Defizit-Abbbau: Offener Streit zwischen Euro-Staaten und Paris entbrannt
LUXEMBURG, 8. Oktober. Im Club der Euro-Staaten ist erstmals ein offener Streit um den richtigen Sparkurs ausgebrochen. Beim Treffen der EU-Finanzminister in Luxemburg weigerte sich einzig Paris, konkrete Zusagen zum Defizit-Abbau zu machen. In einer Erklärung der Eurogruppe hieß es, "alle Minister außer einem" hätten sich verpflichtet, das um konjunkturelle Einflüsse bereinigte Staatsdefizit von 2003 an jährlich um mindestens 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) abzubauen. Der Erklärung waren in der Nacht zum Dienstag fünfstündige, zum Teil hitzige Gespräche vorausgegangen. Bislang hatten die Euro-Finanzminister stets vermieden, ihre Streitigkeiten um die strengen europäischen Budgetregeln publik zu machen.
"Eine Provokation"
Frankreichs Finanzminister Francis Mer sagte nach dem Treffen: "Wir haben entschieden, dass wir in Frankreich andere Prioritäten haben." Die Regierung in Paris wolle jedoch versuchen, die härteren Auflagen von 2004 an zu erfüllen. Österreichs Finanzminister Karlheinz Grasser nannte die Pariser Haushaltspolitik "nichts Anderes als eine Provokation". Die französische Regierung hatte vergangene Woche ihre Budgetpläne für 2003 vorgelegt und darin auffallend wenige Sparbemühungen erkennen lassen. "Ich erwarte einen blauen Brief der EU-Kommission an Frankreich", sagte Grasser. Frankreich gehört neben Deutschland, Italien und Portugal zu den Euro-Staaten, die ihre Haushaltsziele im laufenden Jahr klar verfehlen.
Auch an die Bundesregierung sandten die Euro-Finanzminister eine deutliche Warnung. Es gebe "ein beträchtliches Risiko", dass Deutschland die im europäischen Stabilitätspakt verankerte Defizit-Obergrenze von drei Prozent des BIP überschreite, heißt es in der Erklärung. Es sei klar, dass Berlin "beträchtliche Anstrengungen" zum Abbau der Neuverschuldung unternehmen müsse.
Der deutsche Finanz-Staatssekretär Caio Koch-Weser räumte ein, dass die bisherigen Defizit-Schätzungen der Bundesregierung von 2,9 Prozent des BIP für das laufende Jahr "noch Unsicherheiten" enthielten. Noch stünden wichtige Schätzungen des Wirtschaftswachstums, der Steuereinnahmen und der Flutkosten aus. Sollte Deutschland die kritische Drei-Prozent-Grenze überschreiten, droht der Bundesregierung ein Defizit-Verfahren, das in letzter Konsequenz zu Geldbußen führen könnte. Koch-Weser betonte jedoch, der deutsche Haushalt sei "kein Gegenstand eingehender Beratungen" gewesen.
Mit ihrem Bekenntnis zu einem jährlich Abbau des konjunkturbereinigten Defizits um 0,5 Prozent des BIP stimmten die Finanzminister überraschend Teilen eines Vorschlags von EU-Währungskommissar Pedro Solbes zu. In Kreisen der EU-Kommission hieß es, mit den neuen Vorschriften werde das "Leben für die Finanzminister nicht einfacher". Koch-Weser betonte, diese Auflagen stünden ohnehin im Einklang mit den deutschen Konsolidierungsplänen.
Weitere Punkte offen
Offen blieb noch, bis wann die Sorgenkinder der Euro-Zone einen nahezu ausgeglichenen Haushalt vorlegen müssen. Solbes hatte angeboten, dieses Ziel angesichts trüber Konjunkturaussichten und im Gegenzug zu strengeren Auflagen zum Defizitabbau von 2004 auf 2006 zu verschieben. Italien und Frankreich hatten dieses Entgegenkommen zwar ausdrücklich begrüßt; auch Deutschland zeigt sich denn Plänen laut Koch-Weser "aufgeschlossen". Finnen, Österreicher und Niederländer, die ihre Neuverschuldung in den vergangenen Jahren unter enormen Anstrengungen zurückgefahren hatten, lehnten den Aufschub in Luxemburg jedoch vehement ab. "Weil vier Mitgliedsstaaten Probleme haben, kann man nicht sagen: Wir nehmen den Druck heraus", sagte Österreichs Finanzminister Grasser. Bis wann die vier Problem-Länder ihre Defizit auf nahe null senken müssen, wollen die Minister der Euro-Staaten im kommenden Frühjahr beschließen.
LUXEMBURG, 8. Oktober. Im Club der Euro-Staaten ist erstmals ein offener Streit um den richtigen Sparkurs ausgebrochen. Beim Treffen der EU-Finanzminister in Luxemburg weigerte sich einzig Paris, konkrete Zusagen zum Defizit-Abbau zu machen. In einer Erklärung der Eurogruppe hieß es, "alle Minister außer einem" hätten sich verpflichtet, das um konjunkturelle Einflüsse bereinigte Staatsdefizit von 2003 an jährlich um mindestens 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) abzubauen. Der Erklärung waren in der Nacht zum Dienstag fünfstündige, zum Teil hitzige Gespräche vorausgegangen. Bislang hatten die Euro-Finanzminister stets vermieden, ihre Streitigkeiten um die strengen europäischen Budgetregeln publik zu machen.
"Eine Provokation"
Frankreichs Finanzminister Francis Mer sagte nach dem Treffen: "Wir haben entschieden, dass wir in Frankreich andere Prioritäten haben." Die Regierung in Paris wolle jedoch versuchen, die härteren Auflagen von 2004 an zu erfüllen. Österreichs Finanzminister Karlheinz Grasser nannte die Pariser Haushaltspolitik "nichts Anderes als eine Provokation". Die französische Regierung hatte vergangene Woche ihre Budgetpläne für 2003 vorgelegt und darin auffallend wenige Sparbemühungen erkennen lassen. "Ich erwarte einen blauen Brief der EU-Kommission an Frankreich", sagte Grasser. Frankreich gehört neben Deutschland, Italien und Portugal zu den Euro-Staaten, die ihre Haushaltsziele im laufenden Jahr klar verfehlen.
Auch an die Bundesregierung sandten die Euro-Finanzminister eine deutliche Warnung. Es gebe "ein beträchtliches Risiko", dass Deutschland die im europäischen Stabilitätspakt verankerte Defizit-Obergrenze von drei Prozent des BIP überschreite, heißt es in der Erklärung. Es sei klar, dass Berlin "beträchtliche Anstrengungen" zum Abbau der Neuverschuldung unternehmen müsse.
Der deutsche Finanz-Staatssekretär Caio Koch-Weser räumte ein, dass die bisherigen Defizit-Schätzungen der Bundesregierung von 2,9 Prozent des BIP für das laufende Jahr "noch Unsicherheiten" enthielten. Noch stünden wichtige Schätzungen des Wirtschaftswachstums, der Steuereinnahmen und der Flutkosten aus. Sollte Deutschland die kritische Drei-Prozent-Grenze überschreiten, droht der Bundesregierung ein Defizit-Verfahren, das in letzter Konsequenz zu Geldbußen führen könnte. Koch-Weser betonte jedoch, der deutsche Haushalt sei "kein Gegenstand eingehender Beratungen" gewesen.
Mit ihrem Bekenntnis zu einem jährlich Abbau des konjunkturbereinigten Defizits um 0,5 Prozent des BIP stimmten die Finanzminister überraschend Teilen eines Vorschlags von EU-Währungskommissar Pedro Solbes zu. In Kreisen der EU-Kommission hieß es, mit den neuen Vorschriften werde das "Leben für die Finanzminister nicht einfacher". Koch-Weser betonte, diese Auflagen stünden ohnehin im Einklang mit den deutschen Konsolidierungsplänen.
Weitere Punkte offen
Offen blieb noch, bis wann die Sorgenkinder der Euro-Zone einen nahezu ausgeglichenen Haushalt vorlegen müssen. Solbes hatte angeboten, dieses Ziel angesichts trüber Konjunkturaussichten und im Gegenzug zu strengeren Auflagen zum Defizitabbau von 2004 auf 2006 zu verschieben. Italien und Frankreich hatten dieses Entgegenkommen zwar ausdrücklich begrüßt; auch Deutschland zeigt sich denn Plänen laut Koch-Weser "aufgeschlossen". Finnen, Österreicher und Niederländer, die ihre Neuverschuldung in den vergangenen Jahren unter enormen Anstrengungen zurückgefahren hatten, lehnten den Aufschub in Luxemburg jedoch vehement ab. "Weil vier Mitgliedsstaaten Probleme haben, kann man nicht sagen: Wir nehmen den Druck heraus", sagte Österreichs Finanzminister Grasser. Bis wann die vier Problem-Länder ihre Defizit auf nahe null senken müssen, wollen die Minister der Euro-Staaten im kommenden Frühjahr beschließen.