Erfahrungsbericht einer unter Panik-Attacken leidenden Patientin
Die folgende sehr ausführliche Darstellung verdanke ich einer Patientin, die mir erlaubt hat, ihre Erfahrungen und Erkenntnisse anderen Menschen zugänglich zu machen:
Angst, eine Krankheit die einem das Leben zur Hölle macht!
Am Mittwoch, dem 6. August fing alles an. Ich war zum Einkaufen in einen großen Supermarkt, als ich plötzlich Schweißausbrüche, weiche Knie, Herzrasen und Panik bekam. Ich hatte das Gefühl, als ob ich einen Kreislaufkollaps bekomme. Ich bin nach draußen gelaufen und habe mich dort erst mal in den Schatten gesetzt, als ich etwas ruhiger geworden bin, bin ich nach Hause gefahren. Zuhause aber wurde es nicht besser und nachher bekam ich die gleichen Symptome wieder. Ich habe mich hingelegt und meine Mutter hat meinen Hausarzt angerufen, der auch gleich kam. Er hat mir eine Infusion angehangen und dann ging es mir auch wieder besser.
Am nächsten Tag fing das gleiche aus heiterem Himmel erneut an und ich bekam auch noch Durchfall dazu. Bis zum Wochenende ging es mit meinem Befinden rauf und runter. Am Montag den 11.08. konnte ich dann kaum etwas essen oder trinken, bekam massiv den Durchfall, Schweißausbrüche, Schwindel und Herzrasen. Ich habe dann wieder meinen Arzt verständigt, der auch wieder kam und mich zum Abklären ins Krankenhaus eingewiesen hat. Da ich aber nicht in der Lage war, wieder aufzustehen, hat er einen Krankentransport liegend bestellt. Ich habe dann auf den Transport gewartet, aber zwischendurch ging es mir dann so schlecht, dass ich kaum noch meine Arme und Beine gespürt habe und auch ein Kribbeln um den Mund herum hatte. Mein Schwager hat dann den Notarzt angerufen, der mich sofort ins Krankenhaus gebracht hatte. Dort war ich dann 5 Tage, wo ich verschiedene Tests (Herz-Kreislauf) gemacht bekam. Ich bin freitags so entlassen worden, wie ich eingeliefert worden bin. Dann ging es mir ungefähr eine Woche lang besser, außer das ich sehr unruhig und aggressiv war. Es war so schlimm, dass ich meinen 3 Jahre alten Sohn für nichts angebrüllt habe und für Kleinigkeiten mit der Faust auf die Kiste gehauen habe, was mir danach und auch heute noch wahnsinnig leid getan hat. Aber ich war einfach nicht ich selbst.
Am Donnerstag den 21.08. habe ich dann abends wieder diese Probleme gehabt, diesmal kommen noch wahnsinnige Hinterkopfschmerzen dazu. Ich hatte das Gefühl, mir platzt der Kopf. Wir haben dann wieder den Notarzt gerufen, der auch gleich kam, aber da ich nicht wieder ins Krankenhaus wollte, hat er dann den Bereitschaftsarzt angerufen, er solle doch zu mir kommen. Als dieser da war, meinte er, ich bräuchte mehr Ruhe, Abwechslung und Leute, die ich mag um mich herum, kurz gesagt, meine Beschwerden wären psychisch. Nur das habe ich weit weg geschoben, ich fühlte mich krank. Ich hatte gedacht, ich hätte irgendwas Organisches.
Am nächsten Tag habe ich dann morgens wieder meinen Hausarzt angerufen und ihn um Hilfe gebeten, er fragte nach den Symptomen, Es waren wieder Schwindel, Herzrasen, Durchfall, Magenschmerzen, die so stark waren, dass ich gar nichts mehr zu mir nehmen konnte, Kopfschmerzen, und ich zitterte am ganzen Körper. Er fragte, ob ich was zur Beruhigung bräuchte, und zum ersten Mal lehnte ich nicht ab. Ich bekam dann 4 Tage lang Spritzen, so dass ich erst mal nicht in der Lage war, irgend etwas zu tun, außer zu schlafen. Dienstags habe ich mich dann geweigert, mich noch einmal spritzen zu lassen, weil ich ja nicht ruhig gestellt werden wollte. Ich fühlte mich immer noch krank. Man hat mein Blut und auch meinen Stuhl auf alles Mögliche untersucht und auch eine Magenspiegelung wurde gemacht. Aber alles war in Ordnung. Er hat mir dann leichtere Beruhigungsmittel verschrieben, die mich aber auch wieder völlig lahm legten. Und ich habe auch diese abgesetzt. Es ging jeden Tag rauf und runter, ich hatte Kopf- Magenschmerzen und Durchfall. In der Zeit habe ich ca. 10 Kilo abgenommen. Ich habe kaum noch meine Wohnung verlassen, zum Einkaufen habe ich meine Familie geschickt. Einen Abend konnte ich dann auch nicht mehr einschlafen, ich war innerlich zu aufgedreht, das ganze hat mich an dem Abend so fertig gemacht, dass ich dachte, so willst und kannst du nicht weiterleben. Ich habe dann meine Schwester angerufen und erst mal nur geweint. Und als sie mich fragte, was ich für ein Gefühl hätte, sagte ich ihr: „Ich habe einen wahnsinnigen Druck im Kopf, mein Kopf ist so voll, dass er platzen würde, ich würde am liebsten mit dem Kopf gegen die Wand laufen.“ Ich sagte: „Ich habe das Gefühl ich drehe durch, ich werde verrückt.“ Wir haben dann noch sehr lange geredet und irgendwann bin ich eingeschlafen.
Am nächsten Tag habe ich meine Schwester angerufen und ihr gesagt, dass ich das alleine nicht mehr schaffe, dass ich Hilfe bräuchte. Wir sind dann zu einer psychosomatischen Klink gefahren, die nehmen aber per Notfall keinen auf, man bekommt dort einen späteren Termin und man muss dann wenigstens 12 Wochen bleiben. Aber das wollte ich auch nicht, erstens wegen meinem Sohn und zweitens habe ich gesagt, dass ich eine so lange Behandlung nicht brauche. Die nächste Nacht konnte ich dann gar nicht schlafen und am nächsten Tag war ich dann wieder so aufgewühlt und auch nicht ich selbst. Ich habe meine Schwester wieder angerufen und ihr gesagt, ich will mir nicht das Leben nehmen, aber ich habe Angst, dass ich es tue.
Mein Arzt hat mir dann die Telefonnummer von Dr. Mück gegeben, den ich auch sofort angerufen habe. Aber leider war er nicht da. Am nächsten Tag, den Samstag, rief er mich dann zurück. Ich habe mich mit ihm unterhalten und einen Termin ausgemacht. Nach dem Telefonat ging es mir etwas besser, ich wusste, jetzt bin ich nicht mehr allein. Das erste Therapiegespräch war für mich sehr schlimm. Es ging mir ja immer noch schlecht und ich wollte, dass mein Leben so schnell wie möglich wieder „normal“ wird. Ich war am verzweifeln, ich konnte mich kaum noch um etwas kümmern. Doch Dr. Mück sagte dann, dass ich unter einer Angstkrankheit leide, die von einer Depression begleitet wird. Er meinte, das beste wäre, meine Angst zu überwinden und dort hinzugehen, wo alles angefangen hat. Ich hatte dann eine Woche Zeit, dies zu machen, bis zu meinem nächsten Termin. Das habe ich aber nicht geschafft, und bei der zweiten Sitzung sind wir dann gemeinsam dort hingefahren und auf einmal war alles nicht mehr so schlimm, wie ich gedacht habe. Ich habe einfach auf die Zähne gebissen und bin da durchgegangen, ich bin nicht vor meiner Angst weggelaufen, ich habe mich ihr gestellt und gesehen, es passiert nichts. Danach bin ich dann jeden Tag dort reingegangen, wo ich vorher immer Angst vor hatte. Es kamen immer wieder Momente, wo ich z.B. aus einem Laden rausgerannt bin. Ich habe dann draußen durchgeatmet und mich beruhigt. Danach bin ich immer wieder dort reingegangen, bis mir das nichts mehr ausgemacht hat. Es ist sehr schwer gewesen, aber es war der beste und schnellste Weg, alles zu überwinden. Ich habe am Anfang gezweifelt, doch nur das hilft.
Die Gespräche mit dem Dr. Mück haben mir sehr gut getan. Er hat mir Wege gezeigt, wie ich da wieder rauskommen kann. Aber er kann das nicht für mich (uns Angstbetroffene) tun, das müssen wir alleine tun. Es ist wichtig mitzuarbeiten und vieles auch alleine zu schaffen. Ich habe sechs Wochen gebraucht, um mein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Heute führe ich ein ausgeglicheneres Leben als vorher. Ich habe wieder an so vielen Dingen Spaß, wo ich am Anfang gedacht habe, es ist alles vorbei. Ich habe gedacht, ich bin verrückt, aber es war eine Krankheit (eine Störung), ein Loch, aus dem man, wenn man etwas dagegen tut, auch ganz schnell wieder rauskommen kann. Das wichtigste fand ich, ist sich selbst einzugestehen, dass man organisch gesund ist, dass es wirklich psychisch ist. Ich würde gerne Menschen helfen, die in einer solchen Situation sind, weil ich heute weiß, dass es nicht so bleibt. Und ich hoffe, das es jeder so schnell schafft wie ich. Heute weiß ich, wenn man sich in Therapie begibt und einen guten Therapeuten hat, kann man sehr viel aufarbeiten und viel über sich lernen.
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