ftd.de, Mi, 27.3.2002, 2:00
Globale Strategie: Gewinnaussichten verbessert
Von Henning Steier
Seit dem Tief am 21. September 2001 hat der Dax unter den weltweit maßgeblichen Indizes am deutlichsten zugelegt. Die Marktstimmung hat sich verbessert.
Der deutsche Blue-Chip-Index stieg um knapp 44 Prozent. Zum Vergleich: Der S&P 500 legte im selben Zeitraum um rund 21 Prozent zu. Wichtigster Treibstoff war die Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Konjunkturkrise in den USA. Zwar hat der Offemarktausschuss der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) mit seiner jüngsten Erklärung für einige Verwirrung bei den Investoren gesorgt, doch könnten sich die Währungshüter der positiven Grundstimmung nicht entziehen. Wie weiterhin erwartet, ließ die Fed den Leitzins bei 1,75 Prozent unverändert und stufte eine Rezession nicht mehr als Hauptgefahr für die US-Wirtschaft ein.
"Der verhaltene amerikanische Aufschwung im zweiten Halbjahr wird dazu führen, dass eine Zinserhöhung bis November hinausgeschoben wird", prognostiziert HSBC-Stratege Peter Oppenheimer. Der von Merrill Lynch ermittelte "Stock Market Conditions Indicator" (SMC) zeigt ein gemischtes Stimmungsbild unter den weltweit jeden Monat befragten 250 institutionellen Investoren. Nach einem Indexwert von 13,2 im Februar erreichte der Indikator im März einen Wert von 12,1 und erreichte damit wieder das Niveau vom Januar dieses Jahres. Der SMC setzt sich aus vier Komponenten zusammen. Neben Gewinnerwartungen und einer Liquiditätskomponente fließen noch die Bewertung der Aktien und eine Analyse der Stimmung an den Aktienmärkten in den Wert ein.
Gute Stimmung
Das Liquiditätsumfeld wird mit minus 34 deutlich negativer beurteilt als noch im Februar (minus 20,6). Der Index für die Bewertungskomponente fiel von 8,8 auf einen Stand von 3,6. Gleichzeitig ist die Marktstimmung nach Meinung der Investoren wieder optimistischer: Nach 14,3 im Februar legte der Indexwert im März einen Anstieg auf 18,0 hin. Außerdem haben sich die Gewinnerwartungen der Befragten massiv verbessert, was zu einem Anstieg der entsprechenden Kennzahl von 50,3 auf 60,7 führte.
Auch eine Studie von ABM Amro zeigt, dass die Gewinnsituation der Unternehmen sich wieder verbessern dürfte. "Zum ersten Mal seit August 2000 überstieg im Februar die Summe der Gewinnheraufstufungen für US-Unternehmen die Summe der Gewinnherabstufungen", sagt Chris Johns, globaler Stratege des Investmenthauses. "Wir erwarten für die S&P-500-Unternehmen ein durchschnittliches Gewinnwachstum von 15 Prozent in diesem und von 20 Prozent im nächsten Jahr.
Schmerzhafte Enronitis
Entsprechend halten die Strategen von Merrill Lynch an ihrer Asset Allocation vom Oktober 2001 fest. "Nachdem wir mit unserer Strategie im Dezember und Januar gut gefahren sind, mussten wir im Februar auf Grund der grassierenden Enronitis Verluste hinnehmen", sagt Bart Dowling, globaler Chefstratege der Bank. Dennoch, so der Experte weiter, stünden die Zeichen von nun an eindeutig auf Besserung. "Unser Fear Index" zeigt, dass die Märkte nach dem irrationalen Ausverkauf wieder bereit sind für eine Rally", so der Stratege. Der Index zeigt laut Dowling einen ähnlichen Verlauf wie nach der LTCM und der S&L-Krise. "Danach ging es jeweils 18 beziehungsweise zwölf Monate bergauf", sagt der Experte. Im Vergleich zum Oktober 2001 haben Merrills Strategen den Anteil von US-Aktien im globalen Portfolio um rund 20 Prozent reduziert, allerdings nicht, weil sie der Zugkraft der US-Konjunkturlokomotive nicht trauen, sondern "weil wir davon überzeugt sind, dass ein Teil des erwarteten Aufschwungs bereits eingepreist ist", so Dowling. Die Emerging Markets und Japan seien momentan noch extrem unterbewertet und böten daher das höhere Kurspotenzial. Dowling: "Was unsere Sektor-Strategie angeht, so bevorzugen wir einen Mix aus defensiven und zyklischen Investments: Banken- und Pharmawerte auf der einen, Öl- und Gas-Titel sowie Aktien von Rundfunkstationen auf der anderen Seite."
Lehman Brothers offensiv
Die Strategen von Lehman Brothers verfolgen eine offensivere Strategie. "Wir haben in unserem globalen Portfolio einen Zykliker-Anteil von 39 Prozent. Damit liegen wir elf Prozent über unserer Benchmark-Gewichtung", sagt Joseph Rooney, globaler Chefstratege der Bank. Die Lehman-Strategen sind der Auffassung, dass Zykliker noch um rund 20 Prozent unterbewertet sind. "Ähnlich verhält es sich mit den asiatischen Werten (ohne Japan)", sagt Rooney, "obwohl diese und die Zykliker seit den Tiefständen vom September 2001 durchschnittlich um 36 beziehungsweise 39 Prozent zugelegt haben, ist es noch zu früh für Gewinnmitnahmen."
Sorgenkind bleibt für Lehman der Technologie-Sektor. "Wir rechnen weltweit bei Tech-Unternehmen mit einer durchschnittlichen Rendite von minus 1,8 Prozent", sagt Stratege Rooney.
Auch die Experten von Credit Suisse First Boston (CSFB) haben wenig Vertrauen in den einstigen Wachstumssektor. "Wir haben den Sektor um zehn Prozent untergewichtet", sagt Andrew Garthwaite, globaler Stratege der Bank. Die Strategen bewerten die Konsens-Gewinnschätzungen für 2003 als zu optimistisch, da sie nur 1,5 Prozent von ihrem Allzeithoch entfernt liegen. "Die durchschnittliche Kapazitätsauslastung liegt gerade einmal bei rund 61 Prozent, und Technologie-Werte haben in nur neun von 15 zyklischen Aufwärtsbewegungen eine Outperformance hingelegt", so Garthwaite.
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Asset Allocation Dargestellt ist die Gewichtung der drei Asset-Klassen im globalen Portfolio der Bank. Die Strategen halten weiterhin an ihrer Allocation vom Oktober 2001 fest.
Sektoren Abgebildet ist die Gewichtung der Sektoren im globalen Depot der amerikanischen Investmentbank. Finanztitel bleiben auf Grund ihrer niedrigen Bewertung die Favoriten der Strategen von Merrill Lynch.
Regionen US-Titel wurden reduziert, bleiben aber auf längere Sicht favorisiert. Aktuell sei das Potenzial bei japanischen Aktien und Werten der Emerging Markets allerdings höher, heißt es.
Portfolio Unter den 12 Stock Picks sind mit Exxon Mobil, BP und Royal Dutch drei Ölriesen im Portfolio vertreten. Von den Strategen außerdem bevorzugt: Die Pharmawerte Fujisawa, Johnson & Johnson und Pfizer.
© 2002 Financial Times Deutschland , © Illustration: FTD
Globale Strategie: Gewinnaussichten verbessert
Von Henning Steier
Seit dem Tief am 21. September 2001 hat der Dax unter den weltweit maßgeblichen Indizes am deutlichsten zugelegt. Die Marktstimmung hat sich verbessert.
Der deutsche Blue-Chip-Index stieg um knapp 44 Prozent. Zum Vergleich: Der S&P 500 legte im selben Zeitraum um rund 21 Prozent zu. Wichtigster Treibstoff war die Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Konjunkturkrise in den USA. Zwar hat der Offemarktausschuss der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) mit seiner jüngsten Erklärung für einige Verwirrung bei den Investoren gesorgt, doch könnten sich die Währungshüter der positiven Grundstimmung nicht entziehen. Wie weiterhin erwartet, ließ die Fed den Leitzins bei 1,75 Prozent unverändert und stufte eine Rezession nicht mehr als Hauptgefahr für die US-Wirtschaft ein.
"Der verhaltene amerikanische Aufschwung im zweiten Halbjahr wird dazu führen, dass eine Zinserhöhung bis November hinausgeschoben wird", prognostiziert HSBC-Stratege Peter Oppenheimer. Der von Merrill Lynch ermittelte "Stock Market Conditions Indicator" (SMC) zeigt ein gemischtes Stimmungsbild unter den weltweit jeden Monat befragten 250 institutionellen Investoren. Nach einem Indexwert von 13,2 im Februar erreichte der Indikator im März einen Wert von 12,1 und erreichte damit wieder das Niveau vom Januar dieses Jahres. Der SMC setzt sich aus vier Komponenten zusammen. Neben Gewinnerwartungen und einer Liquiditätskomponente fließen noch die Bewertung der Aktien und eine Analyse der Stimmung an den Aktienmärkten in den Wert ein.
Gute Stimmung
Das Liquiditätsumfeld wird mit minus 34 deutlich negativer beurteilt als noch im Februar (minus 20,6). Der Index für die Bewertungskomponente fiel von 8,8 auf einen Stand von 3,6. Gleichzeitig ist die Marktstimmung nach Meinung der Investoren wieder optimistischer: Nach 14,3 im Februar legte der Indexwert im März einen Anstieg auf 18,0 hin. Außerdem haben sich die Gewinnerwartungen der Befragten massiv verbessert, was zu einem Anstieg der entsprechenden Kennzahl von 50,3 auf 60,7 führte.
Auch eine Studie von ABM Amro zeigt, dass die Gewinnsituation der Unternehmen sich wieder verbessern dürfte. "Zum ersten Mal seit August 2000 überstieg im Februar die Summe der Gewinnheraufstufungen für US-Unternehmen die Summe der Gewinnherabstufungen", sagt Chris Johns, globaler Stratege des Investmenthauses. "Wir erwarten für die S&P-500-Unternehmen ein durchschnittliches Gewinnwachstum von 15 Prozent in diesem und von 20 Prozent im nächsten Jahr.
Schmerzhafte Enronitis
Entsprechend halten die Strategen von Merrill Lynch an ihrer Asset Allocation vom Oktober 2001 fest. "Nachdem wir mit unserer Strategie im Dezember und Januar gut gefahren sind, mussten wir im Februar auf Grund der grassierenden Enronitis Verluste hinnehmen", sagt Bart Dowling, globaler Chefstratege der Bank. Dennoch, so der Experte weiter, stünden die Zeichen von nun an eindeutig auf Besserung. "Unser Fear Index" zeigt, dass die Märkte nach dem irrationalen Ausverkauf wieder bereit sind für eine Rally", so der Stratege. Der Index zeigt laut Dowling einen ähnlichen Verlauf wie nach der LTCM und der S&L-Krise. "Danach ging es jeweils 18 beziehungsweise zwölf Monate bergauf", sagt der Experte. Im Vergleich zum Oktober 2001 haben Merrills Strategen den Anteil von US-Aktien im globalen Portfolio um rund 20 Prozent reduziert, allerdings nicht, weil sie der Zugkraft der US-Konjunkturlokomotive nicht trauen, sondern "weil wir davon überzeugt sind, dass ein Teil des erwarteten Aufschwungs bereits eingepreist ist", so Dowling. Die Emerging Markets und Japan seien momentan noch extrem unterbewertet und böten daher das höhere Kurspotenzial. Dowling: "Was unsere Sektor-Strategie angeht, so bevorzugen wir einen Mix aus defensiven und zyklischen Investments: Banken- und Pharmawerte auf der einen, Öl- und Gas-Titel sowie Aktien von Rundfunkstationen auf der anderen Seite."
Lehman Brothers offensiv
Die Strategen von Lehman Brothers verfolgen eine offensivere Strategie. "Wir haben in unserem globalen Portfolio einen Zykliker-Anteil von 39 Prozent. Damit liegen wir elf Prozent über unserer Benchmark-Gewichtung", sagt Joseph Rooney, globaler Chefstratege der Bank. Die Lehman-Strategen sind der Auffassung, dass Zykliker noch um rund 20 Prozent unterbewertet sind. "Ähnlich verhält es sich mit den asiatischen Werten (ohne Japan)", sagt Rooney, "obwohl diese und die Zykliker seit den Tiefständen vom September 2001 durchschnittlich um 36 beziehungsweise 39 Prozent zugelegt haben, ist es noch zu früh für Gewinnmitnahmen."
Sorgenkind bleibt für Lehman der Technologie-Sektor. "Wir rechnen weltweit bei Tech-Unternehmen mit einer durchschnittlichen Rendite von minus 1,8 Prozent", sagt Stratege Rooney.
Auch die Experten von Credit Suisse First Boston (CSFB) haben wenig Vertrauen in den einstigen Wachstumssektor. "Wir haben den Sektor um zehn Prozent untergewichtet", sagt Andrew Garthwaite, globaler Stratege der Bank. Die Strategen bewerten die Konsens-Gewinnschätzungen für 2003 als zu optimistisch, da sie nur 1,5 Prozent von ihrem Allzeithoch entfernt liegen. "Die durchschnittliche Kapazitätsauslastung liegt gerade einmal bei rund 61 Prozent, und Technologie-Werte haben in nur neun von 15 zyklischen Aufwärtsbewegungen eine Outperformance hingelegt", so Garthwaite.
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Asset Allocation Dargestellt ist die Gewichtung der drei Asset-Klassen im globalen Portfolio der Bank. Die Strategen halten weiterhin an ihrer Allocation vom Oktober 2001 fest.
Sektoren Abgebildet ist die Gewichtung der Sektoren im globalen Depot der amerikanischen Investmentbank. Finanztitel bleiben auf Grund ihrer niedrigen Bewertung die Favoriten der Strategen von Merrill Lynch.
Regionen US-Titel wurden reduziert, bleiben aber auf längere Sicht favorisiert. Aktuell sei das Potenzial bei japanischen Aktien und Werten der Emerging Markets allerdings höher, heißt es.
Portfolio Unter den 12 Stock Picks sind mit Exxon Mobil, BP und Royal Dutch drei Ölriesen im Portfolio vertreten. Von den Strategen außerdem bevorzugt: Die Pharmawerte Fujisawa, Johnson & Johnson und Pfizer.
© 2002 Financial Times Deutschland , © Illustration: FTD