Der TV-Boom wird zum Bumerang
Für Europas Profifußball schien es keine Grenzen zu geben. Die Gehaltsspirale schraubte sich in unverschämte Höhen. Die Klubs boten den Stars immer besser dotierte Verträge. Denn sie glaubten, den Stein der Weisen gefunden zu haben.
Pay-TV sollte zur unerschöpflichen Geldquelle werden. Doch die Unsummen, die die Sender für den Quotenhit Fußball hingeblättert hatten, konnten nicht refinanziert werden. Premiere hat in Deutschland trotz Live-Übertragung aller Bundesliga-Spiele nur rund 2,4 Millionen Abonnenten.
Der Sender schrieb so hohe Verluste, dass die Kirch-Gruppe zu Fall gebracht wurde. Aber Premiere ist nicht der einzige Sender in finanziellen Nöten. In ganz Europa werden die Geldhähne zugedreht.
Italien
Als letzte der Topligen startet heute die Serie A. Mit zwei Wochen Verspätung, weil die Kleinen wegen zu wenig TV-Geld streikten. Die Kluft ist groß:
Während Juventus 54 Millionen Euro pro Jahr aus TV-Geldern kassiert, zahlen Tele+ und Stream den kleinen Clubs insgesamt nur 52,47 Millionen. Ein Kompromiss wurde gefunden, die Präsidenten einigten sich auf eine Solidaritätsabgabe der sechs reichsten Klubs an den Rest.
Spanien
Die Verträge mit den beiden Pay-TV-Kanälen via digital und canal satelite digital laufen 2003 aus. Nach der Fusion der beiden TV-Digitalplattformen wurde signalisiert, dass man künftig nur noch die Hälfte der bisherigen Summe werde zahlen können. Nur Real und Barcelona haben Verträge über 2003 hinaus abgeschlossen.
England
Die Premier-League-Vereine haben noch ein Jahr Vertrag mit BSkyB und ITV. In ersten Verhandlungen wurde klar, dass es keine 2,5 Milliarden Euro für weitere drei Jahre geben wird. Die "Football League" - die drei Profiligen unter der Premier League - leidet unter der Pleite von ITV Digital. Den 72 Klubs fehlen die bereits verplanten 280 Millionen Euro.
Deutschland
Die Krise der Kirch-Gruppe hatte auch Konsequenzen für die Bundesliga. Für 2002/2003 hatte KirchMedia 360 Millionen Euro zugesagt, zahlt aber nur 290. Die Liga will das Defizit mit Einnahmen aus Internet-, UMTS- und Radio-Rechten eindämmen. Doch das sind nicht einmal Tropfen auf den heißen Stein. Einige private Radiostationen berichten angesichts der geforderten "Media-Leistung" nicht mehr aus den Stadien.
Griechenland
Die Einstellung des erst im Sommer 2001 gegründeten Senders Alpha Digital Synthesis stürzte die griechische Profiliga in die größte Krise seit ihrer Gründung 1979. Der Pay-TV-Sender hielt die Rechte der Hälfte der Klubs der 1. Liga. Mit nur 40.000 Abonnenten konnte der Sender neben dem Konkurrenten Nova aber nicht überleben.
FC Barcelona 180 Millionen Euro Schulden. Topverdiener Rivaldo wurde gratis abgegeben, nur mehr 172 Mio. Budget.
AC Parma 154 Millionen Schulden. Trotzdem Lizenz ohne jegliche Auflagen. Sponsor Parmalat steht gerade.
Leeds United 135 Millionen Euro Schulden. Starverteidiger Rio Ferdinand musste um 47 Millionen verkauft werden.
FC Valencia 127 Millionen Euro Schulden. Kein einziger teurer Spieler wurde neu verpflichtet.
Lazio Rom 103 Millionen Schulden. 22 Millionen Euro mussten abgedeckt werden, um die Lizenz zu bekommen. Deswegen musste eine Kapitalaufstockung um 55 Millionen Euro bei der Lazio AG erfolgen.
Glasgow Rangers Verlust in der Jahresbilanz: 50,6 Millionen. Rückkehr von der Einkaufspolitik zum Weg der Jugend.
FC Tirol 30 Millionen Euro Schulden. Lizenzentzug, Konkurs . . .
Fiorentina Schuldenberg von 22 Millionen Euro. Lizenzentzug und Strafversetzung in die 4. Liga.
Magdeburg Ex-DDR-Meister und Europacup-Sieger. Insolvenzantrag im Juni. Schuldenstand 4,2 Millionen Euro.
Molenbeek Belgischer Ex-Meister. Wegen 1,5 Millionen Euro Schulden in die 3. Liga zwangsversetzt. Mittlerweile aufgelöst.
jo.