Florian und Thomas Haffa vor Gericht

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Florian und Thomas Haffa vor Gericht

 
04.11.02 08:31
Florian und Thomas Haffa vor Gericht 839422
Florian Haffa (re.), Thomas' jüngerer Bruder, war Finanzvorstand
 
Kein anderer ist höher geflogen und tiefer gefallen als Thomas Haffa, der Gründer und ehemalige Vorstandschef des Medienunternehmens EM.TV. Am heutigen Montag (4. November) steht der einst gefeierte Sonnyboy noch einmal im Rampenlicht. Als erster Manager eines Neue-Markt-Unternehmens muss sich Haffa zusammen mit seinem Bruder wegen Kursbetrugs vor Gericht verantworten. Das Duo soll den Kurs der EM.TV-Aktie im Boomjahr 2000 mit haltlosen Prognosen in die Höhe getrieben haben. Den einstigen Börsenlieblingen drohen mehrere Jahre Gefängnis.

Brüderpaar wies Vorwürfe zurück

Thomas Haffa und sein Bruder Florian, der Finanzvorstand war, haben die Vorwürfe mehrmals zurückgewiesen. Die Richter am Münchner Landgericht stellen sich deshalb auf einen langen Prozess mit vielen Zeugen ein. Nach der Verlesung der 122 Seiten langen Anklageschrift am 4. November haben sie bis Ende Januar mehr als zehn Verhandlungstage eingeplant.

Signalwirkung für Aktionärsschützer

Für Aktionärsschützer hat der erste Prozess nach der Serie der Skandale am Neuen Markt Signalwirkung. »Alle Unternehmen, die noch Leichen im Keller haben, werden jetzt anfangen zu zittern«, sagt Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Der Ausgang der Strafprozesse sei auch für die vielen Aktionäre von Bedeutung, die durch betrügerische Manager ein Vermögen an der Börse verloren hätten. »Wenn die Haffas verurteilt werden, steigen die Chancen auf Schadenersatz erheblich.« Zum Teil hatten die Richter die Schadenersatz-Verfahren ausgesetzt, um die Entscheidungen der Strafprozesse in München abzuwarten.

Bestrafung auch für Manager

Durch eine Bestrafung von Schwarzen Schafen am Neuen Markt würde nach Ansicht des Börsenexperten Gottfried Heller auch das Vertrauen der Aktionäre gestärkt. »Ich hoffe, dass einige auch hinter Gitter müssen. Aber das wird wahrscheinlich nicht passieren.« Deutschland müsse sich ein Vorbild an den USA nehmen, wo selbst hochrangige Manager bei betrügerischen Aktiengeschäften jahrelang ins Gefängnis müssten.

Auf dem Höhepunkt des Börsenbooms gehörten die Haffa-Brüder zu den schillerndsten Figuren am Neuen Markt. Der braun gebrannte Konzernchef Thomas Haffa ließ sich auf Empfängen der Münchner Schickeria als Börsenstar feiern und gönnte sich mit seinem Millionenvermögen ein Jet-Set-Leben zwischen seiner Villa in München, einer Yacht in Cannes und seiner Finca auf Mallorca. Die Aktionäre begeisterte er mit Ankündigungen hoher Gewinne. Dabei war ihm nach Ansicht der Staatsanwaltschaft aber klar, dass diese Ankündigungen nicht haltbar waren. Statt des erwarteten Gewinns musste EM.TV schließlich Ende 2000 einen Verlust bekannt geben. Der Aktienkurs des Unternehmens stürzte daraufhin von einem Höchststand über 100 Euro ins Bodenlose. Zuletzt dümpelte die Aktie bei weniger als einem Euro. Etliche Anleger verloren durch den Kurssturz ein Vermögen. Mitte vergangen Jahres traten die Haffas von ihren Posten zurück.

Es ging noch dreister

Die Haffa-Brüder sind nach Worten von Bergdolt in punkto Dreistigkeit nur von dem einstigen Chef des Telematik-Unternehmens ComROAD, Bodo Schnabel, überboten worden. Er steht wenige Tage nach dem Beginn des EM.TV-Prozesses wegen des größten Bilanzskandals am Neuen Markt vor dem Münchner Landgericht. Im Gegensatz zu den Haffa- Brüdern gehörte Schnabel eher zu den grauen Mäusen des Neuen Markts. Still und heimlich hat er nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft in den Jahren 1998 bis 2000 einen Großteil der Umsätze seiner Firma ComROAD frei erfunden und die Aktionäre damit bei Laune gehalten.

Luftbuchungen flogen auf

Das schöne Leben war jäh zu Ende, als durch eine Sonderprüfung im Frühjahr der Verdacht der Luftbuchungen aufkam. Schnabel wurde verhaftet und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Auch gegen seine Frau Ingrid, die im Aufsichtsrat saß, wird ermittelt. Bei den Schnabels ist nicht nur die Anklage mit 59 Seiten kürzer als bei den Haffas: Für den Prozess haben die Richter nur einen Tag angesetzt. Nach Einschätzung von Experten deutet das auf ein umfassendes Geständnis hin.


Mein Haus, meine Yacht, meine Jets


Florian und Thomas Haffa vor Gericht 839422
Haffa plant schon wieder den großen Auftritt  
 
Dieses eine Mal trägt er ihn bestimmt nicht, den Gürtel mit der Schnalle in Form eines »H«. H von Hermès. H wie Haffa. Dabei scheute der immer braun gebrannte Mann aus dem bayerischen Pfaffenhofen früher kein Klischee des Emporkömmlings. Doch am heutigen Montag wirkt Protz fehl am Platz. Thomas Haffa weiß das. Er steht vor Gericht.

Sein Name
stand einst für raketenhaften Aufstieg an der Börse. Haffa war der Superstar des Neuen Marktes. Heute verbinden Aktionäre mit seinem Namen nur noch Abzocke und Absturz. Vielleicht muss bald, wer A sagt, auch B sagen: Betrug. Die Münchner Staatsanwaltschaft will dem einstigen Chef der Münchner Filmhandelsfirma EM.TV beweisen, dass er zusammen mit seinem Bruder Florian die Bilanzen frisierte und mit falschen Prognosen den kränkelnden Aktienkurs hochzureden versuchte. Kommende Woche, nach einem Jahr penibler Spurensuche und Zeugenbefragungen, beginnt der Prozess, eines der spektakulärsten Wirtschaftsstrafverfahren seit Jahren.

Selten zuvor
hat sich Thomas Haffa auf einen Auftritt so gut vorbereitet wie auf diesen. Seit Wochen probt der 50-Jährige in München und in Kitzbühel für seinen großen Auftritt, trainiert von seinem Verteidiger, dem Frankfurter Strafrechtler Rainer Hamm, und einem ganzen Stab von Anwälten und Beratern. Auch der heutige EM.TV-Chef Werner Klatten schaute bei den Sitzungen vorbei. Haffa ist nervös - er sieht den Prozess aber auch als Chance für einen Neuanfang, heißt es in seinem Umfeld. Gleich zu Beginn der Verhandlung will er tun, was er schon immer am besten konnte: werben und verkaufen. Er will die Richterin davon überzeugen, dass er nie im Leben betrogen hat, »so wahr ich Thomas Haffa heiße«, wie er gerne mal hinzufügt. Gelingt das nicht, drohen dem Multimillionär Wasser und Brot statt Champagner und Kaviar. Und er will das Rampenlicht des Landgerichts München nutzen, so der aberwitzige Plan, um sein lädiertes Image aufzupolieren.

Flughafen München,
General Aviation Terminal. Hier stehen Firmenjets und Maschinen des örtlichen Geldadels im Hangar. Der des gescheiterten Medienmoguls Leo Kirch zum Beispiel. Auch Thomas Haffa unterhält einen Learjet und eine Challenger, die er vermietet. Er ist heute Chef der kleinen Fluggesellschaft Air Independence. Nichts in seinem Büro im ersten Stock des Terminals erinnert daran, dass Haffa - zumindest nach eigener Einschätzung - beinahe einmal so groß war wie Disney. Den Raum prägt schmuckloses Anthrazit und Grau. Weltkarte, schwarzes Telefon, kleiner Fernseher, Computer und ein Fernrohr für voyeuristische Blicke aufs Rollfeld. Haffa fühlt sich wohler, wenn er weiß, wer mit wem kommt und geht.

Eine Klimaanlage zieht die Temperatur selbst an mäßig warmen Tagen auf Gänsehautniveau herab. Thomas Haffa ist niemals kalt. Früher packten ihn cholerische Ausbrüche, wenn ihm ein Satz in einer EM.TV-Pressemitteilung missfiel. Heute sucht er sich den Stress auf dem Flugplatz. Er brauche »das bisschen Freude und Ärger eines Jobs«, sagt ein Haffa-Freund. Nötig hat er die Arbeit nicht. Seine Karriere schrumpfte zwar von Disney- auf Mickey-Maus-Größe, aber finanziell ist Haffa immer noch ein Dagobert: Während die meisten Kleinaktionäre von den »Fantastilliarden« nur träumen konnten, machte Haffa rechtzeitig Kasse. Vor allem zu Boomzeiten hatte er immer wieder eigene EM.TV-Aktien verkauft. Bis zu 250 Millionen Euro, munkelt die Branche, hätten er und seine Familie auf diese Weise in Sicherheit gebracht. Haffa-Freunde wissen, dass er schon vor seinem Ausstieg im vergangenen Jahr regelmäßig Aktienpakete verkauft hat. Bekannt ist ein Verkauf im Februar 2000 für 20 Millionen Euro an einen Schweizer Rentenfonds. Aber auch schon vorher hatte Haffa Anteile verscherbelt. Haffa schweigt dazu. Das Vermögen dürfte noch Generationen zu einem recht komfortablen Leben verhelfen. Aber das reicht ihm nicht. Er ist besessen von Geschäft, Erfolg und Anerkennung.

Thomas Haffa,
vor 50 Jahren am Bodensee geboren, wuchs in Pfaffenhofen inmitten der Holledau auf, dem größten zusammenhängenden Hopfenanbaugebiet der Welt. Den Hopfenbauern und der Region ging es damals nicht besonders, als Haffa kurz vor dem Abitur die Schule schmiss, um lieber dorthin zu ziehen, wo das Geld wächst - nach München. Was Haffa trieb, ist Anekdote. Autoverkäufer, Klinkenputzer für Schreibmaschinen, dann die Erleuchtung: Eine Muppets-Figur soll in einem Video »Verkauft! Verkauft! Verkauft!« gerufen haben, was der damals 22-jährige Tommy sofort persönlich nimmt. Haffa verkauft fortan Zeichentrickfiguren und Plüschpüppchen - erst im Auftrag von Kirch, dann auf eigene Rechnung. Er gründet EM.TV.

Ende 1997
gelingt dem Puppen-Spieler etwas, das heute als Kurswunder von Unterföhring gilt. Dort, im Speckgürtel Münchens, hat das Unternehmen seinen Sitz. Ohne erkennbaren Grund setzt die Aktie zu einem Schwindel erregenden Höhenflug an. Und Tommy, der Verkäufer? Der verspricht riesige Wachstumschancen und befeuert den Hype mit mittelmäßigen Erfolgsmeldungen: Hier ein paar Zeichentrickepisoden verkauft, dort mit Partnern große Pläne verabredet. Das reicht: Er ist der Messias der Anleger, die reißen ihm die Aktie aus der Hand. 200 Tage später, im Mai darauf, ist Thomas Haffa erstmals eine Milliarde Mark schwer. Und er schämt sich für nichts. Im Gegenteil: Haffa lässt die Klatschspalten teilhaben an seinem sagenhaften Aufstieg: Rolex, Sportwagen, Yachten, Partys - endlich hat die angegraute deutsche Wirtschaft ihren Dieter Bohlen. Zu Hause in Pfaffenhofen organisiert die örtliche Sparkasse Busfahrten für die Bauern, die das reiche Wunderkind der Stadt mal aus der Nähe sehen wollen.

Auch EM.TV
geht einkaufen: Anteile am TV-Sender TM3, die Muppets-Firma Jim Henson, einen Teil vom Rennzirkus Formel 1 und eine Hand voll Firmen, an die sich heute niemand mehr erinnern mag. »Wir gehören in den Dax«, posaunte Haffa heraus. »Ich will ein Medienbaron werden. Ich will groß sein.« Ob er bald Disney übernehmen werde, wird Haffa gefragt. Der zwinkert mit den Augen. In solchen Momenten sieht er dem jungen Gerhard Schröder ähnlich. »Kein Kommentar« - alles ist drin, nichts unmöglich. Die Anleger kaufen ihm anfangs jedes Wort ab. Was galt an der Börse schon der Wert einer Lufthansa? EM.TV hatte Kermit und Heidi, Ernie und Bert. Aktionären waren solche Figuren damals mehr wert als eine Flugzeugflotte.

»Wäre er nicht so smart«, urteilte der Promi-Schönheitschirurg Werner Mang über seinen Freund Haffa, »dann stünde der Aktienkurs nur halb so hoch.« Irgendwann wurde Haffa seine Segelyacht zu klein, und er verkaufte sie als »Top-Schnäppchen« an den Arzt. Mang hat ein paar Monate gebraucht, ehe ihm aufging, dass es ein mieses Geschäft war. Die Anleger von EM.TV beginnen erstmals im März 2000 an der Firma zu zweifeln. Die Aktie schmiert ab. Nur Thomas und sein Bruder Florian Haffa, damals Finanzvorstand, bleiben ihrem Kurs treu und verbreiten hemmungslosen Optimismus. Die Firma meldet falsche Halbjahreszahlen, die das Elend noch notdürftig verschleiern, und muss diese später korrigieren. Doch fragt man bei den Haffas nach, geht's dem Unternehmen wahlweise gut, super oder »sehr, sehr gut, super«. Die EM.TV-Story nimmt ein Ende mit Schrecken: Statt versprochener Riesengewinne muss die Firma später mehr als 1,3 Milliarden Euro Verlust ausweisen.

Ende 2000
kommt die Zeit der Abrechnung: In Haffas Nachbarschaft im Münchner Nobelstadtteil Bogenhausen verteilen verprellte Aktionäre Flugblätter. Worte wie »Verbrecher« stehen darauf und »Betrüger«. Ein Packen der Papiere wird direkt vor der 1.000-Quadratmeter-Villa abgelegt. Der Wind treibt sie die Straße herunter. TV-Teams postieren sich vor dem Haus. Sie bieten Nachbarn fünfstellige Summen, um von dort ein Teleobjektiv auf Haffas Wohnzimmer richten zu dürfen. Haffa, der große Zampano, leidet wie ein getretener Hund. Vor dem Aktionärstreffen im Sommer 2001 kneift er lieber. Er schmeißt alles hin und fährt nach Griechenland in Urlaub.

Natürlich,
so viel steht bereits vor der Verhandlung fest, beteuert Thomas Haffa seine Unschuld. Die Linie der Verteidigung ist nicht schwer auszumachen, vieles davon gaben die Herren schon in den Vernehmungen zu Protokoll: Bei all den »Big Deals« sei die Firma irgendwann an einen Punkt gelangt, an dem sie sich im Gestrüpp internationaler Rechnungslegung verhakt habe. Ohne jede Absicht, versteht sich, und stets unter den Augen der Wirtschaftsprüfer und Banken. Er habe ja Geschäft eingefahren, wenn auch nicht alle Einnahmen bilanzrechtlich als Gewinne verbuchbar gewesen seien, argumentiert der Haffa-Clan.

Wenn ich
gewusst hätte, dass das Unternehmen den Bach runtergeht, hätte ich dann nicht sofort meine eigenen Aktien losgeschlagen?, wird er der Richterin Huberta Knöringer zurufen. Seine Verteidigung folgt der Logik des Geldes. Nach stern-Informationen lag Haffa im Oktober 2000 ein schriftliches Angebot der Bank Sal. Oppenheim vor, ihm für 500 Millionen Euro ein Aktienpaket abzukaufen. Damals glaubten die Banker also offensichtlich noch an das Papier. Sal. Oppenheim will das nicht kommentieren. Dass Haffa ablehnte und mit dem Crash der EM.TV-Aktie auch einen Teil des Reichtums einbüßte, soll als stärkster Beleg seiner Unbedarftheit herhalten. Ob das ausreicht?

Die Staatsanwaltschaft lässt kaum ein gutes Haar an den Haffas. Sie hätten gewusst, dass die Halbjahreszahlen »unrichtig waren, und handelten in der Absicht, den Börsenkurs der EM.TV-Aktie positiv zu beeinflussen«, wirft sie den Brüdern vor. Auch die unrealistisch optimistischen Angaben zur geschäftlichen Entwicklung, die den gesamten Herbst 2000 hindurch noch mit »super« beschrieben wurde, habe allein dem Zweck der Kursmanipulation gedient. Mit welchen Luftnummern die beiden agiert haben sollen, wollen die Ankläger an einer Reihe geplatzter Deals belegen, etwa an einem vermeintlich kurz bevorstehenden Verkauf der Übertragungsrechte an der US-Zeichentrickserie »Simpsons«.

Das Beispiel
soll illustrieren, wie es zuging in der Glamourbranche. Am 13. Juni 2000 treffen sich die Haffas mit dem Medienunternehmer Leo Kirch. Sie verbindet ein Joint-Venture namens Junior-TV, in dem die Rechte für die meisten Kinderfilme lagerten. Die Runde wird sich schnell einig: Kirch solle sich in den USA darum kümmern, dass 248 Episoden der »Simpsons« gekauft würden - für 25 bis 30 Millionen Dollar. Haffa hat auch schon einen Käufer für die Filmchen im Hinterkopf: den Kirch-Sender Pro Sieben. Der soll dafür dann knapp 150 Millionen Euro bezahlen - das Fünffache. Warum Pro Sieben nicht direkt bei Kirch kaufen kann, diese Frage stellt sich offenbar keiner.

Ende September
besucht Thomas Haffa dann endlich denjenigen, der diese wundersame Geldvermehrung bezahlen muss: Pro-Sieben-Chef Urs Rohner. Der zeigt sich nicht abgeneigt, schlägt allerdings nicht gleich ein. Auch Kirchs Verhandlungen mit den »Simpsons«-Eigentümern in den USA hängen in der Luft. Trotzdem informiert Haffa seine Vorstandskollegen intern schon mal über den »Ankauf« der Serie durch Pro Sieben. Anfang Oktober 2000 auf der Fernsehmesse in Cannes wiederholt sich das Spielchen zwischen Haffa und Rohner, diesmal in weinseliger Atmosphäre. Ein paar Tage später sieht Pro Sieben das Geschäft schließlich nüchterner: zu teuer. Der Traum von den Millionen für EM.TV löst sich langsam auf.

Nur einer träumt
weiter von diesem Geschäft - Thomas Haffa. Oder wollte er nur, dass es so aussah, als fände dieser Traum nie ein Ende? Fest steht: Haffa brauchte dringend Erfolge, um seine Prognosen halten und den Fall der Aktie stoppen zu können. Bei EM.TV intern war die Stimmung auf dem Tiefpunkt. Die falschen Halbjahreszahlen hatten Vorstandskollege Ulrich Goebel, als ehemaliger Daimler-Manager ein Gegenpol zu dem schillernden Firmenboss, gegen die Haffas aufgebracht. Goebel hatte die Bilanz intern frühzeitig moniert und vor Geschäftsausfällen gewarnt. Heute ist er einer der Hauptbelastungszeugen der Anklage.

Auch der Aufsichtsrat
der Firma beäugte seit Anfang des Jahres misstrauisch das Treiben der Brüder: Beim Kauf der Formel 1 im Februar hatte sich Thomas Haffa selbstherrlich über einen Beschluss des Kontrollgremiums hinweggesetzt. Er sicherte dem Paten des Rennzirkus, Bernie Ecclestone, eine milliardenschwere Abnahmegarantie für weitere Formel-1-Anteile zu - allerdings ohne dem Aufsichtsrat zu folgen und die Kaufverpflichtung von Banken absichern zu lassen. Diesmal wollten die Kontrolleure wissen, ob die ambitionierten Geschäftsziele überhaupt noch erreichbar seien. Haffa blieb sich treu: Alles im Plan.

Vorbei die Party
Auf Feiern wird Haffa nur noch selten eingeladen. Und wenn, erzählen Freunde, treibe ihn das mulmige Gefühl um, als Kuriosität herhalten zu müssen. Ein Unrechtsbewusstsein plagt ihn dennoch nicht. Wer als Aktionär der ersten Stunde dabeigeblieben sei, habe selbst heute, bei einem Aktienkurs von rund einem Euro, noch einen Gewinn gemacht, gibt sich Haffa intern trotzig. Wie viele ihre Ersparnisse verloren, mag er lieber nicht nachrechnen. Aber die Haffas nahmen es mit Zahlen nicht immer so genau: Fällige Abschreibungen wurden bei EM.TV auch zu Boomzeiten schon auf Jahre hinaus gestreckt, erwartete Einnahmen im Vorgriff verbucht. Damals hat nur niemand nachgerechnet. Einen Teil dieser Praktiken weist ein Gutachten des Münchner BWL-Professors Wolfgang Lück nun als branchenüblich aus. Das macht es kaum besser, aber es soll die Haffas entlasten. Dem Möchtegern-Disney ging es immer nur um das eine: Deals, Deals, Deals - viele seien »zum Greifen nahe« gewesen, sagte Thomas Haffa den Ermittlern. Und auch intern zeigt er sich überzeugt: Ein paar der geplatzten Geschäfte hätte er sicher noch hingebogen, wenn ihm die Zeit geblieben wäre.

Im Spätsommer
dieses Jahres düste Thomas Haffa nach langer Zeit mal wieder an eine seiner alten Wirkungsstätten - in die Metropole des Films, nach Los Angeles. Top secret: Verhandlungen für EM.TV, das ihm immer noch zu 17,5 Prozent gehört, offiziell aber nicht mehr so gern mit seinem Gründer gesehen wird und deswegen nicht kommentieren will »wer wie was angebahnt hat«: Das Unternehmen versucht gerade, die Muppets-Firma Jim Henson Company zu versilbern, die Haffa einst teuer einkaufte. Niemand soll wissen, dass der gefallene Unternehmensgründer noch mitmischt. Under-Cover-Haffa lässt alte Kontakte spielen. »Es gab aber nie einen Auftrag an ihn«, sagt ein EM.TV-Sprecher. Doch so ein »Big Deal«, ahnt Haffa wohl insgeheim, das wäre nichts für seinen Nachfolger Klatten, der sich im Kleinen müht. Da muss einer wie er ran, ein Vollblut-Unternehmer. Ja, Haffa hat ein gutes Gefühl. Er kriegt den Deal hin, in zwei Wochen ist Henson verkauft. Vielleicht auch in drei oder vier. Aber was zählen schon Wochen, wenn die Gespräche so gut laufen. Hat er »gut« gesagt? Ach was, sehr gut. Super.

Florian und Thomas Haffa vor Gericht 839422
Happy End:

Geblendet vom eigenen Licht

 
04.11.02 14:41
Thomas Haffa ist die schillerndste Figur im Drama der New Economy. Jetzt steht er vor Gericht - und mit ihm eine ganze Ära. Ein Lehrstück

Wieder so eine Frage, die wehtut. Der Mann im grauen Anzug kneift die Augen zusammen. "Es stimmt", sagt er, "wir hätten es sehen müssen." Er atmet tief aus; es klingt wie ein Ballon, aus dem Luft entweicht. "Dass da eine riesige Blase entstand, die platzen würde." Räuspern, An-der-Krawatte-Zupfen, Erleichterung. Hat ja sonst auch keiner was gemerkt.

Zum Glück hat Frank Elsner heute einen anderen Job. Er ist nicht mehr Börsenjournalist. Er schreibt nicht mehr über den Neuen Markt und den angeblichen Anbruch einer Ära, in der sich Geld wie rasend zu vermehren schien. Er berichtet nicht mehr über jubelnde Vorstände, Banker und Aktionäre; auch nicht über den Aufstieg der kleinen Münchner Medienfirma EM.TV zum Beinahe-Weltimperium, zum Konzern aus der Wundertüte, der dann tosend zerstob. Frank Elsner ist ihr Pressesprecher.

Hätte er die Katastrophe kommen sehen, er würde vielleicht nicht diesen grauen Anzug tragen, der ihm hilft, Haltung zu bewahren. So viele Fragen, die wehtun: Wie verdient man Geld in einem kaputten Markt? Wie lebt man mit dem Ruf des Verlierers? Man könnte über die Wende von Elsners Karriere schmunzeln, enthielte sie nicht ebenso viel Bitteres wie sein Satz: "EM.TV wird heute wie ein normales Unternehmen geführt." Gestern, das war der Wahnsinn, nicht ganz normal. Heute werden hart gesottene Sprecher gebraucht.

Andere Boomfirmen erwiesen sich als Betrüger, gingen Pleite - EM.TV lebt. Die Firma ist immer noch börsennotiert, mit neuem Chef, neuen Großaktionären, Vorständen und Aufsichtsräten. Niemand bei EM.TV redet noch gern über die alte Zeit, auch der neue Chef nicht, der ehemalige Spiegel-Manager Werner Klatten. Die Vergangenheit haftet an der Firma wie der Ruch von Laster und Ausschweifung. Sie haftet auch an dem Gebäude in Unterföhring, acht S-Bahn-Stationen vom Münchner Zentrum entfernt. Ein paar Quadratkilometer kriselnde Medienindustrie, ProSieben, die insolvente KirchMedia. An einem Acker ein strahlender Kasten mit wehenden Fahnen, zwei Dachterrassen, auf denen Bäume wachsen, die Außenwände hell lackiertes Metall: EM.TV. Frank Elsner führt durch die Räume. Verkniffenes Lächeln, der ganze Protz irgendwie peinlich. Er sagt: "Wir würden gern ausziehen. Wir finden nur keinen Nachmieter."

Geschäfte machen wie auf Droge

Man muss nahe herantreten an den Büropalast, um durch die getönten Scheiben zu blicken. Man sieht Natursteinwände, poliertes Holz. Man sieht den Geist von Thomas Haffa. Der ehemalige Firmenchef in weißem Hemd, mit Föntolle, braun gebranntem Lächeln. Im dunklen Glas seiner Pilotenbrille das breite Grinsen des Formel-1-Managers Bernie Ecclestone. Ein Bild aus dem Frühjahr 2000, dem Höhepunkt des Börsenrauschs. Haffa hat Ecclestone gerade die Hälfte seiner Anteile an der Rennserie abgekauft, für mehr als drei Milliarden Mark.

Es ist eine Zeit, in der alles möglich scheint. In der junge Firmenchefs mit ein paar Ideen an der Börse Geld sammeln, so viel sie wollen; die internationalen Finanzplätze sind in diesen Tagen Fässer voll Gold, die überquellen. Alte Regeln, wie Wirtschaft zu funktionieren hat, scheinen außer Kraft gesetzt - und mit ihnen deutsche Werte wie Treue und Pflichterfüllung. Die alte Wirtschaft war eine Stufenleiter, die man gekrümmt hinaufstieg; sie war autoritär, mit strengen Regeln. Sie brauchte ein Volk, das es hinnahm, gebückt zu gehen. Die neue Wirtschaft ist ein Ort von Spaß und Neugier, an dem sich jeder ausprobieren darf. Ein Spiel, ein Abenteuer, das bisher immer gut ausging. Keiner bangt mehr um seinen Arbeitsplatz oder seine Rente. Jeder hofft, er ist mit 40 reich. New Economy, das klingt wie Droge, wie ein neues Ecstasy. Niemand ahnt, dass der Kater größer sein wird als der Rausch.

Das glänzende Firmengebäude von EM.TV, die Mir-gehört-die-Welt-Brille des Thomas Haffa: Man könnte über diese Posen lachen, wären sie nicht Beiwerk eines Lehrstücks, vielleicht das traurigste der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Haffa ist mitverantwortlich für den Niedergang der Medienfirmen und des Neuen Markts, für die Mutlosigkeit der Investoren, für die Depression, die längst auch die alten Firmen erfasst hat - und dafür, dass die grauen Männer zurückgekehrt sind in die Chefetagen. Haffa ist mit schuld an der Lähmung des Landes.

Thomas Haffa, geboren 1952 am Bodensee, aufgewachsen in Pfaffenhofen bei München. Schulabbrecher, Lehrling bei einem Autohändler, Verkäufer für den Schreibmaschinenhersteller IBM. Anfang der achtziger Jahre trifft er den Münchner Filmgroßhändler Leo Kirch. Er baut für ihn das Videogeschäft auf, dann das Merchandising - er will mit Filmfiguren aus Plüsch und ihren Abbildern auf Plastikbechern Geld verdienen. 1989 macht Haffa sich selbstständig, spezialisiert sich auf Kinderfilmrechte und deren Vermarktung, Biene Maja, Pippi Langstrumpf. 1997 geht er mit EM.TV an die Börse für Risikokapital, den eben gegründeten Neuen Markt. Keiner ahnt: Wer für ein paar tausend Mark Aktien kauft, ist drei Jahre später Millionär.

So eine Firma, solche Produkte, so einen Firmenchef hat die deutsche Börse noch nicht gesehen. Haffa handelt nicht etwa mit Autoersatzteilen oder Maschinen, sondern mit Trickfilmen und deren Verwertungsrechten. "Trickfilme altern nie", sagt er und verspricht gigantische Wachstumsraten.

"Er sah gut aus, war redegewandt, sehr überzeugend, ein amerikanischer Dealmaker", erinnert sich Bernard Tubeileh vom Brokerhaus Merrill Lynch, damals 28, der die Zukunftschancen von Medienfirmen bewertet. Haffas Firma macht wenig Gewinn, aber der Mann verkauft Zukunft, viel Zukunft. Seine Visionen beeindrucken Tubeileh so sehr, dass er die Aktie immer wieder zum Kauf empfiehlt, auch den Kleinanlegern im Fernsehen, was er heute bereut. Ehemalige Angestellte Haffas erinnern sich an den Boss der frühen Jahre als "von unendlichem Ehrgeiz getrieben". Einer sagt: "Er hatte dieses Verrückte in den Augen, den Willen, sein Ding unbedingt durchzuziehen."

Jeder bekommt alles, sofort

Kleiner Verkäufer Superstar: Wie Haffa glauben macht, er baue eine Weltfirma auf; wie es ihm mit der Kraft seiner Autosuggestion beinahe gelingt; wie er vom Börsenrausch getrieben wird und diesen weiter anfacht - der Filmhändler Michael Kölmel hat es beobachtet und den Sog am eigenen Leib erlebt. Ein Mann mit einem erschöpften Lächeln, wie weich gezeichnet vom eigenen Aufstieg und Untergang. Gerade hat er seinen bankrotten Filmverleih Kinowelt von den Gläubigern zurückgekauft, um wieder ganz von vorn anzufangen. Viele Konkurrenten sind pleite, das große Geschäft macht keiner mehr. Kölmel wirkt beinahe erleichtert. Er habe sich auch anstecken lassen, sagt er - von der Begeisterung, von den Möglichkeiten des vielen Geldes. Was hätte er anderes tun sollen, als es mit beiden Händen auszugeben? Der Boom trieb die Preise, er musste mitbieten um immer teurere Filme. Kinowelt musste wachsen, musste - wie Haffa - immer neue Firmen kaufen. "Die anderen hätten uns sonst an die Wand gedrückt." Der Kurs der Kinowelt-Aktie stieg und stieg "im Schlepptau von EM.TV".

Kölmel aber macht sich Haffa zum Feind, zweifelt öffentlich an der Wunderstory. Er drängt Haffas jüngeren Bruder Florian, EM.TV-Finanzvorstand mit abgebrochenem BWL-Studium, er solle "nicht immer wahnsinnigere Sachen versprechen, sonst bricht alles zusammen". Kölmel trifft Thomas Haffa in einer Bank - Vorstellung von Medienfirmen, großer Runder Tisch, alle wie besoffen. "Jetzt greifen wir Disney an!", habe Haffa gerufen, die Banker hätten genickt. Für Kölmel war das "Kabarett". Gut, dass es vorbei ist. Eigentlich schönere Zeiten jetzt. Weniger Konkurrenz, weniger Neid und Missgunst. Weniger Eitelkeiten. Ach ja: "Mit so einer Brille aufzutreten, würde sich heute auch keiner mehr trauen." Haffa wollte wohl nicht geblendet werden vom eigenen Licht.

Zwischen Herbst 1999 und Frühjahr 2000 erreicht er seine größte Strahlkraft. In der Unterföhringer Tiefgarage von EM.TV stehen Jaguars, BMW Z8, Porsche Cabrios - die Mitarbeiter haben ihre ersten Aktienoptionen eingelöst. Das Weihnachtsbüfett ist von Feinkost Käfer. Haffa gibt Partys auf seiner 35-Meter-Yacht im Hafen von Cannes. Dutzende von Mitarbeitern einer US-Bank sind da. Es wird getanzt, viele sind betrunken vom Champagner, "sehr ausgelassen, aber nicht prollig", sagt einer, der dabei gewesen ist. Die Welt der fest geschnürten Krawatten feiert, dass sie jetzt auch eine Welt des Glamours ist. Sie erliegt dem Leuchten eines Thomas Haffa - er ist der Bote einer neuen Zeit, der Traum von jedermanns Spiegelbild. Thomas Haffa leistet sich neben den üblichen Insignien des Reichtums, der Hochseeyacht, dem Privatkoch, neben Häusern in München und Kitzbühel: eine Harley. Die grauhaarigen Herren aus den Vorstandsetagen sind tot, zumindest braucht sie keiner mehr. Jeder bekommt alles, und zwar sofort.

Später im Jahr, EM.TV lädt zum Oktoberfest, wird der Fondsmanager Kurt Ochner gesehen, der auf Bierbänken Handstände macht. Auch er hat viel verdient an EM.TV, wie die Banker an ihren Transaktionen und Kapitalerhöhungen; er soll den Kurs gezielt nach oben getrieben haben, wie einige Analysten und Journalisten, zum Vorteil seiner Fonds bei der Bankgesellschaft Julius Bär - ein riskantes Spiel, das Ochner ein halbes Jahr später seinen Job kosten wird. Ein Fondsmanager, der Handstände macht: so viel Lebenslust, so viele verrückte Träume. Dabei geht es für Leute wie ihn eigentlich immer nur um Geld, nicht um die Dinge, die man davon kaufen kann. Es geht um die Droge, das Aufputschmittel, die flüchtige Essenz der Macht.

Im März 2000 leidet das internationale Finanzsystem an Blähungen. EM.TV ist an der Börse 27 Milliarden Mark wert. 13 von 15 Bankhäusern empfehlen die Aktie trotzdem weiter zum Kauf. Bernard Tubeileh, einer der Optimisten, ist bis heute überzeugt: "EM.TV war kein Wolkenkuckucksheim. AOL und Yahoo stiegen ja auch ins Blaue. Haffa kam nur vor der Ziellinie ins Stolpern. Er war naiv, hat sich selbst überschätzt." Thomas Haffa kauft die Formel 1. Und stürzt. Ein ehemaliger Mitarbeiter hat es miterlebt. Ein junger Mann in Jeans, Polohemd, nicht arbeitslos. Er will, "dass einer auch mal was Positives über Haffa sagt". Er weiß, die Geschichte klingt, "als wären wir damals alle auf Drogen gewesen". Wie soll man diese Euphorie heute jemandem erklären? "Genügend Leute fanden damals, wir machten alles richtig."

Mit dem Abschluss des Formel-1-Geschäfts beginnt der Kurs der EM.TV-Aktie zu fallen. Eine Trickfilmfirma und Autorennen? Die Analysten beginnen zu zweifeln. Auch Haffas Mitarbeiter hat das Gefühl, diesmal geht es nicht gut: "Wir können doch nicht mal die Kreditzinsen zahlen." Er blickt auf zu seinem Chef, der eben "eine Art Künstler" ist, kein Buchhalter. Und der verträgt keine Kritik. "Ich blick das schon", blafft er, wenn Angestellte am Sinn von Zukäufen zweifeln. Vielleicht glaubt er selbst zu sehr an das eigene Bild, das von der Innenseite der Brille zurückgeworfen wird - an den öffentlichen Haffa, an die Bewunderung, die er erzeugt. Er verteidigt den Bilanztrick, Umsätze neuer Deals sofort zu verbuchen, obwohl sie erst Jahre später zu erwarten sind. So bläht er den Umsatz auf. Die Luft muss irgendwann entweichen: Ende 2000 meldet EM.TV statt wie gewohnt steigender Gewinne einen Milliardenverlust. Eine geheime Verkaufsoption Bernie Ecclestones, durch die Haffa gezwungen werden kann, weitere Anteile der Formel 1 zu übernehmen, stanzt der Wunderstory das endgültige Verfallsdatum ein.

Bis Haffa im Juli 2001 von seinem Posten als Vorstandsvorsitzender zurücktritt, ist das Image des genialen Unternehmers zerstört. Anleger beschimpfen Haffa als Verbrecher. Die Aktie ist von ihrem Hoch bei 120 Euro auf 3 Euro gestürzt. Milliarden sind vernichtet, sind von den Konten der Naiven auf die der Gerissenen gewechselt. Die Formel 1 fällt als Pfand an die Gläubigerbanken. Thomas Haffa verkauft die meisten seiner Anteile an den neuen Geschäftsführer Werner Klatten - und taucht ab.

Am kommenden Montag wird er zum ersten Mal wieder öffentlich auftreten, ohne das Grinsen, ohne die Brille. Mit seinem Bruder Florian wird er in München vor Gericht stehen, bei einem Strafprozess wegen Kursbetrugs. Die Haffas sollen gewusst haben, dass die Geschäftsprognosen, die sie abgaben, unhaltbar waren. Es drohen auch Privatklagen von Anlegern auf Schadensersatz. Der Schaden, den Thomas Haffa angerichtet hat, lässt sich jedoch nicht allein in Geldbeträgen messen. Haffa berauschte sich an seiner vermeintlichen Größe, ohne Sinn für Verantwortung. Er hat das Bild des neuen Unternehmers, das Bild des Aufbruchs zerstört.

EM.TV hat sich seine Visionen unter Schmerzen abgewöhnt. Die Aktie kostet weniger als einen Euro. Nächstes Jahr wird sie eine gewöhnliche deutsche Aktie sein; der Neue Markt ist dann abgeschafft. Die Firma träumt nicht mehr von Autorennen, von der eigenen Welt-Spielzeugmarke, vom globalen Filmverkauf im Internet. Sie träumt bescheiden von Jugendfilmen und Sport-Events. "Zeichentrick allein genügt nicht", sagt der Sprecher Frank Elsner. Auch das ist ihm als Börsenjournalisten nicht aufgefallen.

Thomas Haffa lebt in München. 50 Jahre alt, verheiratet, zwei Kinder. Sein Vermögen wird auf mindestens 250 Millionen Euro geschätzt. Über den anstehenden Prozess mag er nicht sprechen. Freunde sagen, es gehe ihm sehr gut.

www.zeit.de/2002/45/Kultur/200245_haffa_neu.html
Schnorrer:

Lichtgestalten im Irrlichteruniversum

 
04.11.02 14:48
Prost und Mahlzeit, wer heute noch zur Arbeit geht und seine Steuern zahlt. Den Stempel "Volldepp" kann jeder bei mir abholen und sich auf die Stirn drücken.

PS: ich bin daran zu erkennen, daß "Volldepp" auf meiner Stirn steht ....
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