Zwei sich feindlich gesinnte Brüder:
von Nathalie Olof-Ors
Seit dem Inkrafttreten des Euro hat sich die Konkurrenz verschärft und sich im Markt der Indexkontrakte einen europäischen Aktienindex auferlegt. Das Duell zwischen den sich feindlich gesinnten Brüdern Dow Jones und FTSE könnte durch die Gründung von Euronext jedoch eine tragische Wendung nehmen. Wird der neue europäische Börsenplatz der Schauplatz für ihre Auseinandersetzung sein? Um dies herauszufinden, werfen wir einen genauen Blick auf die beiden großen europäischen Indexfamilien.
Die Stoxx-Indizes
Anfang 1998 ist die Pariser Börse mit der Schweizer Börse, der Deutschen Börse und der US-Firma Dow Jones eine Allianz eingegangen, um die Indexfamilie Stoxx einzuführen. Ziel war es, die Einführung des Euro, der 1999 zum ersten Mal an der Börse notiert wurde, und die Entwicklung eines echten europäischen Marktes durch die Bereitstellung von Messinstrumenten für die Akteure des Finanzmarkts, vor allem für Vermögensverwalter, zu begleiten.
Es wurden vier Indizes entwickelt, die sich in 19 sektorenspezifische Indizes aufgliedern.
- Der Dow Jones Stoxx misst die Leistungen von 600 europäischen Firmen aus der Eurozone und aus Ländern, die nicht der Eurozone angehören. Er enthält also auch norwegische, schwedische, dänische, schweizerische und griechische Unternehmen. Dieser Aktienindex ist in jeweils 200 große, mittlere und kleine Kapitalisierungen aufgegliedert und soll für die Märkte und Sektoren repräsentativ sein. Damit er die Marktrealität stets getreu wiedergibt, wird er in jedem Quartal revidiert.
- Der Dow Jones Stoxx 50 enthält die 50 größten Kapitalisierungen des Dow Jones Stoxx. Dieser Aktienindex soll die Marktführer der europäischen Wirtschaft in den verschiedenen Sektoren widerspiegeln. Er wird einmal im Jahr revidiert.
- Der Dow Jones Euro Stoxx entspricht dem Dow Jones Stoxx, bezieht sich jedoch ausschließlich auf die Eurozone.
- Der Dow Jones Euro Stoxx 50 enthält die 50 größten Kapitalisierungen der Eurozone des Dow Jones Euro Stoxx.
Diese Indizes werden in Echtzeit berechnet und alle 15 Sekunden über die Züricher Börse verbreitet. Sie stützen sich auf eine am 31. Dezember 1991 festgelegte Basis 100. Im September 2000 wurde eine Neugewichtung dieser Indizes vorgenommen: Das Gewicht der einzelnen Titel hängt nicht mehr vom Gesamtkapital der Unternehmen ab, sondern nur noch vom Streubesitz. Diese Reform erfolgte auf Kosten von Unternehmen wie France Télécom, an denen der Staat noch immer einen großen Prozentsatz der Aktienanteile hält und damit das frei gehandelte Kapital begrenzt.
Die Eurotop-Indizes
Demgegenüber hat FTSE, ein von der Londoner Börse und der Tageszeitung Financial Times gemeinsam verwalteter Organismus, in Zusammenarbeit mit der Amsterdamer Börse und dem LIFFE – der internationalen Londoner Börse für den Handel mit Financial Futures – mehrere zu den Stoxx-Indizes in Konkurrenz stehende Aktienindizes eingeführt.
Der umfassendste von ihnen ist FTSE World Europe, denn FTSE unterteilt seine Indizes in große geografische Gebiete (Europa, Amerika usw.). Dieser Index enthält einen eingeschränkteren Index, den Eurotop 300, der seinerseits den Eurotop 100 enthält.
Der letztere umfasst die 100 liquiditätsstärksten europäischen Unternehmen. Er wird jede Minute neu berechnet und stützt sich auf eine im Juni 1990 festgelegte Basis 1000. Er wird jedes Jahr im Juni revidiert. FTSE Eurotop 100 versteht sich als ein Referenzinstrument für Vermögensverwalter, denn er ist repräsentativ für die europäische Wirtschaft und bleibt aufgrund der begrenzten Zahl seiner Titel dennoch verwaltbar.
Es gibt ebenfalls einen paneuropäischen FTSE-Index, den FTSE Estar. Er umfasst die 28 größten Unternehmen am Firmament der europäischen Wirtschaft. Der Euromid hingegen enthält 300 mittlere Kapitalisierungen.
Um dem von Dow Jones eingeführten Indexsystem Punkt für Punkt zu entsprechen, bietet FTSE auch einen Index speziell für die Eurozone an: den FTSE euro 100, der erwartungsgemäß die Leistungen von 100 aus der Zone der Währungsunion kommenden Firmen misst.