Gefallene Engel

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quantas:

Gefallene Engel

 
17.10.05 08:07
Was haben klingende Namen wie General Motors, Ford, der grösste Fotokonzern, Eastman Kodak, die grösste US-Warenhauskette, Sears, der britische Medienkonzern EMI und die französische IT-Beratungsgesellschaft Cap Gemini gemeinsam? Alle diese Unternehmen wurden von Kreditbewertungs-Agenturen in diesem Jahr als unwürdig befunden, weiterhin mit dem Gütesiegel Anlagequalität (Investment-Grade) ausgezeichnet zu werden. Auf den Listen der Rating-Agenturen figurieren sie nunmehr als sogenannte gefallene Engel, was Bondanleger mit spekulativer Qualität - im Jargon «Ramsch» oder «Junk» - gleichsetzen. Bereits jetzt liegt der kumulierte Dollarwert der Anleihen von «gefallenen Engeln» klar über dem von der Rating-Agentur Standard and Poor's (S&P) ermittelten Rekordwert von 202 Mrd. $ aus dem Jahr 2002. Allein General Motors hat Ramschanleihen von 292 Mrd. $ ausstehend, und auch bei Ford bürdet sich ein ungewöhnlich grosser Haufen von 161 Mrd. $ auf. Ungewöhnlich ist ferner, dass die Zahl der gefallenen Engel in diesem Jahr rund achtmal höher ist als im gleichen Zeitraum des Vorjahrs.

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Das Jahr 2005 könnte einen weiteren traurigen Höhepunkt in der Geschichte der Ramschanleihen markieren. Als unrühmliches Spitzenjahr galt bisher 2002, als S&P insgesamt 146 «gefallene Engel» zählte, die 4,65% der in jenem Jahr ausstehenden Obligationen mit dem Siegel Anlagequalität entsprachen. Eine ähnlich ungünstige Relation wurde zuvor im Jahr 1986 registriert. Der tiefe Fall ist für Unternehmen schmerzhaft, weil ihre Kreditkosten bei einer Rückstufung auf Junk gemeinhin steigen (vgl. Grafik auf dieser Seite). Auch Anleger sollten bei den verstossenen Engeln genau hinsehen, denn bei diesen liegt die Ausfallquote (Default) etwa doppelt so hoch wie bei Unternehmen, die kein Investment-Grade-Rating haben. Zudem bleiben laut einer Langzeitstudie von S&P sieben von zehn Unternehmen in der Ramschkategorie gefangen.

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Die Bewegungen an der Schwelle zur Anlagequalität spiegeln die ökonomischen Trends meist recht genau. Insofern könnte die vorab von den USA ausgehende neue Schar «gefallener Engel» als Vorbote turbulenter Zeiten in der Wirtschaft und an den Kapitalmärkten gedeutet werden. Nicht verkehrt ist deshalb, wenn Anleger die Schuldner genauer als zuvor unter die Lupe nehmen. Als derzeit grösste Bonitätsrisiken gelten sich beschleunigende Mergers and Acquisitions sowie Leveraged Buyouts. Letztere werden meist mit Anleihen finanziert, die im Namen des übernommenen Unternehmens emittiert werden. Die sich akzentuierende Fremdverschuldung könnte, zusammen mit zahlreicheren Abstürzen, ein Warnsignal für eine sich verschlechternde Kreditqualität sein. Demnach müssten Obligationäre eine höhere Risikoprämie verlangen.

fg.
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