"Zum Schluß fallen alle Hosenträger"
15. Juni 2003 Industriepräsident Michael Rogowski, hält nichts von Schulden. Im Interview der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung fordert Rogoswki, die Subventionen jährlich um zehn Prozent zu kürzen.
Herr Rogowski, Hans Eichel will die Steuerreform vorziehen. Was halten Sie davon?
Als kurzfristiges Konjunkturprogramm ist das nicht geeignet, auch nicht als Schuldenfreibrief. Aber wenn die Regierung gleichzeitig mehr spart, macht es Sinn, die Steuerreform vorzuziehen.
Darf, was Eichel vorschlägt, wenigstens übergangsweise die Neuverschuldung steigern?
Nein. Die Steuersenkung darf in keinem Fall mit neuen Schulden finanziert werden.
Der Kanzler warnt schon seit längerem den Finanzminister vor übertriebenem Sparen.
Das wäre völlig falsch. Denn das würde als Absage an jede Haushaltsdisziplin verstanden werden. Die einen wollen ihren Ressorthaushalt aus den Sparbemühungen heraushalten, die anderen tarnen Baumaßnahmen als Investitionen in die Infrastruktur. Jeder schiebt einen anderen Grund vor. Zum Schluß fallen alle Hosenträger und wir reden wieder über Steuererhöhungen.
Haben Sie Beispiele?
Denken Sie an die nicht enden wollende Debatte über die Vermögensteuer. Warum sagt der Kanzler nicht endlich "basta"? Denken Sie an die permanenten Diskussionen über eine Erhöhung der Mehrwert- oder der Erbschaftsteuer.
Ihre Alternative?
Wir sollten uns an zwei Regeln erinnern: Erstens dürfen laut Verfassung die neuen Schulden nicht größer sein als die Investitionen, und zweitens muß der europäische Stabilitätspakt eingehalten werden. Statt dessen verlieren wir jetzt schon vor den Haushaltsberatungen die Disziplin.
Dem Finanzminister fehlen im Haushalt 2004 bis zu 25 Milliarden Euro. Kein Wunder, daß er darüber nachdenkt, auch die Unternehmen steuerlich mehr zur Kasse zu bitten.
Ich warne Eichel davor, der Wirtschaft Teile des sogenannten Steuervergünstigungsabbaugesetzes jetzt wieder aus der Schublade zu ziehen.
Haben Sie bessere Vorschläge?
Es müssen jetzt endlich massiv die Subventionen gekürzt werden.
Welche Subventionen?
Alle.
Die Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück sind doch längst dabei, ein Konzept zur Subventionskürzung zu entwickeln.
Ich habe mir immer eine Kooperation der großen Parteien bei wichtigen Reformen gewünscht. Aber zehn Prozent Subventionskürzungen in drei Jahren ist zu wenig. Außerdem macht es mich skeptisch, daß Koch und Steinbrück offenbar die Bemessungsgrundlage ihrer Kürzungen sehr eng ansetzen wollen. Das ist mir alles zu vage und nebulös. Ich fordere den großen Wurf.
Wie sieht der aus?
Mehrere Jahre lang müssen die Subventionen jährlich um zehn Prozent gekürzt werden.
Alles: Steinkohlesubventionen weg, Zuschlagsfreiheit für Nachtarbeit aufheben, Eigenheimzulagen...
Wir müssen im Grundsatz alles anfassen. Natürlich müssen die Gesetze eingehalten werden. Das heißt, daß wir an die Steinkohlesubventionen erst nach dem Jahr 2005 kommen. Und im Osten wäre ich etwas nachsichtiger.
Treibt die Opposition die Regierung hinreichend forsch dazu an, zu sparen und zu reformieren?
Leider bislang nicht umfassend und in allen Bereichen. Die Hauptverantwortung trägt natürlich die Regierung. Während die Union zur Reform des Arbeitsmarkts gute Vorschläge macht, hat sie zu wichtigen sozialpolitischen Themen bis heute kein erkennbares Konzept. Zudem gibt es in der Union zwei Richtungen. Die einen wollen blockieren für einen Machtwechsel, die anderen wollen reformieren für einen Politikwechsel. So kommen wir nicht weiter.
Und die Regierung?
Die soll jetzt endlich aufs Tempo drücken. Ich gönne allen ihre Sommerferien. Aber warum kann in einer derart schwierigen Lage nicht einmal die Sommerpause der politischen Elite verkürzt werden, damit das Gesetzgebungsverfahren beschleunigt wird?
Die Fragen stellte Rainer Hank.
15. Juni 2003 Industriepräsident Michael Rogowski, hält nichts von Schulden. Im Interview der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung fordert Rogoswki, die Subventionen jährlich um zehn Prozent zu kürzen.
Herr Rogowski, Hans Eichel will die Steuerreform vorziehen. Was halten Sie davon?
Als kurzfristiges Konjunkturprogramm ist das nicht geeignet, auch nicht als Schuldenfreibrief. Aber wenn die Regierung gleichzeitig mehr spart, macht es Sinn, die Steuerreform vorzuziehen.
Darf, was Eichel vorschlägt, wenigstens übergangsweise die Neuverschuldung steigern?
Nein. Die Steuersenkung darf in keinem Fall mit neuen Schulden finanziert werden.
Der Kanzler warnt schon seit längerem den Finanzminister vor übertriebenem Sparen.
Das wäre völlig falsch. Denn das würde als Absage an jede Haushaltsdisziplin verstanden werden. Die einen wollen ihren Ressorthaushalt aus den Sparbemühungen heraushalten, die anderen tarnen Baumaßnahmen als Investitionen in die Infrastruktur. Jeder schiebt einen anderen Grund vor. Zum Schluß fallen alle Hosenträger und wir reden wieder über Steuererhöhungen.
Haben Sie Beispiele?
Denken Sie an die nicht enden wollende Debatte über die Vermögensteuer. Warum sagt der Kanzler nicht endlich "basta"? Denken Sie an die permanenten Diskussionen über eine Erhöhung der Mehrwert- oder der Erbschaftsteuer.
Ihre Alternative?
Wir sollten uns an zwei Regeln erinnern: Erstens dürfen laut Verfassung die neuen Schulden nicht größer sein als die Investitionen, und zweitens muß der europäische Stabilitätspakt eingehalten werden. Statt dessen verlieren wir jetzt schon vor den Haushaltsberatungen die Disziplin.
Dem Finanzminister fehlen im Haushalt 2004 bis zu 25 Milliarden Euro. Kein Wunder, daß er darüber nachdenkt, auch die Unternehmen steuerlich mehr zur Kasse zu bitten.
Ich warne Eichel davor, der Wirtschaft Teile des sogenannten Steuervergünstigungsabbaugesetzes jetzt wieder aus der Schublade zu ziehen.
Haben Sie bessere Vorschläge?
Es müssen jetzt endlich massiv die Subventionen gekürzt werden.
Welche Subventionen?
Alle.
Die Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück sind doch längst dabei, ein Konzept zur Subventionskürzung zu entwickeln.
Ich habe mir immer eine Kooperation der großen Parteien bei wichtigen Reformen gewünscht. Aber zehn Prozent Subventionskürzungen in drei Jahren ist zu wenig. Außerdem macht es mich skeptisch, daß Koch und Steinbrück offenbar die Bemessungsgrundlage ihrer Kürzungen sehr eng ansetzen wollen. Das ist mir alles zu vage und nebulös. Ich fordere den großen Wurf.
Wie sieht der aus?
Mehrere Jahre lang müssen die Subventionen jährlich um zehn Prozent gekürzt werden.
Alles: Steinkohlesubventionen weg, Zuschlagsfreiheit für Nachtarbeit aufheben, Eigenheimzulagen...
Wir müssen im Grundsatz alles anfassen. Natürlich müssen die Gesetze eingehalten werden. Das heißt, daß wir an die Steinkohlesubventionen erst nach dem Jahr 2005 kommen. Und im Osten wäre ich etwas nachsichtiger.
Treibt die Opposition die Regierung hinreichend forsch dazu an, zu sparen und zu reformieren?
Leider bislang nicht umfassend und in allen Bereichen. Die Hauptverantwortung trägt natürlich die Regierung. Während die Union zur Reform des Arbeitsmarkts gute Vorschläge macht, hat sie zu wichtigen sozialpolitischen Themen bis heute kein erkennbares Konzept. Zudem gibt es in der Union zwei Richtungen. Die einen wollen blockieren für einen Machtwechsel, die anderen wollen reformieren für einen Politikwechsel. So kommen wir nicht weiter.
Und die Regierung?
Die soll jetzt endlich aufs Tempo drücken. Ich gönne allen ihre Sommerferien. Aber warum kann in einer derart schwierigen Lage nicht einmal die Sommerpause der politischen Elite verkürzt werden, damit das Gesetzgebungsverfahren beschleunigt wird?
Die Fragen stellte Rainer Hank.