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Deutsche Steuerzahler finanzieren Hollywood-Filme In dieser Woche werden bei dem Filmfestspielen in Berlin viele neue Filme aus Hollywood vorgestellt, die mit deutschem Geld finanziert wurden. Das hat Methode: In den vergangenen Jahren sind in aller Stille mehr als zwölf Milliarden Euro aus Deutschland nach Hollywood geflossen. Der Grund: Deutsche Investoren bekommen in der Regel die Hälfte ihrer Hollywood-Investitionen direkt vom Finanzamt wieder. Deswegen finanzieren Deutsche inzwischen 20 Prozent der Hollywood Filme. Angesichts leerer öffentlicher Kassen nicht nur steuerpolitischer, sondern auch volkwirtschaftlicher Unsinn, sagen Experten. In Deutschland liegt die Filmförderung danieder, doch das Finanzamt finanziert die amerikanische Filmindustrie mit Milliarden.
Bericht: Volker Happe, Kim Otto
Sonia Mikich: "Unser nächstes Thema: Filmfestspiele in Berlin, und wieder mal glänzen Hollywood-Produkte. Was kaum bekannt ist: Viele sind mit deutschem Geld finanziert. Allein in den letzten fünf Jahren sind rund 12 Milliarden Dollar von deutschen Anlegern nach Hollywood geflossen, aus so genannten Filmfonds.
Die Investitionen klappen gut, denn deutsche Finanziers bekommen in der Regel die Hälfte ihrer Hollywood-Investitionen direkt vom Finanzamt wieder. Die Risiken sind also begrenzt. Ein Steuerschlupfloch der Oscar-Klasse. Und dem verdanken Julia Roberts oder Richard Gere ihre Supergagen. Volker Happe und Kim Otto darüber, wie in Hollywood Zelluloid gemacht wird mit deutschem Zaster."
Die Berlinale vergangenen Freitag in Berlin. Der Film "Chicago" wird vorgestellt und seine Hauptdarsteller werden gefeiert. Richard Gere ist begeistert.
Richard Gere, Schauspieler: "Es war absolut das Beste. Aus tiefstem Herzen. Ich habe nie soviel Freude als Schauspieler gehabt."
Kein Wunder dass es dem "Chicago"-Hauptdarsteller in Germany so gut gefällt. Denn Deutsche finanzierten den ganzen Film "Chicago" und die prächtigen Gagen der Schauspieler mit 40 Millionen Euro. Soviel kostete die Verfilmung des Musicals. "Chicago" ist keineswegs ein Einzelfall.
Deutsches Geld ist in Hollywood allgegenwärtig. Eine ganze Reihe von Filmfonds sammeln in Deutschland Millionen von Investorengeldern, die in alle möglichen Hollywoodproduktionen gesteckt werden. Der Grund: das deutsche Steuerrecht.
Claus Classen, Filmfondsmanager Victory Media Gruppe: "Wir dürfen nicht mit Steuer werben, aber das deutsche Steuergesetz, Steuerrecht, ist so, dass, wenn man in einen Film investiert, kann man im ersten Jahr komplett 100% seiner Investitionssumme absetzen. Das bedeutet, wenn man 100.000 Mark in einen Film investiert, dass man bei einem Steuersatz von 53% quasi die Hälfte zurückbekommt."
Ein Steuerschlupfloch: Deshalb investierten Deutsche 40 Millionen Euro in den Film und erhielten schon im ersten Jahr vom Finanzamt 20 Millionen Euro zurück.
Das sind gute Aussichten und deshalb boomt das Geschäft mit Film- oder Medienfonds. 1999 flossen über 1 Milliarde Euro nach Hollywood. In den folgenden Jahren waren es sogar 2 Milliarden Euro, und das Finanzamt war immer dabei. Schlecht für die deutschen Steuerkassen, aber gut für Hollywood.
Schuyler M. Moore, Filmfinanzierungsexperte Stroock & Stroock & Lavan: "Alles zusammengenommen hat Deutschland die Welt der Filmfinanzierung in den letzten fünf Jahren beherrscht, auf eine beispiellose, noch nie da gewesene Art und Weise. Man kann die Bedeutung für Hollywood unmöglich überschätzen, was den Investitionsumfang betrifft."
Dank deutscher Gelder aus dem Steuerschlupfloch konnten die Filme immer aufwändiger gestaltet werden. Ein Beispiel: Das Mega-Budget von "Herr der Ringe". Allein für den Teil "Die zwei Türme" wurden in einem Fonds Hunderte von Millionen gesammelt.
Im Beteiligungsangebot der Hannover Leasing findet sich die genaue Summe: über 323 Millionen DM. Das heißt, das Finanzamt zahlte davon rund die Hälfte im ersten Jahr zurück, also 157 Millionen DM. Das sind um die 78 Millionen Euro. Aufgebracht von deutschen Steuerzahlern für ein Millionen-Spektakel. Auch viele andere Hollywoodproduktionen wurden vom Finanzamt möglich gemacht:
"Mission", "Obsession", "Zwischen den Fronten", "Herr der Ringe I", "Terminator", "Dead Head", "The Widowmaker", "Mission Impossible", "Gangs of New York".
Weg vom Glamour. Zurück in die graue Realität. Im Bundesfinanzministerium scheint man hilflos.
Jörg Müller, Bundesfinanzministerium: "Das Problem ist seit längerer Zeit bekannt. Wir sind allerdings nicht die Alleinigen im Entscheidungsprozess, wie künftig steuerlich mit dieser Frage verfahren wird. Insofern ist es auch nicht verwunderlich, der Einfluss der Filmfonds, der Interessensvertreter dieser Fonds ist immanent, ist spürbar wie immer in solchen Fällen, nicht nur auf den Bund, sondern eben auch auf die Länder. Insofern gibt es noch keine Festlegung in der Sache."
Das hat die mächtige Lobbygruppe bisher verhindert. Am Rande der Berlinale trifft sich die Filmfinanzierungsbranche zur Strategiekonferenz. Hier wird deutlich: das Finanzamt wird bei Hollywoodproduktionen wohl auch künftig mitbezahlen.
Christof Schmidt, Steuerberater Verband Deutscher Medienfond: "Wir gehen vor dem Hintergrund der Gespräche, die wir mit dem Finanzministerium geführt haben und die wir mit der Branche führen, davon aus, dass auch in Zukunft mit Sicherheit die finanziellen Anreize oder steuerlichen Anreize erhalten bleiben, die ein Anleger bei einer Beteiligung in Medienfonds für sich in Anspruch nehmen kann."
Claus Classen, Filmfondsmanager Victory Media Gruppe: "Da die Victory als zweitältester Anbieter am Markt über elf Jahre Erfahrung mit dem Finanzamt hat, haben wir uns jetzt eine Fondkonstruktion überlegt, die, wie wir glauben, sämtliche Schlupflöcher ausnutzt und offen lässt. Schlupflöcher, die vom Finanzministerium auch nicht mehr verbaut werden können."
Deutliche Worte. Damit können auch die großen Filmproduzenten in Hollywood weiter optimistisch in die Zukunft sehen. Denn was würde geschehen, wenn das Steuergeld aus Germany ausbliebe?
Schuyler M. Moore, Filmfinanzierungsexperte Stroock & Stroock & Lavan: "Das wäre eine Katastrophe, eine absolute Katastrophe. Allein die Vorstellung ist eine Katastrophe."
Reporter: "Was würde Hollywood dann machen?"
Schuyler M. Moore, Filmfinanzierungsexperte Stroock & Stroock & Lavan: "Nun, wir säßen in der Tinte. Die unabhängige Filmbranche wäre dann am Ende, weil sie diese Gelder als Kapital dringend braucht. Und seit fünf Jahren fungiert Deutschland als die Finanzierungsquelle schlechthin. Wenn sie verschwinden würde, dann verschwände auch ein Großteil der Hollywood-Filmbranche."
Während Hollywood dank deutscher Gelder floriert, geht es der Filmindustrie hierzulande schlecht. Deutsche Produzenten wie Uwe Boll beklagen, dass der Staat für die eigene Filmindustrie kaum Geld ausgibt und nicht mithilft, eine konkurrenzfähige Branche aufzubauen.
Uwe Boll, Filmproduzent Boll KG: "Es ist nahezu absurd, dass Jahr für Jahr deutsche Steuergelder in Milliardenhöhe nach Hollywood fließen, um da Filme wie `Herr der Ringe` oder `Mission Impossible` zu finanzieren, wo kein Deutscher irgendeinen Anteil dran hat. Es würde viel mehr Sinn machen, der daniederliegenden deutschen Filmindustrie, die kaum noch Aufträge hat, mit zumindest einem Teil der Gelder zu helfen und hier dadurch auch Arbeitsplätze zu schaffen."
Zurück zur Berlinale. Die ersten Zuschauer dürfen den Film "Chicago" sehen. Das der Film über Steuergelder aus Deutschland finanzierte wurde, überrascht und irritiert.
Kinobesucher: "Also, wenn es einem gemeinnützigen Zweck dient, würde ich da nichts zu sagen, aber das ist ja ein kommerzieller Film. Wenn der auf diese Art und Weise noch mal hinzugefördert wird, dann halte ich das eigentlich nicht für richtig, muss ich sagen."
Kinobesucherin: "Ach, mich stört das nicht. Von mir aus: wenn`s so viel Gelder gibt in Deutschland, dass sie was übrig haben für Hollywood, dann sollen sie das ruhig machen, aber ich finde, sie sollten lieber versuchen, den deutschen Film ein bisschen aufzubauen. Aber ich freu mich trotzdem auf den Film."
Genauso wie die Investoren. Hollywood-Glanz und deutsche Steuern - was für ein Happy-End.