Kreditkrise
Finanzmärkte vor neuem Belastungstest
Nach einer Woche, in der die Notenbanken weltweit mit nahezu beispiellosen Milliarden-Spritzen das Bankensystem alimentierten, droht dem internationalen Finanzsystem am Montag eine neue Belastungsprobe. Neue Informationen über Großbanken-Verluste könnten den lähmenden Vertrauensverlust am Geldmarkt verschlimmern. Am Wochenende sickerte durch, dass die amerikanische Citigroup mit Kreditanleihen mehr als 500 Millionen Dollar (365 Millionen Euro) verloren haben soll. Einige Wall-Street-Rivalen könnten noch höhere Verluste verbuchen, hieß es.
Die Folgen der Globalisierung des Finanzsystems zeige sich auch deutlich in Europa. „Die Frage ist nicht mehr nur, welches Unternehmen ist betroffen, sondern in welchem Ausmaß.“, sagt Marktstratege Christian Schmidt von der Helaba. Ein WestLB-Sprecher räumte am Wochenende ein, die Bank habe „über alle Positionen des Handels- und Bankbuchs 1,25 Milliarden Euro in Subprime-Wertpapieren investiert“. Er bestätigte damit einen entsprechenden Bericht der „Börsen-Zeitung“. Von diesen Papieren seien 98 Prozent mit einem Rating von „A“ oder besser oder 87 Prozent mit „AA“ oder besser ausgestattet.
WestLB und Postbank mit umfangreichen Subprime-Engagements
Mehr als eine Milliarde Euro hat die WestLB in Subprimes investiert
Die Postbank gab an, man sei noch dabei, das genaue Engagement im Subprime- Markt festzustellen. Ende Juli hatte die Bank bereits das Volumen von Anleihen, in denen auch Subprime-Kredite (Hypothekenkredite der niedrigsten Bonitätsstufe) stecken könnten, mit 800 Millionen Euro angegeben. Nun wurde bekannt, dass die Postbank mit 600 Millionen Euro bei zwei Gesellschaften des von der Krise schwer getroffenen Rhineland-Fonds der IKB engagiert war. Von dieser Summe entfalle aber höchstens ein Drittel auf Immobilienkredite und die meisten davon seien von hoher Qualität, betonte ein Sprecher am Sonntag. Was davon „Subprime“ sei, werde analysiert.“ Die Bank habe die Investition inzwischen in die eigenen Bücher genommen.
Auch die Insolvenzen in den Vereinigten Staaten ziehen weitere Kreise. Nachdem am Donnerstag die HomeBanc Corporation einen Konkursantrag stellte, wurde bekannt, dass neben amerikanischen Banken auch Deutsche Bank, Commerzbank und die französische Großbank BNP Paribas zu den Gläubigern gehören. Auch eine Tochter der belgisch-niederländischen Bank Fortis taucht in der Liste der Gläubiger des amerikanischen Geldverleihers auf. Größter Aktionär von Homebanc ist die FMR Corp, die Mutterfirma der Fondsgesellschaft Fidelity. FMR halte ein Sechstel der Homebanc-Aktien, erklärte die Hypothekenfirma.
Keine Änderung der geldpolitischen Linie erwartet
Volkswirte rechnen in den nächsten Tagen mit weiteren Aktionen der Notenbanken, die in zwei Tagen mehr als 200 Milliarden Euro in den Markt gepumpt hatten, um die Liquidität der Banken zu sichern. Viele Experten sehen darin aber nur eine vorübergehende Maßnahme und halten an ihrem langfristigen Ausblick für die Geldpolitik fest. Indes will etwa Volkswirt Jan Hatzius von Goldman Sachs eine „Notfall-Senkung“ nicht ausschließen.
Für die Fed dürfte in den kommenden Tagen vor allem wichtig sein, wie die Inflationsdaten ausfallen, die am Dienstag in Form der Erzeugerpreise und am Mittwoch mit den Verbraucherpreisen anstehen. Auch die am Freitag zur Veröffentlichung stehenden Daten zum Verbrauchervertrauen im August werden mit Spannung erwartet.
Hinzu kommt, dass in China die Verbraucherpreise im Juli um 5,6 Prozent über denen des Vorjahresmonats lagen. Dies ist der höchste Anstieg in zehn Jahren, liegt weit über den Zielvorgaben der Regierung und ist nicht zuletzt eine Folge höherer Importpreise aufgrund des niedrige gehaltenen Wechselkurses. Sollte China den Yuan abwerten, dürften die Importpreise in den Vereinigten Staaten noch deutlicher anziehen als zuletzt.
Konjunkturoptimismus in Deutschland
Über die weitere Entwicklung sind sich Marktbeobachter uneins. Die einen verweisen darauf, dass in den Vereinigten Staaten noch fast zehn Billionen Dollar Hypothekenkredite ausstehen, davon rund ein Drittel mit schlechter oder zumindest nicht primärer Bonität. Die „Wirtschaftswoche“ zitiert unter anderen den Aachener Private-Equity- Experten Ralf Fix mit den Worten, für viele Anleger habe sich „ein Tor zur Hölle“ geöffnet. Was dahinter hervorkomme, wisse niemand wirklich.
In Deutschland fröhnen Experten dagegen dem Optimismus. So sagte der Wirtschaftsweise Bert Rürup, er sehe noch keine gravierenden Auswirkungen auf die robuste Konjunktur in Deutschland. „Die Krise wird auf die Finanzmärkte beschränkt bleiben, zumal sich die EZB außerordentlich klug verhält und den Markt ausreichend mit Liquidität versorgt“, sagte Rürup der „Berliner Zeitung“.
Das Hamburger Wirtschaftsforschungsinstitut HWWI erwartet gleichfalls keinen Dämpfer für den deutschen Wirtschaftsaufschwung. „Die deutsche Konjunktur ist sehr robust und wird durch die Binnennachfrage getragen.“, sagte der Konjunkturchef des Hamburgischen Weltwirtschafts-Instituts, Michael Bräuninger, dem Hamburger Abendblatt (Montagsausgabe) laut Vorab-Bericht.
Selbst wenn die Aktien vorübergehend an Wert verlören, hieße dies nicht automatisch, dass darunter die Konjunktur leide. Eine Bankenkrise in Deutschland hält der HWWI-Konjunkturchef derzeit für ausgeschlossen.
Aktienschwäche wird als „übertrieben“ betrachtet
Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Norbert Walter argumentierte in der „Neuen Presse“: „Es ist immer noch sehr viel Geld im Markt, für das rentable Anlagen gesucht werden.“ Er halte „extreme Aufregung über die Ereignisse für völlig überzogen“, ergänzte Walter in der „Börsen- Zeitung“, der Wirtschaftsaufschwung sei solide, die Gewinnsituation der Unternehmen gut.
Der Chef des Deutschen Aktieninstituts, Rüdiger von Rosen, schrieb in der „Frankfurter Neuen Presse“, es handele sich beim Überschwappen der amerikanische Immobilienkrise „nicht um ein länger anhaltendes Unwetter, sondern lediglich um ein reinigendes Gewitter“.
Dennoch dürften die Aktienbörsen in Deutschland sich tendenziell weiter schwächer entwickeln. „Die Anleger verkaufen im Moment alles, was mit Risiken verbunden ist,“ sagt Fondsmanager Ernst Konrad von BayernInvest. Die Angst der Anleger vor weiteren Auswirkungen drängte selbst gute Quartalszahlen einiger Branchengrößen wie die von der Deutschen Bank, RWE und Deutsche Telekom in den Hintergrund.
„Ausverkauf, aber keine Panik“
„Das große Thema ist die Kreditqualität und die Liquiditätsverknappung im Banksystem“, sagt Konrad. „Das wird uns sicher noch über mehrere Monate beschäftigen.“ Dabei übertreibe der Markt mit den harschen Kursreaktionen, meint Portfolio-Manager Daniel Hupfer von MM Warburg. „Das fundamentale Umfeld stimmt“, sagt er. Die Konjunkturdaten seien in Ordnung und die Quartalszahlen der Unternehmen gut. „Aber im Vergleich zu den vorangegangenen Quartalen, als die Risiken komplett ausgeblendet wurden, hat sich das Bild komplett gedreht.“
Von Panik kann nach Einschätzung der Marktexperten aber noch keine Rede sein: „So lange wir sukzessive in 100-Punkte-Schritten nach unten gehen, ist das zwar ein Ausverkauf, aber keine Panik“, sagt Schmidt. Diese Ansicht teilt Fondsmanager Boehm: „Der Dax war zu stark - und das ohne Unterbrechung“, sagt er. Bedenklich werde die Entwicklung erst, wenn der Index nachhaltig unter 7000 Punkte sinke. Es sei aber nicht auszuschließen, dass der Dax diese Marke testen werde. „Aber das sollte den langfristigen Trend nicht brechen.“
Für den Montag rechnen Marktteilnehmer indes nach den Kursverlusten zum Wochenausklang zunächst mit einer Erholung zum Auftakt. Der Dow Jones Industrial hatte am Freitag zwar leicht im Minus geschlossen, im Vergleich zum Xetra-Handelsende indes um gut 100 Punkte zugelegt. Der japanische Nikkei-Index tendierte am Morgen gut behauptet.
Quelle: FAZ.NET
¡hasta pronto!
Einsamer Samariter
Finanzmärkte vor neuem Belastungstest
Nach einer Woche, in der die Notenbanken weltweit mit nahezu beispiellosen Milliarden-Spritzen das Bankensystem alimentierten, droht dem internationalen Finanzsystem am Montag eine neue Belastungsprobe. Neue Informationen über Großbanken-Verluste könnten den lähmenden Vertrauensverlust am Geldmarkt verschlimmern. Am Wochenende sickerte durch, dass die amerikanische Citigroup mit Kreditanleihen mehr als 500 Millionen Dollar (365 Millionen Euro) verloren haben soll. Einige Wall-Street-Rivalen könnten noch höhere Verluste verbuchen, hieß es.
Die Folgen der Globalisierung des Finanzsystems zeige sich auch deutlich in Europa. „Die Frage ist nicht mehr nur, welches Unternehmen ist betroffen, sondern in welchem Ausmaß.“, sagt Marktstratege Christian Schmidt von der Helaba. Ein WestLB-Sprecher räumte am Wochenende ein, die Bank habe „über alle Positionen des Handels- und Bankbuchs 1,25 Milliarden Euro in Subprime-Wertpapieren investiert“. Er bestätigte damit einen entsprechenden Bericht der „Börsen-Zeitung“. Von diesen Papieren seien 98 Prozent mit einem Rating von „A“ oder besser oder 87 Prozent mit „AA“ oder besser ausgestattet.
WestLB und Postbank mit umfangreichen Subprime-Engagements
Mehr als eine Milliarde Euro hat die WestLB in Subprimes investiert
Die Postbank gab an, man sei noch dabei, das genaue Engagement im Subprime- Markt festzustellen. Ende Juli hatte die Bank bereits das Volumen von Anleihen, in denen auch Subprime-Kredite (Hypothekenkredite der niedrigsten Bonitätsstufe) stecken könnten, mit 800 Millionen Euro angegeben. Nun wurde bekannt, dass die Postbank mit 600 Millionen Euro bei zwei Gesellschaften des von der Krise schwer getroffenen Rhineland-Fonds der IKB engagiert war. Von dieser Summe entfalle aber höchstens ein Drittel auf Immobilienkredite und die meisten davon seien von hoher Qualität, betonte ein Sprecher am Sonntag. Was davon „Subprime“ sei, werde analysiert.“ Die Bank habe die Investition inzwischen in die eigenen Bücher genommen.
Auch die Insolvenzen in den Vereinigten Staaten ziehen weitere Kreise. Nachdem am Donnerstag die HomeBanc Corporation einen Konkursantrag stellte, wurde bekannt, dass neben amerikanischen Banken auch Deutsche Bank, Commerzbank und die französische Großbank BNP Paribas zu den Gläubigern gehören. Auch eine Tochter der belgisch-niederländischen Bank Fortis taucht in der Liste der Gläubiger des amerikanischen Geldverleihers auf. Größter Aktionär von Homebanc ist die FMR Corp, die Mutterfirma der Fondsgesellschaft Fidelity. FMR halte ein Sechstel der Homebanc-Aktien, erklärte die Hypothekenfirma.
Keine Änderung der geldpolitischen Linie erwartet
Volkswirte rechnen in den nächsten Tagen mit weiteren Aktionen der Notenbanken, die in zwei Tagen mehr als 200 Milliarden Euro in den Markt gepumpt hatten, um die Liquidität der Banken zu sichern. Viele Experten sehen darin aber nur eine vorübergehende Maßnahme und halten an ihrem langfristigen Ausblick für die Geldpolitik fest. Indes will etwa Volkswirt Jan Hatzius von Goldman Sachs eine „Notfall-Senkung“ nicht ausschließen.
Für die Fed dürfte in den kommenden Tagen vor allem wichtig sein, wie die Inflationsdaten ausfallen, die am Dienstag in Form der Erzeugerpreise und am Mittwoch mit den Verbraucherpreisen anstehen. Auch die am Freitag zur Veröffentlichung stehenden Daten zum Verbrauchervertrauen im August werden mit Spannung erwartet.
Hinzu kommt, dass in China die Verbraucherpreise im Juli um 5,6 Prozent über denen des Vorjahresmonats lagen. Dies ist der höchste Anstieg in zehn Jahren, liegt weit über den Zielvorgaben der Regierung und ist nicht zuletzt eine Folge höherer Importpreise aufgrund des niedrige gehaltenen Wechselkurses. Sollte China den Yuan abwerten, dürften die Importpreise in den Vereinigten Staaten noch deutlicher anziehen als zuletzt.
Konjunkturoptimismus in Deutschland
Über die weitere Entwicklung sind sich Marktbeobachter uneins. Die einen verweisen darauf, dass in den Vereinigten Staaten noch fast zehn Billionen Dollar Hypothekenkredite ausstehen, davon rund ein Drittel mit schlechter oder zumindest nicht primärer Bonität. Die „Wirtschaftswoche“ zitiert unter anderen den Aachener Private-Equity- Experten Ralf Fix mit den Worten, für viele Anleger habe sich „ein Tor zur Hölle“ geöffnet. Was dahinter hervorkomme, wisse niemand wirklich.
In Deutschland fröhnen Experten dagegen dem Optimismus. So sagte der Wirtschaftsweise Bert Rürup, er sehe noch keine gravierenden Auswirkungen auf die robuste Konjunktur in Deutschland. „Die Krise wird auf die Finanzmärkte beschränkt bleiben, zumal sich die EZB außerordentlich klug verhält und den Markt ausreichend mit Liquidität versorgt“, sagte Rürup der „Berliner Zeitung“.
Das Hamburger Wirtschaftsforschungsinstitut HWWI erwartet gleichfalls keinen Dämpfer für den deutschen Wirtschaftsaufschwung. „Die deutsche Konjunktur ist sehr robust und wird durch die Binnennachfrage getragen.“, sagte der Konjunkturchef des Hamburgischen Weltwirtschafts-Instituts, Michael Bräuninger, dem Hamburger Abendblatt (Montagsausgabe) laut Vorab-Bericht.
Selbst wenn die Aktien vorübergehend an Wert verlören, hieße dies nicht automatisch, dass darunter die Konjunktur leide. Eine Bankenkrise in Deutschland hält der HWWI-Konjunkturchef derzeit für ausgeschlossen.
Aktienschwäche wird als „übertrieben“ betrachtet
Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Norbert Walter argumentierte in der „Neuen Presse“: „Es ist immer noch sehr viel Geld im Markt, für das rentable Anlagen gesucht werden.“ Er halte „extreme Aufregung über die Ereignisse für völlig überzogen“, ergänzte Walter in der „Börsen- Zeitung“, der Wirtschaftsaufschwung sei solide, die Gewinnsituation der Unternehmen gut.
Der Chef des Deutschen Aktieninstituts, Rüdiger von Rosen, schrieb in der „Frankfurter Neuen Presse“, es handele sich beim Überschwappen der amerikanische Immobilienkrise „nicht um ein länger anhaltendes Unwetter, sondern lediglich um ein reinigendes Gewitter“.
Dennoch dürften die Aktienbörsen in Deutschland sich tendenziell weiter schwächer entwickeln. „Die Anleger verkaufen im Moment alles, was mit Risiken verbunden ist,“ sagt Fondsmanager Ernst Konrad von BayernInvest. Die Angst der Anleger vor weiteren Auswirkungen drängte selbst gute Quartalszahlen einiger Branchengrößen wie die von der Deutschen Bank, RWE und Deutsche Telekom in den Hintergrund.
„Ausverkauf, aber keine Panik“
„Das große Thema ist die Kreditqualität und die Liquiditätsverknappung im Banksystem“, sagt Konrad. „Das wird uns sicher noch über mehrere Monate beschäftigen.“ Dabei übertreibe der Markt mit den harschen Kursreaktionen, meint Portfolio-Manager Daniel Hupfer von MM Warburg. „Das fundamentale Umfeld stimmt“, sagt er. Die Konjunkturdaten seien in Ordnung und die Quartalszahlen der Unternehmen gut. „Aber im Vergleich zu den vorangegangenen Quartalen, als die Risiken komplett ausgeblendet wurden, hat sich das Bild komplett gedreht.“
Von Panik kann nach Einschätzung der Marktexperten aber noch keine Rede sein: „So lange wir sukzessive in 100-Punkte-Schritten nach unten gehen, ist das zwar ein Ausverkauf, aber keine Panik“, sagt Schmidt. Diese Ansicht teilt Fondsmanager Boehm: „Der Dax war zu stark - und das ohne Unterbrechung“, sagt er. Bedenklich werde die Entwicklung erst, wenn der Index nachhaltig unter 7000 Punkte sinke. Es sei aber nicht auszuschließen, dass der Dax diese Marke testen werde. „Aber das sollte den langfristigen Trend nicht brechen.“
Für den Montag rechnen Marktteilnehmer indes nach den Kursverlusten zum Wochenausklang zunächst mit einer Erholung zum Auftakt. Der Dow Jones Industrial hatte am Freitag zwar leicht im Minus geschlossen, im Vergleich zum Xetra-Handelsende indes um gut 100 Punkte zugelegt. Der japanische Nikkei-Index tendierte am Morgen gut behauptet.
Quelle: FAZ.NET
¡hasta pronto!
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