Harry Potter und der Stein der BÖRSEN-WEISEN ,-)

Beiträge: 2
Zugriffe: 295 / Heute: 1
mothy:

Harry Potter und der Stein der BÖRSEN-WEISEN ,-)

 
21.12.01 08:37
Das Kapital: Harry Potter und der Stein der Börsen-Weisen

Geschrumpft? Was heißt, der Schatz ist um ein Drittel geschrumpft?", fragte Harry. Der Kobold kratzte sich verlegen.

"Mr. Potter, Ihre verstorbenen Eltern beauftragten uns, den Schatz bestmöglich zu veranlagen. Oder glauben Sie wirklich", da rümpfte der Kobold die Nase, "dass sonst aus dem bisschen Silber ein kleines Vermögen geworden wäre?"

"Ähm ... nein", antwortete Harry, der die Welt der Hexenfinanz sehr verwirrend fand, "Aber was habt ihr mit dem Silber gemacht?"


"Wie vereinbart haben wir zwei Teile in Beteiligungen, so solide wie Dachsbauten, gesteckt und einen Teil in den neuen Markt-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf. Aber die Zeiten, Mr. Potter, die Zeiten ..." Der Kobold kramte in seinen Unterlagen. "Hier steht es schwarz auf weiß, unterschrieben von Ihrer Mutter persönlich: ,Hexenaktien können sowohl rauf- als auch runtergehen.‘"


Harry seufzte. Sein geschrumpfter Schatz würde nie bis zum Ende seiner Schulzeit reichen. Dann drehte er sich entschlossen zu seinen besten Freunden, Hermine und Ron, um: "Ab jetzt veranlage ich selbst."


"Lass das bloß sein", zischte Hermine, "du hast nicht mal ,The Penguin Guide to Finance‘ vom Hexenmeister Hugo Dixon gelesen." "Und wenn schon", erwiderte Ron, "So gut wie die Banken-Kobolde machen wir das noch lange. Das macht sicher riesig Spaß."



An der Hexenbörse


Die riesigen Halle, in die sie der Kobold führte, sah im wahrsten Sinne des Wortes drollig aus. Überall saßen Zwerge, mit Hexenprodukten aller Art. "Wie wär’s mit Kesselaktien!", bellte ein alter Zwerg, "Jeder braucht Kessel. Glaubt mir, außer Hexenanleihen ist nichts so sicher." "Sicher vielleicht", brummte sein Nachbar, "aber die Gewinne sind seit der Erfindung des selbst rührenden Kessels 50 vor Christus kaum gestiegen. Wir dagegen", und er zeigte stolz auf den vor ihm schwebende Handbesen, "wir entwickeln jedes Jahr neue Besen. Dafür zahlen die Leute dann auch anständig."


Harry war begeistert. Er wollte schon sein ganzes Gold in Besenaktien stecken, als er jemanden an seinem Umhang zupfen spürte. "Habt ihr nicht gehört", näselte ein bebrillter Elf, "dass uns im Sommer Jahrhundertregen bevorsteht. Da sacken die Besenaktien sicher ab. Zauberschachspiele dagegen werden sich blendend verkaufen."


Harry schwirrte der Kopf. Und dabei standen da noch so viele Elfen, Zwerge und Kobolde, die ihre Aktien anpriesen. "Nimm einfach beides", sagte Ron grinsend. "Das ist doch sinnlos", erwiderte Hermine. "Wenn Harry denkt, dass es regnet, muss er Schachaktien kaufen, ansonsten Besenpapiere."


"Aber wenn er beides hat, verdient er, egal wie das Wetter wird. Er kriegt im Schnitt höhere Erträge bei niedrigerem Risiko."



Die Entdeckung des CAPM


"In Ordnung", rief Harry, "Ich nehme beides. Aber nicht nur das! Ich kaufe von euch allen Aktien." Ein Raunen ging durch den Saal. "Und was gedenkt der junge Mann für jede Aktie zu zahlen?", fragte der Kobold.


"Das hängt von Ertrag und Risiko ab. Aktien müssen mindestens so viel wie risikofreie Hexenanleihen abwerfen, plus eine Risikoprämie." "Aber wo’s Risiko gibt, gibt’s auch Chancen", warf Ron ein. "Richtig. Deshalb stört mich Risiko nur, wenn es das Gesamtrisiko meines Portfolios erhöht. Eine Aktie ist riskant, wenn sie stark mit dem Gesamtmarkt schwankt. Aber ... wenn das jeder erfährt, dann wird man Aktien nur noch als Teil des Marktportfolios kaufen. Der Preis, den man zahlt, ergibt den Aktienkurs."


"Harry, Du bist ein Genie", sagte Hermine begeistert. "Der erwartete Ertrag einer Aktie entspricht dann dem Ertrag aus risikofreien Anleihen plus Beta mal der Risikoprämie. Dabei misst Beta das Schwanken mit dem Markt. Und die Risikoprämie ist einfach der durchschnittliche Ertrag am Aktienmarkt, minus des risikofreien Zinses."


"Vergiss die Formel", warf Ron ein, "kennst du nicht die alte Hexenregel? Jede Formel in der Zeitung halbiert die Auflage. Der entscheidende Punkt ist, dass Harry ein Preismodell für Aktien entdeckt hat. Klasse!"


In der Tat begann ein neues Zeitalter der Hexenfinanz. Zumindest wenn die Banken-Kobolde des Nachts nicht damit beschäftigt waren, Eigenkapitalkosten, erwartete Erträge und Betas zu schätzen, wurden hoch über vielen Dächern Londons Gläser erhoben, und gedämpfte Stimmen sagten: "Auf Harry Potter - den Jungen, dem wir das Capital Asset Pricing Model (CAPM) verdanken." Denn die Hexenwelt hatte die Aufsätze von Sharpe, Lintner und Treynor verschlafen.


Aber das Jucken seiner Narbe verriet Harry, dass niemand mit dem CAPM den Stein der Weisen gefunden hatte. Was, wenn sich die Betas mit der Zeit änderten? Und waren Hexenanleihen wirklich risikofrei? In Argentinien hatte sich ein inzwischen zurückgetretener Finanzalchemist dem Bösen zugewandt und Anleger gezwungen, Anleihen zu ungünstigsten Bedingungen umzutauschen. Außerdem gab es für Hexen viele andere Investments außer Aktien und Anleihen, zum Beispiel die eigene Ausbildung. Die hätten eigentlich alle ins Marktportfolio gehört - womit es fast unmöglich würde, durchschnittliche Erträge zu schätzen. Spätere Tests zeigten, dass die tatsächlichen Erträge oft nicht den Vorhersagen des CAPM entsprachen. Das ist eine andere Geschichte und zum Glück kein Märchen. Zumindest hatten Zauberlehrlinge der Hochfinanz weiter genügend Themen für Dissertationen.



© 2001 Financial Times Deutschland
DER KOPIERER:

*g* ;-))) o.T.

 
21.12.01 12:07
Es gibt keine neuen Beiträge.


Börsen-Forum - Gesamtforum - Antwort einfügen - zum ersten Beitrag springen
--button_text--