So mancher Fehlstart
Halbjahresbilanz der deutschen Dax-Unternehmen. Viele haben einen neuen Vorstandschef. WELT am SONNTAG analysiert: Wer patzte zum Auftakt? Wer gibt seit Amtsantritt Gas?
von Manfred Fischer
Der Ohrwurm vom Anfang der achtziger Jahre tönt immer noch durch manches Hirn: "Neue Männer braucht das Land", sang Ina Deter damals, zur Freude der Frauen. Inzwischen sind sie da, die neuen Männer, auch an der Spitze der Großunternehmen. Allein acht der im Deutschen Aktienindex Dax vertretenen Gesellschaften haben in diesem Jahr einen neuen Chef bekommen. Junge Burschen, im Vergleich zur alten Garde, die der Deutschland AG Beine machen und den Riemen wieder auf die alte Wachstumsmaschine werfen sollen.
Doch erfüllt haben die neuen Männer die Hoffnungen noch nicht. Mancher Fehlstart ist zu beklagen, auch verursacht von den schweren Belastungen, die ihre Vorgänger ihnen hinterlassen haben. Michael Diekmann, der 48 Jahre alte Chef der mächtigen Allianz-Versicherung, musste in dieser Woche der Öffentlichkeit ein vernichtendes Ergebnis präsentieren. Auf 153 Millionen Euro addierte sich der Verlust, das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, in den ersten sechs Monaten dieses Jahres. Im gleichen Zeitraum 2002 war noch ein Gewinn von mehr als zwei Milliarden verbucht worden. Zwar konnte Diekmann, den Gebräuchen der Branche entsprechend, durch hohe Steuergutschriften im zweiten Quartal einen Gewinn von erstaunlichen 622 Millionen Euro ausweisen. Doch nützen tun solche Buchhalterspiele nichts: An der Börse fiel die Allianz-Aktie prompt um drei Prozent. Auch die Versicherung Diekmanns, die Wende sei geschafft und das Unternehmen auf dem Kurs zu stetigen Gewinnen, ließ das Publikum kalt.
Zählen tut fürs Erste nur, was sich schon heute lohnt. Das Misstrauen an der Tragfähigkeit des Trends nach oben überwiegt. Die Erfahrung durfte auch der neue BMW-Chef Helmut Panke machen, als er Anfang des Monats seine Taten der Öffentlichkeit präsentierte. Von seiner Information, zwar sei das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im ersten Halbjahr um zwölf Prozent gefallen (auf immerhin noch 1,8 Milliarden Euro), aber nur, weil die Aufwendungen für schöne neue Modelle, die künftig steigenden Gewinn versprächen, negativ zu Buche schlügen, kam nur die Hälfte außen an. Die Börsianer ignorierten den zweiten Teil der Botschaft und schickten die BMW-Aktien spontan in den Keller.
Die Reaktion ist nicht ganz unlogisch. Denn gewöhnliche Geschäftstätigkeit, den ruhigen Fluss der Dinge in seinen gewohnten Bahnen, gibt es nicht mehr. Management wird, sagen die Gurus, zu ständigem Krisenmanagement. Auch Kosten sind nicht mehr das, was sie einst waren: "Fixkosten sind Strukturkosten, und Strukturen kann man ändern", sagt ein ehemaliger Vorstandsvorsitzender. Für Autokonzerne gehörte das ständige Entwickeln immer neuer Modelle eben zur gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, es ist kein Akt mehr, den Chefs und Belegschaft hinter sich bringen und dann vergessen.
Allerdings hatte sich in den deutschen Konzernen in den vergangenen Jahren ein erheblicher Korrekturbedarf aufgestaut, der nun abgearbeitet wird, mit erheblichen Kosten. Im vergangenen Jahr waren die Gewinne der 100 größten deutschen Unternehmen über alle Branchen hinweg um über 40 Prozent eingebrochen. Die Umsatzrendite halbierte sich von 1,7 auf 0,9 Prozent. Aus diesem tiefen Tal sollte in diesem Jahr der Aufstieg für viele schon zu schaffen sein.
Tatsächlich melden vier der acht neuen Männer an der Spitze für die erste Hälfte dieses Jahres steigende Gewinne, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen: Jürgen Hambrecht von der BASF, die frischen Chefs der beiden Versorgungsunternehmen Eon und RWE, Wulf H. Bernotat und Harry Roels, sowie der Vorstandsvorsitzende der Hypo-Vereinsbank, der seit Januar amtierende Dieter Rampl. Er konnte das Betriebsergebnis von einem Minus von 413 Millionen Euro in den ersten sechs Monaten 2002 in ein Plus von 238 Millionen in diesem Jahr verwandeln. Doch auch Rampl drücken Altlasten schwer. Rückstellungen für mögliche Kreditausfälle, lange vermieden, drehen den Gewinn in einen Verlust, fürs erste Halbjahr in Höhe von 144 Millionen Euro. Die faulen Kredite buchungstechnisch vom Hals blickt Rampl vergleichsweise optimistisch nach vorn und spricht von einem "positiven operativen Geschäftsverlauf".
Die Banken galten bislang als die am stärksten vom Größenwahn Ende der neunziger Jahre gefährdeten Unternehmen. Deutsche und Dresdner Bank waren Strukturen und Kosten völlig aus dem Ruder gelaufen, die Dresdner Bank verlor darüber ihre Unabhängigkeit und belastet heute das Ergebnis ihres Eigentümers, der Allianz. Deren Vorstandschef Diekmann hat seiner teuren Tochter jetzt ein neues Rationalisierungsprogramm verschrieben, das weitere 4700 Arbeitsplätze kostet und eine Milliarde Euro an jährlichen Kosten sparen soll.
Langsam aber schlägt die Kur bei den Banken an. "Die offene Wunde Finanzbranche beginnt sich zu schließen", dichtet Roland Ziegler, Chefanalyst der BHF-Bank. "Wenn das normale Geschäft greift, dann sieht es wieder ganz passabel aus", fasst er sein Urteil zusammen. Wer spät anfing, alte Lasten abzuwerfen, bekommt die Nase halt auch später aus dem Wasser.
Manche hatten sie gar nicht eingetaucht und leiden doch unter der andauernden Konjunkturflaute. Wolfgang Reitzle, bei der Linde AG angetreten, um den soliden, aber fürs externe Publikum langweiligen Industriegase- und Kühltechnik-Konzern aufzumischen, treibt nun erst einmal mit anderen den Fluss hinunter: Der Betriebsgewinn sank von 387 Millionen Euro im Jahr 2002 auf 189 Millionen in diesem Jahr, jeweils für die ersten sechs Monate betrachtet. "Linde behauptet sich in der Konjunkturflaute", so das gnädige Verdikt der Beobachter. Das kann allerdings nicht alles gewesen sein, was Reitzle bei seinem erklärten Traumunternehmen erreichen will. "Wir haben die Ärmel hochgekrempelt und sehen bereits jetzt gute Ergebnisse, die allerdings vom Markt und negativen Währungseffekten aufgezehrt werden", sagt der neue Mann.
Getroffen, aber nicht besiegt von widrigen Umständen wurde Jürgen Hambrecht, der Vorstandsvorsitzende der BASF AG in Ludwigshafen. Er kann für die ersten sechs Monate 2003 ein gegenüber dem Vorjahrjahreszeitraum um 5,2 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro gestiegenes Geschäftsergebnis melden. Allerdings waren die Monate von April bis Juni, für die er allein Verantwortung trägt, deutlich schlechter. In diesem Zeitraum sank der Gewinn um 5,3 Prozent. Hambrecht setzt auf sein Kostensenkungsprogramm, um beim Gewinn wieder nach vorn zu kommen.
Bislang am besten gefahren sind Unternehmen, die wenig von sich reden gemacht haben und die Flaute rundherum nutzten, Kosten zu kappen statt neue Großprojekte zu starten. Sie werden auch am schnellsten vom einsetzenden Aufschwung profitieren. In diese Gruppe fallen neben Reitzles Linde und Pankes BMW auch die Deutsche Lufthansa und ihr seit kurzem amtierender Chefnavigator Wolfgang Mayrhuber. Die Fluggesellschaft ist zugegebenermaßen schwer geschüttelt worden von der Kombination von weltweiter Konjunkturschwäche, internationalem Terror und der Lungenseuche Sars. Auch der rechtzeitig von Mayrhuber-Vorgänger Jürgen Weber durchgezogene Kurswechsel von Expansion auf Konsolidierung hat nicht an roten Zahlen vorbeigeführt. Für die erste Jahreshälfte muss Mayrhuber einen Verlust von 303 Millionen Euro melden, ohne Zinszahlungen und Steuern. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Flugtickets sanken im gleichen Zeitraum auf 5,4 Milliarden Euro nach 5,9 Milliarden von Januar bis Juni 2002.
Das sind zwar schlimme Zahlen, doch sieht nicht nur der neue Vorstandschef seine Fluggesellschaft schon wieder auf Steigflug. Im zweiten Quartal schaffte die Gesellschaft dank ihres rigorosen Sparkurses einen Betriebsgewinn von 65 Millionen Euro. Wie lange der Trend zu neuer Höhe anhält, ist freilich angesichts allgemeiner Reiseunlust, massiver Konkurrenz von Billigfliegern und Deutscher Bahn und dem bislang erst in der Ferne und noch dazu undeutlich zu erkennendem Aufschwung ungewiss. Mayrhuber, erst seit Juni im Amt, hat kein leichtes Erbe übernommen.
In der Geschichte von den acht Aufsteigern gibt es zwei Überraschungssieger. Es sind dies die neuen Chefs der Versorgungsunternehmen Eon und RWE, Wulf H. Bernotat und Harry Roels. Beide Gesellschaften sind nach ausschweifender Expansionspolitik der jeweiligen Amtsvorgänger im Grunde riesige Baustellen. Doch ungeachtet des unübersichtlichen Geländes melden beide drastisch gestiegene Ergebnisse für das erste halbe Jahr. Bei RWE ist es ein Plus beim Betriebsergebnis von 35 Prozent (auf 2,9 Milliarden Euro), bei Eon ein Zuwachs beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern von 44 Prozent (auf fast 3,5 Milliarden Euro).
Selbstverständlich haben diese erstaunlichen Zuwachsraten nur wenig mit dem aktuellen Verlauf der Geschäfte zu tun. Vielmehr kommen bei beiden Unternehmen zum ersten Mal die Geschäftsergebnisse der in der Vergangenheit zugekauften Unternehmen in die Bücher. Bei Eon schlägt allein die Übernahme der Ruhrgas AG, eine Art Goldgrube beim Erdgasgeschäft, mit 611 Millionen Euro durch. RWE kassiert bei seinen Töchtern in Großbritannien und den USA.
Doch damit ist es nicht getan. Die kommenden Monate bringen den Stromkonzernen mehr Wettbewerb in der Gestalt eines Regulierers für den Zugang der Konkurrenz zu ihren Leitungen. Gute Chancen für Harry Roels und Wulf H. Bernotat zu zeigen, was in ihnen steckt beim Umgang mit Kosten und Kunden.
Das gilt auch für den Rest der neuen Männer. Denn die braucht das Land. Gerade jetzt.
Artikel erschienen am 17. Aug 2003
Halbjahresbilanz der deutschen Dax-Unternehmen. Viele haben einen neuen Vorstandschef. WELT am SONNTAG analysiert: Wer patzte zum Auftakt? Wer gibt seit Amtsantritt Gas?
von Manfred Fischer
Der Ohrwurm vom Anfang der achtziger Jahre tönt immer noch durch manches Hirn: "Neue Männer braucht das Land", sang Ina Deter damals, zur Freude der Frauen. Inzwischen sind sie da, die neuen Männer, auch an der Spitze der Großunternehmen. Allein acht der im Deutschen Aktienindex Dax vertretenen Gesellschaften haben in diesem Jahr einen neuen Chef bekommen. Junge Burschen, im Vergleich zur alten Garde, die der Deutschland AG Beine machen und den Riemen wieder auf die alte Wachstumsmaschine werfen sollen.
Doch erfüllt haben die neuen Männer die Hoffnungen noch nicht. Mancher Fehlstart ist zu beklagen, auch verursacht von den schweren Belastungen, die ihre Vorgänger ihnen hinterlassen haben. Michael Diekmann, der 48 Jahre alte Chef der mächtigen Allianz-Versicherung, musste in dieser Woche der Öffentlichkeit ein vernichtendes Ergebnis präsentieren. Auf 153 Millionen Euro addierte sich der Verlust, das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, in den ersten sechs Monaten dieses Jahres. Im gleichen Zeitraum 2002 war noch ein Gewinn von mehr als zwei Milliarden verbucht worden. Zwar konnte Diekmann, den Gebräuchen der Branche entsprechend, durch hohe Steuergutschriften im zweiten Quartal einen Gewinn von erstaunlichen 622 Millionen Euro ausweisen. Doch nützen tun solche Buchhalterspiele nichts: An der Börse fiel die Allianz-Aktie prompt um drei Prozent. Auch die Versicherung Diekmanns, die Wende sei geschafft und das Unternehmen auf dem Kurs zu stetigen Gewinnen, ließ das Publikum kalt.
Zählen tut fürs Erste nur, was sich schon heute lohnt. Das Misstrauen an der Tragfähigkeit des Trends nach oben überwiegt. Die Erfahrung durfte auch der neue BMW-Chef Helmut Panke machen, als er Anfang des Monats seine Taten der Öffentlichkeit präsentierte. Von seiner Information, zwar sei das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im ersten Halbjahr um zwölf Prozent gefallen (auf immerhin noch 1,8 Milliarden Euro), aber nur, weil die Aufwendungen für schöne neue Modelle, die künftig steigenden Gewinn versprächen, negativ zu Buche schlügen, kam nur die Hälfte außen an. Die Börsianer ignorierten den zweiten Teil der Botschaft und schickten die BMW-Aktien spontan in den Keller.
Die Reaktion ist nicht ganz unlogisch. Denn gewöhnliche Geschäftstätigkeit, den ruhigen Fluss der Dinge in seinen gewohnten Bahnen, gibt es nicht mehr. Management wird, sagen die Gurus, zu ständigem Krisenmanagement. Auch Kosten sind nicht mehr das, was sie einst waren: "Fixkosten sind Strukturkosten, und Strukturen kann man ändern", sagt ein ehemaliger Vorstandsvorsitzender. Für Autokonzerne gehörte das ständige Entwickeln immer neuer Modelle eben zur gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, es ist kein Akt mehr, den Chefs und Belegschaft hinter sich bringen und dann vergessen.
Allerdings hatte sich in den deutschen Konzernen in den vergangenen Jahren ein erheblicher Korrekturbedarf aufgestaut, der nun abgearbeitet wird, mit erheblichen Kosten. Im vergangenen Jahr waren die Gewinne der 100 größten deutschen Unternehmen über alle Branchen hinweg um über 40 Prozent eingebrochen. Die Umsatzrendite halbierte sich von 1,7 auf 0,9 Prozent. Aus diesem tiefen Tal sollte in diesem Jahr der Aufstieg für viele schon zu schaffen sein.
Tatsächlich melden vier der acht neuen Männer an der Spitze für die erste Hälfte dieses Jahres steigende Gewinne, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen: Jürgen Hambrecht von der BASF, die frischen Chefs der beiden Versorgungsunternehmen Eon und RWE, Wulf H. Bernotat und Harry Roels, sowie der Vorstandsvorsitzende der Hypo-Vereinsbank, der seit Januar amtierende Dieter Rampl. Er konnte das Betriebsergebnis von einem Minus von 413 Millionen Euro in den ersten sechs Monaten 2002 in ein Plus von 238 Millionen in diesem Jahr verwandeln. Doch auch Rampl drücken Altlasten schwer. Rückstellungen für mögliche Kreditausfälle, lange vermieden, drehen den Gewinn in einen Verlust, fürs erste Halbjahr in Höhe von 144 Millionen Euro. Die faulen Kredite buchungstechnisch vom Hals blickt Rampl vergleichsweise optimistisch nach vorn und spricht von einem "positiven operativen Geschäftsverlauf".
Die Banken galten bislang als die am stärksten vom Größenwahn Ende der neunziger Jahre gefährdeten Unternehmen. Deutsche und Dresdner Bank waren Strukturen und Kosten völlig aus dem Ruder gelaufen, die Dresdner Bank verlor darüber ihre Unabhängigkeit und belastet heute das Ergebnis ihres Eigentümers, der Allianz. Deren Vorstandschef Diekmann hat seiner teuren Tochter jetzt ein neues Rationalisierungsprogramm verschrieben, das weitere 4700 Arbeitsplätze kostet und eine Milliarde Euro an jährlichen Kosten sparen soll.
Langsam aber schlägt die Kur bei den Banken an. "Die offene Wunde Finanzbranche beginnt sich zu schließen", dichtet Roland Ziegler, Chefanalyst der BHF-Bank. "Wenn das normale Geschäft greift, dann sieht es wieder ganz passabel aus", fasst er sein Urteil zusammen. Wer spät anfing, alte Lasten abzuwerfen, bekommt die Nase halt auch später aus dem Wasser.
Manche hatten sie gar nicht eingetaucht und leiden doch unter der andauernden Konjunkturflaute. Wolfgang Reitzle, bei der Linde AG angetreten, um den soliden, aber fürs externe Publikum langweiligen Industriegase- und Kühltechnik-Konzern aufzumischen, treibt nun erst einmal mit anderen den Fluss hinunter: Der Betriebsgewinn sank von 387 Millionen Euro im Jahr 2002 auf 189 Millionen in diesem Jahr, jeweils für die ersten sechs Monate betrachtet. "Linde behauptet sich in der Konjunkturflaute", so das gnädige Verdikt der Beobachter. Das kann allerdings nicht alles gewesen sein, was Reitzle bei seinem erklärten Traumunternehmen erreichen will. "Wir haben die Ärmel hochgekrempelt und sehen bereits jetzt gute Ergebnisse, die allerdings vom Markt und negativen Währungseffekten aufgezehrt werden", sagt der neue Mann.
Getroffen, aber nicht besiegt von widrigen Umständen wurde Jürgen Hambrecht, der Vorstandsvorsitzende der BASF AG in Ludwigshafen. Er kann für die ersten sechs Monate 2003 ein gegenüber dem Vorjahrjahreszeitraum um 5,2 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro gestiegenes Geschäftsergebnis melden. Allerdings waren die Monate von April bis Juni, für die er allein Verantwortung trägt, deutlich schlechter. In diesem Zeitraum sank der Gewinn um 5,3 Prozent. Hambrecht setzt auf sein Kostensenkungsprogramm, um beim Gewinn wieder nach vorn zu kommen.
Bislang am besten gefahren sind Unternehmen, die wenig von sich reden gemacht haben und die Flaute rundherum nutzten, Kosten zu kappen statt neue Großprojekte zu starten. Sie werden auch am schnellsten vom einsetzenden Aufschwung profitieren. In diese Gruppe fallen neben Reitzles Linde und Pankes BMW auch die Deutsche Lufthansa und ihr seit kurzem amtierender Chefnavigator Wolfgang Mayrhuber. Die Fluggesellschaft ist zugegebenermaßen schwer geschüttelt worden von der Kombination von weltweiter Konjunkturschwäche, internationalem Terror und der Lungenseuche Sars. Auch der rechtzeitig von Mayrhuber-Vorgänger Jürgen Weber durchgezogene Kurswechsel von Expansion auf Konsolidierung hat nicht an roten Zahlen vorbeigeführt. Für die erste Jahreshälfte muss Mayrhuber einen Verlust von 303 Millionen Euro melden, ohne Zinszahlungen und Steuern. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Flugtickets sanken im gleichen Zeitraum auf 5,4 Milliarden Euro nach 5,9 Milliarden von Januar bis Juni 2002.
Das sind zwar schlimme Zahlen, doch sieht nicht nur der neue Vorstandschef seine Fluggesellschaft schon wieder auf Steigflug. Im zweiten Quartal schaffte die Gesellschaft dank ihres rigorosen Sparkurses einen Betriebsgewinn von 65 Millionen Euro. Wie lange der Trend zu neuer Höhe anhält, ist freilich angesichts allgemeiner Reiseunlust, massiver Konkurrenz von Billigfliegern und Deutscher Bahn und dem bislang erst in der Ferne und noch dazu undeutlich zu erkennendem Aufschwung ungewiss. Mayrhuber, erst seit Juni im Amt, hat kein leichtes Erbe übernommen.
In der Geschichte von den acht Aufsteigern gibt es zwei Überraschungssieger. Es sind dies die neuen Chefs der Versorgungsunternehmen Eon und RWE, Wulf H. Bernotat und Harry Roels. Beide Gesellschaften sind nach ausschweifender Expansionspolitik der jeweiligen Amtsvorgänger im Grunde riesige Baustellen. Doch ungeachtet des unübersichtlichen Geländes melden beide drastisch gestiegene Ergebnisse für das erste halbe Jahr. Bei RWE ist es ein Plus beim Betriebsergebnis von 35 Prozent (auf 2,9 Milliarden Euro), bei Eon ein Zuwachs beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern von 44 Prozent (auf fast 3,5 Milliarden Euro).
Selbstverständlich haben diese erstaunlichen Zuwachsraten nur wenig mit dem aktuellen Verlauf der Geschäfte zu tun. Vielmehr kommen bei beiden Unternehmen zum ersten Mal die Geschäftsergebnisse der in der Vergangenheit zugekauften Unternehmen in die Bücher. Bei Eon schlägt allein die Übernahme der Ruhrgas AG, eine Art Goldgrube beim Erdgasgeschäft, mit 611 Millionen Euro durch. RWE kassiert bei seinen Töchtern in Großbritannien und den USA.
Doch damit ist es nicht getan. Die kommenden Monate bringen den Stromkonzernen mehr Wettbewerb in der Gestalt eines Regulierers für den Zugang der Konkurrenz zu ihren Leitungen. Gute Chancen für Harry Roels und Wulf H. Bernotat zu zeigen, was in ihnen steckt beim Umgang mit Kosten und Kunden.
Das gilt auch für den Rest der neuen Männer. Denn die braucht das Land. Gerade jetzt.
Artikel erschienen am 17. Aug 2003