Was tun in der Krise? Die Augen schließen und hoffen, dass sie dann vorüberzieht?
(SZ vom 16.03.02) - Dieser beliebten Methode scheint die Interessenvertretung der Fußball-Bundesliga, die in Frankfurt ansässige Deutsche Fußball-Liga (DFL), zu vertrauen.
Obwohl sie seit Monaten konfrontiert wird mit den Nöten der Kirch-Gruppe, des größten Geldgebers des deutschen Profifußballs, ignoriert die DFL beharrlich die Bedrohung für die Klubs, die beim – selbst bloß teilweisen – Zusammenbruch des Finanziers einträte.
Auf das bevorstehende Lizenzierungsverfahren für die jeweils 18 Klubs der ersten und zweiten Liga werde Kirchs Krise keinen Einfluss haben, sagt DFL-Pressesprecher Tom Bender. In der Kalkulation für die kommende Saison sollten die 36 Vereine den Erlös aus dem Fernseh-Geschäft „wie immer bewerten“ – also unvermindert. Das wären gemäß dem bis 2004 laufenden Vertrag mit Kirch 360,5 Millionen Euro für die Spielzeit 2002/03.
Zwei Denkweisen
Dieser offiziellen Politik liegen jedoch zwei Denkweisen zugrunde. Eine öffentliche, um den TV-Partner durch Zweifel an dessen Zahlungsfähigkeit nicht dazu zu animieren, weniger zu geben. Und eine für den Hausgebrauch bestimmte, wie sie der Geschäftsführer Kommunikation, Michael Pfad, erkennen lässt: „Die DFL setzt sich mit dem Szenario ’Was wäre wenn‘ intern auseinander, weil das unsere Aufgabe ist. Aber öffentlich spekulieren tun wir nicht.“
Vor allem aber trägt Hoffnung die Vereinsbosse und Manager der Liga-GmbH hin zu solchen kühnen Aussagen, wie sie DFL-Chef Werner Hackmann erst vor vier Wochen äußerte: „Ich verstehe die Aufregung nicht. Die Situation von Kirch ist bekannt – am Ende hat es immer geklappt.“
Taggenauer Zahler
Tatsächlich hat der Konzern bisher seine Raten für die Rechte an den Übertragungen im werbefinanzierten Sender Sat1 und im Abosender Premiere stets taggenau beglichen. „Nie gab es einen besseren Vertragspartner für den Fußball als Kirch“, sagt ein Kenner des Geschäfts. Noch im Februar, mitten im Gang der Krise, hatte Kirch pünktlich die fälligen 100 Millionen Euro überwiesen. Im Mai steht die nächste Rate an, im August die erste für die Saison 02/03.
Was passiert, wenn diese Summen ausbleiben sollten? Viele Klubs der ersten und so ziemlich alle Klubs der zweiten Liga würden mit Recht von einer Katastrophe sprechen, denn sie wären nicht mehr fähig, ihre fest disponierten und vertraglich fixierten Kosten zu tragen.
Konkurse würden drohen
Große Klubs wie der FC Bayern, Schalke 04, Leverkusen oder Dortmund kämen fürs Erste zurecht, nicht aber die kleineren Vereine, bei denen das TV-Geld bis zu 65 Prozent der Einnahmen ausmacht. „Würden diese Erlöse kurzfristig nicht mehr fließen, hätten wir sofort eine extreme Deckungslücke“, sagt Pfad. Zwar haben die Klubs bei der DFL Kautionen hinterlegt, doch wäre das nur Überbrückungshilfe. Konkurse würden drohen.
Die DFL beruft sich zwar darauf, sie könne die TV-Rechte im Falle des Kollaps’ der Firma Kirch an einen anderen Anbieter verkaufen – nur an wen? Notfalls, versichert die DFL, könne die Liga auch einen eigenen Fußballsender gründen – ein Unterfangen, dessen Gelingen noch mehr in Zweifel steht. An der Reparatur des Kostenapparates aber führte kein Weg vorbei.
Enorme Gagen der Spieler
Betroffene wären dann die Spieler, deren enorme Gagen dafür sorgen, dass die Profiklubs trotz voller Stadien und florierender Umsätze keine Rücklagen zu bilden imstande sind und an einem unstillbaren Finanzbedarf kranken. Eine Kürzung der Profigehälter aber wäre sicher keine Katastrophe für das Gemeinwohl des Fußballs, zumal in Deutschland, das dank der Stadien für die WM 2006 bald über eine erstklassige Infrastruktur verfügen wird.
„90 Prozent der Spieler würden für die Hälfte spielen und davon gut leben“, prophezeit der Anwalt Christoph Schickhardt, der sowohl Vereine wie Profis häufig berät. Möglich, dass einige der besten Spieler die Liga verlassen und nach Spanien oder England ziehen. „Aber der Nähe zum Publikum würde ein Gehaltsschnitt guttun“, glaubt Schickhardt. So könnte die Krise unter Schmerzen und Opfern ein annehmbares Ende finden.
(SZ vom 16.03.02) - Dieser beliebten Methode scheint die Interessenvertretung der Fußball-Bundesliga, die in Frankfurt ansässige Deutsche Fußball-Liga (DFL), zu vertrauen.
Obwohl sie seit Monaten konfrontiert wird mit den Nöten der Kirch-Gruppe, des größten Geldgebers des deutschen Profifußballs, ignoriert die DFL beharrlich die Bedrohung für die Klubs, die beim – selbst bloß teilweisen – Zusammenbruch des Finanziers einträte.
Auf das bevorstehende Lizenzierungsverfahren für die jeweils 18 Klubs der ersten und zweiten Liga werde Kirchs Krise keinen Einfluss haben, sagt DFL-Pressesprecher Tom Bender. In der Kalkulation für die kommende Saison sollten die 36 Vereine den Erlös aus dem Fernseh-Geschäft „wie immer bewerten“ – also unvermindert. Das wären gemäß dem bis 2004 laufenden Vertrag mit Kirch 360,5 Millionen Euro für die Spielzeit 2002/03.
Zwei Denkweisen
Dieser offiziellen Politik liegen jedoch zwei Denkweisen zugrunde. Eine öffentliche, um den TV-Partner durch Zweifel an dessen Zahlungsfähigkeit nicht dazu zu animieren, weniger zu geben. Und eine für den Hausgebrauch bestimmte, wie sie der Geschäftsführer Kommunikation, Michael Pfad, erkennen lässt: „Die DFL setzt sich mit dem Szenario ’Was wäre wenn‘ intern auseinander, weil das unsere Aufgabe ist. Aber öffentlich spekulieren tun wir nicht.“
Vor allem aber trägt Hoffnung die Vereinsbosse und Manager der Liga-GmbH hin zu solchen kühnen Aussagen, wie sie DFL-Chef Werner Hackmann erst vor vier Wochen äußerte: „Ich verstehe die Aufregung nicht. Die Situation von Kirch ist bekannt – am Ende hat es immer geklappt.“
Taggenauer Zahler
Tatsächlich hat der Konzern bisher seine Raten für die Rechte an den Übertragungen im werbefinanzierten Sender Sat1 und im Abosender Premiere stets taggenau beglichen. „Nie gab es einen besseren Vertragspartner für den Fußball als Kirch“, sagt ein Kenner des Geschäfts. Noch im Februar, mitten im Gang der Krise, hatte Kirch pünktlich die fälligen 100 Millionen Euro überwiesen. Im Mai steht die nächste Rate an, im August die erste für die Saison 02/03.
Was passiert, wenn diese Summen ausbleiben sollten? Viele Klubs der ersten und so ziemlich alle Klubs der zweiten Liga würden mit Recht von einer Katastrophe sprechen, denn sie wären nicht mehr fähig, ihre fest disponierten und vertraglich fixierten Kosten zu tragen.
Konkurse würden drohen
Große Klubs wie der FC Bayern, Schalke 04, Leverkusen oder Dortmund kämen fürs Erste zurecht, nicht aber die kleineren Vereine, bei denen das TV-Geld bis zu 65 Prozent der Einnahmen ausmacht. „Würden diese Erlöse kurzfristig nicht mehr fließen, hätten wir sofort eine extreme Deckungslücke“, sagt Pfad. Zwar haben die Klubs bei der DFL Kautionen hinterlegt, doch wäre das nur Überbrückungshilfe. Konkurse würden drohen.
Die DFL beruft sich zwar darauf, sie könne die TV-Rechte im Falle des Kollaps’ der Firma Kirch an einen anderen Anbieter verkaufen – nur an wen? Notfalls, versichert die DFL, könne die Liga auch einen eigenen Fußballsender gründen – ein Unterfangen, dessen Gelingen noch mehr in Zweifel steht. An der Reparatur des Kostenapparates aber führte kein Weg vorbei.
Enorme Gagen der Spieler
Betroffene wären dann die Spieler, deren enorme Gagen dafür sorgen, dass die Profiklubs trotz voller Stadien und florierender Umsätze keine Rücklagen zu bilden imstande sind und an einem unstillbaren Finanzbedarf kranken. Eine Kürzung der Profigehälter aber wäre sicher keine Katastrophe für das Gemeinwohl des Fußballs, zumal in Deutschland, das dank der Stadien für die WM 2006 bald über eine erstklassige Infrastruktur verfügen wird.
„90 Prozent der Spieler würden für die Hälfte spielen und davon gut leben“, prophezeit der Anwalt Christoph Schickhardt, der sowohl Vereine wie Profis häufig berät. Möglich, dass einige der besten Spieler die Liga verlassen und nach Spanien oder England ziehen. „Aber der Nähe zum Publikum würde ein Gehaltsschnitt guttun“, glaubt Schickhardt. So könnte die Krise unter Schmerzen und Opfern ein annehmbares Ende finden.