jahren, die Nordeuropäer in den 90er Jahren umgesetzt haben. Deutschland hinkt mittlerweile 20 Jahre hinterher, und die Uhr tickt weiter. Sie wird so lange ticken, bis der Kanzler der Depression abtritt. Und das, so lautet meine Prognose, wird noch einige Zeit dauern.
So long,
Calexa
www.investorweb.de
Die Briten litten noch in den 90er Jahren unter ihrem Image als kranker Mann Europas. Eigentlich war dieser Makel zu dem Zeitpunkt schon fast zehn Jahre nicht mehr gerechtfertigt. Aber es dauerte eben so lange, bis sich das Image der Realität angepasst hat.
Genau so wird es auch Deutschland gehen. Selbst wenn Bundeskanzler Gerhard Schröder jetzt harte Reformen durchsetzen würde: Das Vertrauen internationaler Investoren in die deutsche Wirtschaft ist zunächst einmal auf einige Jahre zerstört. An Deutschland klebt jetzt das Etikett des kranken Mannes Europas. Schlimmer noch: Wenn Schröder auch in den nächsten vier Jahren die Reformen vor sich hinschiebt - und damit rechne ich fest -, dann ist zumindest für unsere Generation der Zug abgefahren.
Wir hören mittlerweile, dass immer mehr große internationale Industrieunternehmen das Gewicht Deutschlands in ihrer globalen Strategie verringern. An den Finanzmärkten ist genau diese Entwicklung schon eingetroffen. Der Grund, warum der Dax-30-Index im vergangenen Jahr die miserabelste Performance aller großen internationalen Marktindizes aufwies, hing unter anderem damit zusammen. Finanzmärkte sind der realen Wirtschaft voraus, denn es ist leichter, ein Investment-Portfolio umzuschichten, als eine ganze industrielle Strategie. Branchen-Strategien sind behäbig, aber wenn sie sich ändern, dann hat das langfristige Konsequenzen.
Dümpeln auf der Nullwachstumslinie
Wie anders war die Stimmung im Herbst 1998. Damals glaubten Investoren, dass mit dem Generationenwechsel im Bundeskanzleramt ein Aufbruch einhergeht. Sie interessierten sich nicht für die Details. Natürlich kannten sie Schröder nicht. Sie wussten nicht, dass Schröder weder intellektuell noch vom politischen Instinkt her in der Lage ist, eine wirtschaftspolitische Strategie zu formulieren. Vor allem ahnten sie nicht, dass Schröder unter Reformen etwas völliges anderes versteht: nämlich eine weitere Verkrustung des Arbeitsmarktes, höhere Lohnnebenkosten, mehr Bürokratie und, am allerschlimmsten, eine prozyklische Wirtschaftspolitik.
Das deutsche Arbeitsrecht ist mittlerweile so kompliziert, dass selbst deutsche Arbeitgeber es ohne juristische Hilfe nicht mehr verstehen. Auf die Frage "Wie hoch sind meine Steuern?" gibt es in Deutschland keine generelle Antwort. Alles hängt immer von irgendetwas ab. Oder was macht man, wenn man nach 20 Uhr einkaufen möchte?
Früher haben die Investoren diese Unwägbarkeiten in Kauf genommen, weil man in Deutschland Geld verdienen konnte. Mittlerweile ist auch das nicht mehr so. Warum sollen sie sich dann all dies antun? Andere europäische Länder wie Finnland, Schweden, selbst die Niederlande sind für einen neuen Investor in fast allen Kriterien Deutschland überlegen.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin erregte vor einigen Tagen Aufsehen mit seiner Prognose, die deutsche Wirtschaft werde in diesem Jahr real nur um 0,6 Prozent wachsen. Damit würde Deutschland zum dritten Jahr in Folge ein Wachstum in der Nähe der Null-Marke erzielen. Noch schockierender ist die Ein-Prozent-Wachstumsprognose für 2004. Wenn man bedenkt, dass Deutschland zwei Prozent Wachstum braucht, allein um den Arbeitsmarkt zu stabilisieren, ist diese Aussicht eine Katastrophe. Prognosemodelle sind so gebaut, dass sie fast nie eine Rezession voraussagen, und wenn die Rezession einmal da ist, prognostizieren sie zumeist einen Aufschwung für den nächsten Herbst. Wenn sie selbst dies nicht mehr tun, dann ist die Lage sehr ernst.
Schwache Binnenwirtschaft
Um aus dem Loch herauszukommen, bedarf es entweder einer starken Belebung der Weltwirtschaft - wonach es nicht aussieht - oder wirtschaftlicher Eigendynamik. Doch Deutschlands Binnenwirtschaft ist zu schwach, um diese Dynamik zu erzeugen. Genau hier müssen Strukturreformen ansetzen.
Es ist daher kein Wunder, dass Absolventen der Universitäten wieder in den öffentlichen Sektor streben. Der private Sektor ist rezessiv, wohingegen im öffentlichen Sektor ein hohes Maß an Arbeitsplatzsicherheit herrscht und, wie Verdis Lohnabschluss zeigt, relativ attraktive Gehälter gezahlt werden. Deutschland entfernt sich von der Marktwirtschaft.
Depressionen können extrem verlaufen, wie in den dreißiger Jahren. Sie können auch langsam und stetig verlaufen, wie in Japan und jetzt in Deutschland. Die Wirtschaft dümpelt auf der Nullwachstumslinie vor sich hin. Und so ist es nicht überraschend, dass ausländische Investoren Deutschland als das nächste Japan abschreiben, ein Land, dass strukturell unfähig ist, sich aus seiner wirtschaftlichen Depression - aus Schröders Depression - zu befreien. Je länger man mit den Reformen wartet, desto einschneidender werden diese Reformen ausfallen müssen, um das Image Deutschlands im In- und Ausland zu verbessern, und desto länger wird es dauern, bis sich das neue Image durchgesetzt hat.
Es handelt sich um Reformen, die Amerikaner und Briten in den 80er Jahren, die Nordeuropäer in den 90er Jahren umgesetzt haben. Deutschland hinkt mittlerweile 20 Jahre hinterher, und die Uhr tickt weiter. Sie wird so lange ticken, bis der Kanzler der Depression abtritt. Und das, so lautet meine Prognose, wird noch einige Zeit dauern.
So long,
Calexa
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