Wandelanleihen: Keine gleicht der anderen
Mit Wandelanleihen sind viele verschiedene Strategien denkbar. Grundsätzlich kann ein Wandelanleihenportefeuille äusserst konservativ geführt werden und hat damit den Charakter einer Anleihenanlage. Es können aber auch äusserst aggressive Ansätze gewählt werden. In diesem Fall muss die Wandelanleihenstrategie mit Aktienanlagen oder sogar noch risikoreicheren Hedge-Fonds Investments verglichen werden.
Direkte Vergleiche von Wandelanleihenfonds, da fast jedes Produkt eine andere Risikocharakteristik aufweist, in vielfacher Hinsicht problematisch. Sinnvoll sind lediglich risikobereinigte Vegleiche beispielsweise mittels des sogenannten "Sharp-Ratios".
In der Regel ist das Risiko (Volatilität) des Portefeuilles die Vorgabe (Steuergrösse). Im Rahmen dieser Vorgabe wird dann der Ertrag optimiert. Wandelanleihen haben die Eigenschaft, dass sie bei gegebenem Risiko eine bessere Rendite bieten als andere Finanzinstrumente. Denkbar sind aber auch ganz andere Ansätze, die ein bestimmtes Marktumfeld (z.B. ein Seitwärtstrend der Börse) möglichst günstig ausnutzen wollen. Die Steuergrösse ist hier deshalb nicht das Risiko sondern das erwartete Marktumfeld. Auch viele andere Steuergrössen sind denkbar.
Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass der Erfolg einer Strategie nur dann voll realisiert werden kann, wenn sie konsequent über den gesamten Zyklus durchgezogen wird. Das gilt für Wandelanleihen genauso wie für Aktien oder Obligationen. Die Eigenschaften der Wandelanleihe machen es uns aber vergleichsweise einfach, diese Strategie auch in einem schwierigen Umfeld zu verfolgen. Allerdings müssen die Investoren die Rendite/Risiko-Charakteristik der gewählten Strategie ganz genau kennen und mit den Folgen der Strategie in guten wie in schwierigen Zeiten gut leben können. Ist das gegeben, dann lässt sich mit Wandelanleihen langfristig mit einer ganzen Reihe von Strategien ein weit überdurchschnittlicher Erfolg erzielen.
Der Klassiker
Die sogenannte "Hybride-Wandelanleihen-Strategie" ist gewissermassen die klassische Art und Weise in Wandelanleihen zu investieren. Hier kauft man Papiere, die in der Nähe (+/-15 Prozent) des Rückzahlungspreises notieren. Daraus resultiert ein stark beschränktes Risiko. Eine Wandelanleihe in diesem Kursbereich hat daher noch Anleihencharakter, d.h. das Kapital ist zu 90 Prozent geschützt. Trotz des Kapitalschutzes reagieren hybride Anleihen auf steigende Aktienkurse. Aufgrund der mathematischen Bewertungsmodelle partizipiert eine solche Wandelanleihe zu rund 50 bis 60 Prozent an einem Anstieg der Aktie. Man spricht hier deshalb auch von einem indirekten Aktienexposure einer Wandelanleihe von 50 bis 60 Prozent. Somit kann eine hybride Wandelanleihe als Mischung (zu je rund 50 Prozent) aus einer Obligationen- und Aktienanlage interpretiert werden. Daher auch der Name "Hybrid" für diese Strategie.
Qualität entscheidet
Diese Strategie verlangt ein genaues Management der Schuldnerbonität der Papiere. Der erwähnte Kapitalschutzmechanismus greift nur dann, wenn der Schuldner des Wandlers trotz fallender Aktienkurse jederzeit zahlungsfähig bleibt und die Anleihe zurückbezahlen kann. Eine hybride Wandelanleihenstrategie im klassischen Sinn verfügt daher über eine hohe durchschnittliche Schuldnerqualität. Unsere öffentlichen Fonds und Mandate, die in diesem hybriden Bereich liegen, haben ein durchschnittliches Rating von mindestens Investment Grade. In einem schwierigen Marktumfeld wie heute wird dieses durchschnittliche Rating tendenziell möglichst hoch gehalten: Gegenwärtig liegt es bei A-. Dabei basiert dieses durchschnittliche Rating auf dem sogenannten Implied Rating. Mit dieser Methode wird täglich der Credit Spread eines jeden einzelnen Schuldners gegenüber dem Treasury gemessen und gemäss Rating-Tabelle eingestuft. Damit spiegelt das Rating dieses Portefeuilles die aktuelleste Einstufung des Marktes und bietet einen effizienten Rentenschutz.
Auf Kurs bleiben
Entscheidend ist zudem, dass ein hybrides Wandelanleihenportefeuille stets im hybriden Kursbereich gehalten wird! Denn bei einem starken Kursanstieg der Börsen steigen auch die Kurse der Wandelanleihen. Damit verlieren diese aber ihren hybriden Charakter und weisen zunehmend das Risiko einer direkten Aktienanlage auf: Eine Wandelanleihe, die bei Kursen um 150 Prozent oder höher notiert (Rückzahlung bei 100 Prozent), hat immerhin ein Rückschlagsrisiko von mindestens 33 Prozent. Daraus folgt, dass die Papiere nach einem starkem Kursanstieg verkauft und in defensivere Titel getauscht werden müssen. Das sichert gleichzeitig die bisher erzielten Gewinne. Je nach Marktlage ergibt sich hier mehr oder weniger Handlungsbedarf.
Bei fallenden Märkten dagegen verlieren die ursprünglich gekauften Wandelanleihen immer mehr den Kontakt zur Aktie. Die Wandelprämie steigt (= die Wandlung wird uninteressant) und die Anleihe wird gewissermassen zu einer gewöhnlichen Anleihe, die nicht mehr auf Bewegungen der unterliegenden Aktie reagiert. Auch in diesem Fall läuft ein hybrides Portefeuille mit der Zeit aus dem vorgegeben Bereich (der einen 50 Prozent zu 50 Prozent Aktien/Anleihen-Charakter haben sollte), und die Positionen müssen durch aggressivere Titel ersetzt werden. Damit kann bei einer Kurserholung der Börse wieder profitiert werden. Zusammenfassend gilt: Eine fachgerecht umgesetzte hybride Wandelanleihenstrategie baut Risiko (=Aktienexposure über Wandelanleihen) nach einem Kursanstieg ab und erhöht das Aktienexposure nach Rückschlägen oder kurz formuliert: "Buy low, sell high!"
Dies mag fast trivial klingen. Wir alle wissen aber, dass die konsequente Umsetzung dieser Grundregel am Aktienmarkt aus psychologischen Gründen immer wieder missachtet wird. Die Wandelanleihe hilft hier, das Prinzip auf elegante Art und Weise umzusetzen. Denn mit Wandelanleihen verhindert man Timing-Fehler, da bei fallenden Märkten automatisch ein Kapitalschutz aufgebaut wird (was in gewisser Weise dem Abbau/Verkauf von Aktienexposure entspricht). Nach dem Rückschlag kann dann mit dem geretteten Geld wieder mehr Aktienexposure aufgebaut werden. Bei steigenden Märkten wird dagegen direkt partizipiert. Das "Buy-Low-Sell-High-Prinzip" ist also eine zwingende Folge aus a) dem Einsatz von Wandelanleihen und b) dem konsequenten Einhalten der hybriden Strategie (d.h. dem Auf- und Abbau von Aktienexposure, sobald das Portefeuille aus dem vorgegebenen Bereich herausläuft).
Wandelanleihen sind nicht zu schlagen
Man beachte noch, dass die hybride Wandelanleihenstrategie mit Hilfe gewöhnlicher Optionen sowie gewöhnlicher Anleihen nachgebildet werden kann. D.h. Optionen und Anleihen werden so kombiniert, dass ein dem Wandelanleihenportefeuille vergleichbares Risiko/Ertragsprofil entsteht. In diesem Fall sind aber die Kosten (und Optionsprämien) wesentlich höher. Es zeigt sich, dass eine 50 Prozent zu 50 Prozent Aktien-Anleihenstrategie nirgends günstiger umgesetzt werden kann als über Wandelanleihen: was auch durch diverse Studien statistisch belegt (www.riskreturn.ch). Zudem wird der Manager, der über lange Erfahrung und hohes Know-how verfügt, die Möglichkeiten des nicht immer effizienten globalen Wandler-Marktes zusätzlich zu nutzen wissen.
Untersuchungen zeigen, dass (risikobereinigt) eine hybride Wandelanleihenstrategie mit anderen Wertpapieren ertragsmässig praktisch nicht geschlagen werden kann: Hybride Wandelanleihen sind eine äussert interessante Basisanlage für ein gut diversifiziertes Portefeuille.
Wandelanleihen statt Aktien
Wandelanleihen, die 50 Prozent und mehr über dem garantierten Rückzahlungspreis notieren, haben ein Rückschlagsrisiko, das mit dem einer Aktie verglichen werden muss. Man spricht hier deshalb von aktienähnlichen Wandelanleihen. Für das höhere Risiko wird der Anleger aber mit hohem (ebenfalls aktienähnlichem) Kurspotenzial entschädigt. Denn in diesem Kursbereich weisen die Wandelanleihen tiefe oder überhaupt keine Wandelprämie mehr auf. D.h. die Anleihe kann nahezu im Verhältnis eins zu eins in die Aktie getauscht werden. Dementsprechend ist das Aufwärtspotenzial der Anleihe identisch mit jenem der Aktie.
Interessant ist nun aber die Tatsache, dass trotz hoher Aktienähnlichkeit solche Wandelanleihen bei starken Rückschlägen der Börse besser abschneiden als direkte Aktienanlagen. Dieser Kapitalschutz greift zwar später und schwächer als etwa bei einer hybriden Wandelanleihe, ergibt aber im Vergleich zu einem Aktieninvestment bei Rückschlägen einen deutlich kleinerern Verlust. Im Aufwärtstrend ergibt sich dagegen, wie bereits erwähnt, eine Partizipation zwischen 80 bis 100 Prozent. Die aktienähnliche Wandelanleihenstrategie entspricht einem Aktieninvestment mit teilweiser Absicherung. In gewissen Fällen bekommt man den (teilweisen) Kapitalschutz nahezu gratis (falls die Wandelanleihe keine Prämie mehr aufweist und die laufende Verzinsung der Anleihe der Aktiendividende entspricht). Ein Kauf von Put-Optionen (zur Absicherung eines Aktienportefeuilles) ist in der Regel massiv teurer. Entscheidend ist auch hier, dass ein aktienähnliches Wandelanleihenportefeuille stets in diesem Bereich gehalten wird.
Chancen und Risiken kennen
Eine aktienähnliche Wandelanleihenstrategie weist stets ein höheres Risiko auf als beispielsweise die eingangs beschriebene hybride Strategie. Ein Investment in diesem Bereich ist deshalb aber nicht schlechter (oder besser). Entscheidend ist lediglich, dass sich der Investor im Voraus über die jeweiligen Chancen und Risiken bewusst wird und dann gezielt die Strategie wählt und diese über einen längeren Zeitraum beibehält. Risikobereinigt sind sowohl die hybride wie auch aktienähnliche Wandelanleihenstrategie mit anderen Wertpapieren (z.B. Aktien und normalen Obligationen oder Optionen) nicht zu schlagen.
Aktienähnliche Wandelanleihen eignen sich als Ersatz für Aktienanlagen. Auch wenn das Schwankungsrisiko beträchtlich sein kann, darf hier langfristig dennoch ein deutlicher Mehrertrag gegenüber einem reinen Aktienportefeuille erwartet werden, insbesondere wenn nach Marktrückschlägen - wie oben erwähnt - konsequent umgeschichtet wird (Aktienexposure erhöht).
Der Rentenersatz
Bei einer anleihenähnlichen Strategie werden Wandelanleihen gekauft, die - unabhängig davon, ob die aktienmärkte steigen oder fallen - eine positive Verfallrendite aufweisen. D.h., dass in der Regel Papiere gekauft werden, die unterhalb ihres Rückzahlungspreises notieren. Wandelanleihen in diesem Bereich weisen Wandelprämien von 25 Prozent und mehr auf und reagieren deshalb nur sehr abgeschwächt auf Bewegungen des Aktienmarktes. Im Vergleich zu einer hybriden Strategie ergibt sich hier eine höhere laufende Verzinsung des Portefeuilles, dafür aber weniger Kurspotenzial im Fall von steigenden Aktienmärkten. Zu den obligationenähnlichen Wandler-Strategien zählen wir Portefeuilles, die über ihre Wandelanrechte eine Aktienexposure im Bereich von 20 bis 30 Prozent aufweisen und zu 70 bis 80 Prozent Anleihencharakter aufweisen. Wichtig ist hierbei, dass die Gesamtvolatiltiät eines solchen Portefeuilles nur minimal höher als ein reines Anleihenportefeuille ist.
Auch hier führen die vorteilhaften Eigenschaften der Wandelanleihe (günstige Wandelrechte) zu einem besseren Chancen/Risikoverhältnis als eine entsprechende direkte Aktien-Obligationenanlage. Letztlich erhält man über die Wandelanleihe eine äusserst günstige Partizipation am Aktienmarkt. Auch hier muss stets darauf geachtet werden, dass der Aktienanteil (indirekt über die Wandelanleihen) die festgelegte prozentuale Richtlinie nicht übersteigt bzw. nicht unter ein Mindestmass abfällt. Andernfalls muss, um eine konsistente Strategie zu gewährleisten, umgeschichtet werden.
Die Schuldnerbonität ist bei dieser Strategie ganz besonders wichtig, denn der reine Anleihenanteil (70 - 80 Prozent) des Investments ist hier wesentlich höher als bei einer hybriden oder gar aktienähnlichen Wandelanleihenstrategie. Je nach Festlegung der Bonitäts-Strategie wird sich dieses Portefeuille in den unterschiedlichen ökonomischen Umfeldern und Stadien des Zyklus entwickeln. Dies ist dann wieder eine entscheidende Frage bei der Strategie-Definition. Die Strategie eignet sich für besonders konservative Investoren, die keine negativen Überraschungen verkraften können oder wollen. Das Schwankungsrisiko ist klein (3 bis 6 Prozent pro Jahr). Bei guten Aktienmärkten kann hier gegenüber reinen Anleiheninvestments eine deutliche Überrendite erwirtschaftet werden. Bei schlechten Börsen resultiert dagegen eine tiefere Rendite als auf einem normalen Obligationenportefeuille, wobei sich die Einbussen aufgrund der günstigen Bewertung (= hoher Kapitalschutz) von Wandelanleihen in engen Grenzen halten. Ein obligationenähnliches Wandelanleihenportefeuille kann daher in ein normales Anleihenportefeuille einbezogen werden.
Strategien für Fortgeschrittene
Die drei "Basisstrategien" hybrid, aktienähnlich, obligationenähnlich unterscheiden sich im Wesentlichen durch ihr Schwankungsrisiko und somit durch den indirekten Aktienanteil der Wandelanleihen. Da Volatilität (Schwankungsrisiko) in der Regel der "natürliche Feind" des Durchschnittsanlegrs ist, macht eine Strategieabgrenzung bezüglich Risiko durchaus Sinn. Es sind aber eine Vielzahl anderer Strategien denkbar, die ganz andere Zielsetzungen als die Risikokontrolle anstreben. Beispielsweise können Strategien definiert werden, die in einem bestimmten Marktumfeld (z.B. Seitwärtstrend) besonders profitieren, dafür bei Nichteintreten dieses Umfeldes einen schwachen bzw. negativen Ertrag abwerfen. Im Folgenden werden kurz einige solcher "exotischen" Strategien beleuchtet.
Arbitrage ("Volatilitäts-Kauf")
Eine der populärsten nichttraditionellen Wandelanleihenstrategien ist die sogenannte "Wandelanleihen-Arbitrage" (convertible bond arbitrage). Der Trick hier ist einfach und einleuchtend: Man kauft eine Wandelanleihe und verkauft gleichzeitig eine bestimmte Anzahl Aktien der gleichen Gesellschaft auf Termin (Leerverkauf). Wenn nun die Aktie fällt, gewinnt man auf der leerverkauften Aktienposition. Man verliert zwar auf der Wandelanleihe, aufgrund des Kapitalschutzes ist dieser Verlust aber kleiner als der Gewinn auf der leerverkauften Aktienposition (diese können ohne Begrenzung bis auf Null fallen). Netto bleibt ein Gewinn. Steigt die Börse, so gewinnt man auf der Wandelanleihe. Dieser Gewinn übersteigt den Verlust auf den leerverkauften Aktien, weil das ursprüngliche Aktienexposure von 50 Prozent bei der Wandelanleihe bei steigenden Kursen ständig zunimmt. Die Strategie bringt somit sowohl bei steigenden als auch fallenden Märkten einen Gewinn. Verluste entstehen dagegen falls sich die Aktienmärkte nicht oder nur wenig bewegen. In diesem Fall bleibt zwar der Wert der leerverkauften Aktien unverändert, die Wandelanleihe verliert aber an Zeitwert (Prämienzerfall). Man sagt daher auch, dass Wandelanleihen-Arbitrageure mit ihrer Strategie "Volatilität kaufen". Verringert sich diese (=Seitwärtstrend der Börse) entstehen Verluste.
Eine Wandelanleihen-Abritrage ist somit unabhängig vom Börsentrend und weist dementsprechend eine vollständig andere Risikostruktur als die klassischen Wandelanleihenstrategien auf. Insgesamt liefert Arbitrage aber recht stabile Erträge mit nicht allzu hohem Risiko. Ein Wandelanleihen-Arbitragefond kann weder einem Aktien- noch einem reinen Anleihenportefeuille zugeordnet werden. Es handelt sich hier um eine eigenständige Strategie.
Kapitalschutz-Strategie
Eine weitere interessante Strategie ist die Kapitalschutz-Strategie. Hier werden die Wandelanleihen so ausgewählt, dass das Portefeuille nicht unter ein im voraus bestimmtes Niveau fallen kann. Eine Anleihe, die beispielsweise bei 105 Prozent notiert und in einem Jahr zu 100 Prozent zurückbezahlt wird, kann maximal 5 Prozent verlieren (auf ein Jahr gerechnet und ohne Berücksichtigung der Zinsen). Ein Wandelanleihenportefeuille, das ausschliesslich aus solchen Anleihen besteht, hätte somit einen Kapitalschutz von 95 Prozent. Je nach Wahl der Wandelanleihen kann der Schutz nahezu beliebig festgelegt werden. Je höher der Schutz, desto stärker ist man allerdings bei der Titelselektion eingeschränkt. Ein Portefeuille mit 100 Prozent Schutz kann beispielsweise keine Titel kaufen, die am Markt über 100 Prozent liegen. Bei steigenden Börsen werden die Papiere gehalten. Die Kapitalschutz-Strategie ist stark asymmetrisch. Das Gewinnpotenzial ist unbegrenzt, während nach unten ein fester Boden besteht. Hierin unterscheidet sich diese Strategie beispielsweise von der oben beschriebenen Hybrid-Strategie.
Der Nachteil der Kapitalschutz-Strategie ist eine gewisse Einschränkung bei der Titelselektion. Es können auch nicht beliebig Titel im Portefeuille getauscht werden, da der Kapitalschutz (garantiertes Rückzahlungsniveau) stets berücksichtigt werden muss. Die Volatilität (Schwankungsbreite) dieser Strategie kann gross werden, weil das Portefeuille in eine Richtung (nach oben) keine Begrenzung kennt. Es kann sogar die Volatilität einer klassischen hybriden Strategie übertreffen werden (weil dort, wie oben erwähnt, bei steigenden Märkten ein Teil der Wandelanleihen umgeschichtet wird, was das Risiko mindert). Allerdings wird das Risiko des kapitalgeschützten Portefeuilles nur im Erfolgsfall, d.h. bei haussierenden Kursen, steigen. Daran findet bestimmt auch jeder noch so konservative Investor Gefallen.
Die grosse Stärke dieser Strategie liegt wiederum in der Charakteristik der Wandelanleihe: Kapitalgeschützte Produkte, die mit Renten und Optionen hergestellt werden, kosten den Investor wesentlich mehr als identische Strategien mit Wandelanleihen. Die Tatsache, dass über Wandelanleihen günstige, langfristige Optionen erhältlich sind, liefert am Ende ein sehr günstiges und wirkungsvolles kapitalgeschütztes Produkt.
High-Yield
Bei einer High-Yield-Strategie werden Wandelanleihen von Schuldnern mit tiefer Bonität gekauft. Entweder handelt es sich dabei um Gesellschaften, die permanent risikoreiche Geschäfte tätigen, oder aber um Firmen mit temporären Liquiditätsproblemen (beispielsweise aufgrund eines schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes). Der Vorteil dieser Strategie liegt in der teilweise sehr hohen Verzinsung bzw. Verfallrenditen der Anleihen.
Die High-Yield-Strategie darf aber nur sehr bedingt als eine eigentliche Wandelanleihenstrategie betrachtet werden. Denn Wandelanleihen in diesem Bereich weisen in aller Regel sehr hohe Wandelprämien auf (1000 Prozent und mehr). Denn die betreffenden Schuldner befinden sich in Problemsituationen mit entsprechend stark gefallenen Aktienpreisen. Deshalb reagieren solche Wandler nicht mehr direkt auf Bewegungen der Aktie (selbst wenn sich diese verdoppeln). Es ist vielmehr eine indirekte Reaktion der High-Yield-Wandelanleihe auf Kurssteigerungen der Aktien vorhanden, nämlich über den Mechanismus der verbesserten Einschätzung der Bonität und damit der Verkleinerung des sehr grossen Credit Spreads.
Die eigentliche Grundidee einer Wandelanleihe (Gewinn bei steigenden Aktienpreisen und Schutz bei fallenden Kursen) ist hier deshalb nicht mehr umgesetzt. Letztlich basiert eine High-Yield-Strategie auf der richtigen (oder falschen) Einschätzung der Überlebenswahrscheinlichkeit eines Schuldners. Statt Wandelanleihen können deshalb auch gewöhnliche Anleihen der gleichen Gesellschaft gekauft werden.
Das Beste vom Besten
Viele weitere Spezialstrategien sind denkbar. Beispielsweise kann man sich bei der Titelselektion auf einige wenige, dafür sehr günstig bewertete Titel beschränken. Unter "günstig bewertet" ist nicht ein tiefer Kaufkurs zu verstehen, sondern eine günstige Bewertung bezüglich der theoretisch/mathematischen Bewertungsmodelle. Konkret äussert sich eine günstige Bewertung in Form einer tieferen Wandelprämie (im Vergleich zu anderen Papieren, die zu ähnlichen Kursen gehandelt werden). Eine vergleichsweise tiefe Wandelprämie führt bei Kurssteigerungen am Aktienmarkt schneller zu Gewinnen auf der Wandelanleihe, während Börsenrückschläge besser abgefangen werden. Wir bezeichnen die Selektion von besonders günstigen Wandelanleihen als den sogenannten "Topportunities (top opportunities) Ansatz". Der Vorteil liegt hier in der optimalen Nutzung der günstigsten Gelegenheiten des Markts. Diese können sogar durch Kreditaufnahme gehebelt werden. Der Nachteil liegt in einer geringeren Diversifikation und damit möglichen Abweichungen von der allgemeinen Marktentwicklung.
Zusätzlich können Optionen auf den Wandelanleihenpositionen geschrieben werden. Dies kann je nach Umsetzung zu einer massiven Verschiebung des Chancen/Risiko-Profils führen. In der Regel trägt eine Verschreibungsstrategie aber zu einer Volatilitätssenkung und damit zu einer Risikominderung bei und macht daher insbesondere für konservative Anleger Sinn. Zudem entstehen interessante Zusatzerträge.
Zum Schluss: Die grosse Freiheit
Letztlich können mit Wandelanleihen praktisch jede beliebig vorgegebene Risikostruktur erzeugt oder fast alle denkbaren Marktumfelder optimal abgedeckt werden. Aus einer etwas allgemeineren Perspektive sind Wandelanleihen deshalb mehr als eine (höchst interessante) Wertpapierklasse, sie sind vielmehr ein eigentliches Baukastensystem. Mit dem dazugehörigen Sachwissen und Softwareunterstützung können kaum zu schlagende massgeschneiderte Lösungen produziert werden. Wandelanleihen sind somit eigentlich ein "High-Tech-Instrument" zur Steuerung von Portefeuilles und gewissermassen ein Substrat elementarer Bausteine wie Aktien, Anleihen, Optionen und Futures. Sie sind damit ein nahezu universelles Einsatzgebiet auch bei Investoren, die bisher noch nie etwas von Wandelanleihen gehört haben.
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