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ENERGIEVERSORGUNG
Die steigenden Gaspreise offenbaren den Einfluss von Gazprom
Stand: 15:01 Uhr | Lesedauer: 3 Minuten
Von Alan Posener
Die Energiepreise steigen massiv an. Das liegt an dem aktuell weltweit hohen Gaspreis und der Co2-Abgabe. Die EU-Kommission will deshalb Menschen mit geringen Einkommen entlasten und auch bei den Sondierungen sind die Energiepreise ein Thema.
Quelle: WELT
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Der Winter kommt, und die deutschen Gasspeicher sind nicht voll. Ein wesentlicher Teil davon gehört dem russischen Staatskonzern. Wir brauchen ein Gesetz, das dem Staat erlaubt, die Befüllung zu erzwingen. Und auch über Atomkraft sollten wir neu nachdenken.
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Die Gaspreise steigen. Normalerweise müsste das die deutschen Verbraucher nicht beunruhigen. Sie haben langfristige Verträge mit ihren Lieferanten, die sich aus riesigen Gasspeichern bedienen. Das sind meistens unterirdische Höhlen. Allerdings sind die zurzeit nicht einmal zu Dreivierteln voll. Und das unmittelbar vor dem Winter. Man müsste mehr als naiv sein, um da an einen Zufall zu glauben. Denn ein wesentlicher Teil der deutschen Speicher gehört dem russischen Staatskonzern Gazprom.
Deutschland hat nach Russland und der Ukraine die größten Gasspeicher Europas, das Volumen beträgt 232,4 Terawattstunden(TWH). Zum Vergleich: Großbritannien hat eine Speicherkapazität von 8,9 TWH. Während der europaweiten Kälteeinbrüche 2012 und 2017 wurde mehr als 50 Prozent des täglichen Spitzenbedarfs bei uns und den Nachbarn aus deutschen Speichern gedeckt. Sonst hätte Europa gefroren.
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Vor sechs Jahren hat der Chemieriese BASF Anteile an einem Erdgasfeld in Sibirien von der Gazprom erworben und im Tausch dafür der russischen Staatsfirma rund ein Viertel der deutschen Gasspeicher überlassen. Dazu zählt auch der größte natürliche Erdgasspeicher Europas im niedersächsischen Rehden, laut Betreiberfirma Rückgrat einer sicheren Energieversorgung in Deutschland und Europa. Damit kontrolliert der Kreml nicht nur die Gasförderung, sondern auch die Pipelines und einen entscheidenden Teil der Speicherkapazitäten. Das widerspricht marktwirtschaftlicher Vernunft und europäischem Recht.
Den ganzen Sommer über hat Russland aus den deutschen Speichern Gas auf den Markt gebracht, während der Kreml gleichzeitig die Deutschen und Europäer drängt, endlich die Pipeline Nord Stream 2 zu genehmigen, und zwar ohne die von der EU beschlossenen Anti-Monopol-Auflagen, die Gazprom zwingen sollen, Konkurrenten die Nutzung der Rohre zu ermöglichen. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt.
In Deutschland besteht, anders als in vielen Nachbarländern, keine staatliche Zuständigkeit für die Energieversorgungssicherheit. Das heißt, die Regierung kann die Speicherbetreiber nicht zwingen, ihre Reserven aufzufüllen. Dennoch meint der Energieexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Johann Saathoff: Um Versorgungsengpässe in der Zukunft müssen wir uns keine Sorgen machen. Die Europäische Union ist mit großen Importpipelines verbunden, die die Versorgung gewährleisten. Doch gerade diese Pipelines beziehungsweise deren Betreiber und die Abhängigkeit von importiertem Gas sind das Problem. Das will ein Teil der SPD schlicht nicht wahrhaben. Es ist wohl kein Zufall, dass Saathoffs Genossin Manuela Schwesig gerade in Mecklenburg-Vorpommern, wo Nord Stream 2 anlandet, mit den Putin-Freunden der Linkspartei eine Koalition bilden will.
Die neue Bundesregierung sollte schnell ein Gesetz auf den Weg bringen, das dem Staat eine Handhabe gibt, die Befüllung der Gasspeicher zu erzwingen. Darüber hinaus muss der Ausbau heimischer Energiequellen vor allem Wind, Sonne und Wasserstoff vorangetrieben werden. Und angesichts steigender Preise für fossile Brennstoffe, verschärfter Klimaziele und russischer Machtspiele erscheint es absurd, die voll funktionsfähigen, sicheren und CO2-neutralen deutschen Atomkraftwerke vor Ende ihres Lebenszyklus abzuschalten.