Infineon übertrifft schlimmste Befürchtungen
Der Halbleiterhersteller Infineon hat vor einem Umsatzrückgang im laufenden Quartal von 30 Prozent gewarnt. Am Vortag der Gewinnwarnung kam es zu einem rätselhaften Kurseinbruch.
Das Unternehmen rechnet eigenen Angaben zufolge wegen der anhaltenden Branchenschwäche für das dritte Quartal mit einem Verlust vor Steuern und Zinsen von bis zu 600 Mio. Euro. Der Umsatz dürfte im Quartal zum 30. Juni 2001 im Vergleich zum Vorquartal um bis zu 30 Prozent sinken, teilte Infineon am Mittwoch mit. Der Halbleiter-Hersteller Infineon schließt auch für das gesamte Geschäftsjahr 2000/2001 einen Verlust nicht aus. Die Aktien sind am Mittwochnachmittag um mehr als sechzehn Prozent auf ein neues Allzeittief bei 29,30 Euro gefallen. Innerhalb eines Jahres sank der Kurs damit um knapp zwei Drittel.
"Es ist derzeit vollkommen unklar, wie sich der Markt entwickelt oder erholt", sagte Vorstandschef Ulrich Schumacher am Mittwoch in gegenüber Analysten. Die Zahl derer, die eine Markterholung noch für dieses Jahr erwarteten, gehe allerdings gegen Null, fügte er hinzu. Die geplante Kapitalerhöhung, die weltweit durchgeführt werde, werde aber nicht abgesagt. Die Muttergesellschaft Siemens werde an der Kapitalerhöhung nicht teilnehmen, aber weiter einen Anteil an Infineon von mehr als 50 Prozent halten.
Aufgrund der sinkenden Nachfrage und des Preisdrucks will Infineon Aufträge in den Bereichen Chipkarten und drahtgebundene Kommunikation stornieren. Zudem kürzt das Unternehmen die Investitionen für das laufende Geschäftsjahr von 2,8 Mrd. Euro auf 2,3 Mrd. Euro. Für das kommende Geschäftsjahr ab 1. Oktober 2001 sollen die geplanten Investitionen um mehr als eine Mrd. Euro reduziert werden. Infineon will ferner die laufenden Kosten senken. Dabei würden keine neuen Stellen geschaffen werden und freiwerdene Positionen unbesetzt bleiben.
Rätsel um den Kurseinbruch am Dienstag
Der Halbleiter-Hersteller will nach eigenen Angaben die Umstände des Kursrückganges überprüfen, den die eigenen Aktien am Dienstagnachmittag und damit vor der am Mittwoch veröffentlichten Gewinnwarnung verbucht hatten. Die Titel hatten am Dienstagnachmittag noch im Plus gestanden, waren dann aber um 5,44 Prozent auf 34,95 Euro gefallen. Händler hatten den Rückgang des Infineon-Kurses in einem von dem positiven Ausblick des US-Softwareunternehmens Oracle geprägten Markt als auffällig bezeichnet. Auch das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel will sich nach eigenen Angaben der Sache annehmen. "Uns ist der Kursverlauf auch aufgefallen, wir werden uns das einmal genauer ansehen", sagte Sabine Reimer der Online-Ausgabe der FTD. Es handele sich aber noch nicht um eine offizielle Untersuchung, stellte die Sprecherin klar.
Epcos gibt sich unerschrocken
Der ebenfalls in der Halbleiterbranche tätige Unternhemen Epcos hält trotz der Gewinnwarnung von Infineon an seinen Prognosen für 2000/2001 fest. Demnach rechnet der Hersteller im laufenden Jahr weiter mit einem Umsatzwachstum zwischen 10 und 15 Prozent und einer operativen Ergebnismarge von rund 16 Prozent, sagte ein Epcos-Sprecher am Mittwoch.
© 2001 Financial Times Deutschland , © Illustration: AP