Fitnesswelle in China
Strampeln für die Volksgesundheit
Von Simone Schweitzer, Peking
Wenn Herr Wang und seine Frau etwas für ihre Gesundheit tun wollen, dann gehen sie spazieren - nicht vorwärts, sondern rückwärts. Das stärkt die vernachlässigten Muskeln, glaubt das Rentnerehepaar. Mit dieser Überzeugung stehen, oder besser, gehen sie nicht allein.
Wie die Wangs pflegen jeden morgen Zehntausende von Pekingern in den Parks Körper und Seele: Die einen praktizieren Taijiquan und Qi Gong (Atem- und Bewegungsübungen), andere schlagen wild mit den Armen um sich, schreien Bäume an, joggen oder hüpfen.
Viele treffen sich zu früher Stunde vor Einkaufszentren oder unter den Brücken der Stadtautobahn und tanzen dort Walzer, Foxtrott oder Rumba. Auch traditionelle chinesische Tänze, bei denen die Pekinger sich selbst und ihre Fächer sanft im Takt wiegen, sind populär.
Dies alles dient der Gesundheit, die schon immer ein wichtiges Thema in China war. Doch in den letzten Jahren ist sie vor allem für ältere Bürger noch kostbarer geworden. Denn mit den Wirtschaftsreformen wurde auch das sozialistische Gesundheitswesen erschüttert: Ärztliche Fürsorge und Medikamente kosten nun viel Geld, und wer wie die Wangs knapp bei Kasse ist, tut alles, um den teuren Gang in die Poliklinik zu vermeiden.
Nicht nur die Alten achten auf ihre Gesundheit. Auch Pekings Jugend hält sich fit. Sie hat jedoch mit den Aktivitäten ihrer Eltern und Großeltern kaum noch etwas im Sinn. Mit wachsendem Einkommen steigen auch die Ansprüche der jungen Leute, ihre Freizeit zu gestalten: Fitnessstudios, die mit großem Angebot und billigen Preisen Mitglieder locken, liegen mittlerweile in Chinas Großstädten voll im Trend. Bald wird mit "California Fitness Network" die erste internationale Kette eine Filiale in Peking eröffnen.
Ein einheimisches Studio ist der "Mahua Fitness Club" in Pekings Innenstadt. Im zweiten Kellergeschoss eines Kulturzentrums mit Bücherei, Musikschule und Kino versuchen sich junge Männer und Frauen in Form zu bringen. Die Luft ist dick, es riecht nach Schweiß, an den Wänden hängt ein Bild des amerikanischen Muskelpakets Arnold Schwarzenegger. Rudermaschinen, Laufbänder und Hantelbänke sind auf 300 Quadratmetern so eng zusammengepfercht, dass kaum Platz zwischen ihnen ist.
Nebenan liegt der Gymnastikraum: Lionel Richie dröhnt aus den Lautsprechern, eine junge Chinesin turnt vor und schreit dabei in ein Mikrofon. Etwa 20 Frauen in Jogginghose und T-Shirt versuchen die Bewegungen nachzumachen. In den verspiegelten Wänden können sie sich selbst beobachten - Aerobic auf chinesisch.
200 Yuan (ca. 26 Euro) im Monat kostet die Mitgliedschaft im "Mahua Fitness Club". "Das Geschäft läuft sehr gut", freut sich Kursleiterin Li Wei. "Immer mehr Leute melden sich an. Die Kunden sind vor allem Studenten der nahe gelegenen Theater-Akademie. Mittlerweile kommen sogar Ausländer."
Betuchtere Chinesen trimmen sich in einem der exklusiven Fitnessstudios in Pekings internationalen Hotels. Aufnahmegebühren von 5000 Yuan (knapp 660 Euro) und Mitgliedsbeiträge von 1000 Yuan (ca. 132 Euro) im Monat sind dort keine Seltenheit. Dafür bieten sie zusätzlichen Luxus: Schwimmbäder, Solarien, Tennisplätze und Whirlpools.
Für alle, die morgens nicht in den Park wollen und die sich kein Fitnessstudio leisten können, gibt es in Peking seit kurzer Zeit eine weitere Möglichkeit, in Form zu bleiben: Spielplätze für Erwachsene. Sie sind ausgestattet mit bunten Übungsgeräten und finanziert von der Chinesischen Sportlotterie. Über 100 Millionen Yuan (ca. 13,2 Millionen Euro) hat sie letztes Jahr in 1121 Plätze investiert.
Schüler und Verkäuferinnen verbringen hier ihre Mittagspause, Großeltern kommen mit ihren Enkeln für einen Plausch mit den Nachbarn vorbei. Während sie Gewichte stemmen oder auf kleinen Metallschaukeln ihre Beine hin- und herschwingen, unterhalten sie sich über das Wetter und die Neuigkeiten aus der Familie.
Mittlerweile sind die Trimm-Dich-Plätze so beliebt, dass die Stadt in diesem Jahr weitere 1300 einrichten will. "Ich finde die Geräte super," sagt Xu Changlin, 40, die gerade auf einem Trimmrad strampelt. "Egal, ob es regnet oder stürmt, ich bin hier jeden Tag. Früher war ich oft erkältet, seit ich regelmäßig hierher komme, bin ich gesund."
Strampeln für die Volksgesundheit
Von Simone Schweitzer, Peking
Wenn Herr Wang und seine Frau etwas für ihre Gesundheit tun wollen, dann gehen sie spazieren - nicht vorwärts, sondern rückwärts. Das stärkt die vernachlässigten Muskeln, glaubt das Rentnerehepaar. Mit dieser Überzeugung stehen, oder besser, gehen sie nicht allein.
Wie die Wangs pflegen jeden morgen Zehntausende von Pekingern in den Parks Körper und Seele: Die einen praktizieren Taijiquan und Qi Gong (Atem- und Bewegungsübungen), andere schlagen wild mit den Armen um sich, schreien Bäume an, joggen oder hüpfen.
Viele treffen sich zu früher Stunde vor Einkaufszentren oder unter den Brücken der Stadtautobahn und tanzen dort Walzer, Foxtrott oder Rumba. Auch traditionelle chinesische Tänze, bei denen die Pekinger sich selbst und ihre Fächer sanft im Takt wiegen, sind populär.
Dies alles dient der Gesundheit, die schon immer ein wichtiges Thema in China war. Doch in den letzten Jahren ist sie vor allem für ältere Bürger noch kostbarer geworden. Denn mit den Wirtschaftsreformen wurde auch das sozialistische Gesundheitswesen erschüttert: Ärztliche Fürsorge und Medikamente kosten nun viel Geld, und wer wie die Wangs knapp bei Kasse ist, tut alles, um den teuren Gang in die Poliklinik zu vermeiden.
Nicht nur die Alten achten auf ihre Gesundheit. Auch Pekings Jugend hält sich fit. Sie hat jedoch mit den Aktivitäten ihrer Eltern und Großeltern kaum noch etwas im Sinn. Mit wachsendem Einkommen steigen auch die Ansprüche der jungen Leute, ihre Freizeit zu gestalten: Fitnessstudios, die mit großem Angebot und billigen Preisen Mitglieder locken, liegen mittlerweile in Chinas Großstädten voll im Trend. Bald wird mit "California Fitness Network" die erste internationale Kette eine Filiale in Peking eröffnen.
Ein einheimisches Studio ist der "Mahua Fitness Club" in Pekings Innenstadt. Im zweiten Kellergeschoss eines Kulturzentrums mit Bücherei, Musikschule und Kino versuchen sich junge Männer und Frauen in Form zu bringen. Die Luft ist dick, es riecht nach Schweiß, an den Wänden hängt ein Bild des amerikanischen Muskelpakets Arnold Schwarzenegger. Rudermaschinen, Laufbänder und Hantelbänke sind auf 300 Quadratmetern so eng zusammengepfercht, dass kaum Platz zwischen ihnen ist.
Nebenan liegt der Gymnastikraum: Lionel Richie dröhnt aus den Lautsprechern, eine junge Chinesin turnt vor und schreit dabei in ein Mikrofon. Etwa 20 Frauen in Jogginghose und T-Shirt versuchen die Bewegungen nachzumachen. In den verspiegelten Wänden können sie sich selbst beobachten - Aerobic auf chinesisch.
200 Yuan (ca. 26 Euro) im Monat kostet die Mitgliedschaft im "Mahua Fitness Club". "Das Geschäft läuft sehr gut", freut sich Kursleiterin Li Wei. "Immer mehr Leute melden sich an. Die Kunden sind vor allem Studenten der nahe gelegenen Theater-Akademie. Mittlerweile kommen sogar Ausländer."
Betuchtere Chinesen trimmen sich in einem der exklusiven Fitnessstudios in Pekings internationalen Hotels. Aufnahmegebühren von 5000 Yuan (knapp 660 Euro) und Mitgliedsbeiträge von 1000 Yuan (ca. 132 Euro) im Monat sind dort keine Seltenheit. Dafür bieten sie zusätzlichen Luxus: Schwimmbäder, Solarien, Tennisplätze und Whirlpools.
Für alle, die morgens nicht in den Park wollen und die sich kein Fitnessstudio leisten können, gibt es in Peking seit kurzer Zeit eine weitere Möglichkeit, in Form zu bleiben: Spielplätze für Erwachsene. Sie sind ausgestattet mit bunten Übungsgeräten und finanziert von der Chinesischen Sportlotterie. Über 100 Millionen Yuan (ca. 13,2 Millionen Euro) hat sie letztes Jahr in 1121 Plätze investiert.
Schüler und Verkäuferinnen verbringen hier ihre Mittagspause, Großeltern kommen mit ihren Enkeln für einen Plausch mit den Nachbarn vorbei. Während sie Gewichte stemmen oder auf kleinen Metallschaukeln ihre Beine hin- und herschwingen, unterhalten sie sich über das Wetter und die Neuigkeiten aus der Familie.
Mittlerweile sind die Trimm-Dich-Plätze so beliebt, dass die Stadt in diesem Jahr weitere 1300 einrichten will. "Ich finde die Geräte super," sagt Xu Changlin, 40, die gerade auf einem Trimmrad strampelt. "Egal, ob es regnet oder stürmt, ich bin hier jeden Tag. Früher war ich oft erkältet, seit ich regelmäßig hierher komme, bin ich gesund."