Schwächelnder Dollar…
von Martin Weiss
Der deutsche Leitindex konnte in der abgelaufenen Woche seine Rekordfahrt nicht fortsetzen. Zwar pirschte sich der Dax zunächst an die Marke von 6500 heran, ehe am Freitag Gewinnmitnahmen einsetzten.
Trotz dieser Konsolidierung befindet sich der Markt immer noch in dem seit Sommer diesen Jahres vorherrschenden Aufwärtstrendkanal. Eng für die Bullen wird es erst dann, wenn die Unterstützungszone bei 6250 bis 6280 Punkte nicht hält und auch der Bereich um das Mai-Hoch nicht verteidigt werden kann.
Auffallend ist, dass mit dem Anstieg auch der Optimismus weiter gewachsen ist, das Verhältnis Bullen zu Bären beträgt mittlerweile fast drei zu eins. Und auch sonst scheint alles rund zu laufen. Der ifo-Geschäftsklimaindex erklimmt neue Höhen, der Bundestag beschließt einen verfassungskonformen Haushalt 2007, in dem die vorgesehenen Investitionen höher als die geplante Neuverschuldung sind.
Sehr interessant ist aber, dass selbst der Bundesfinanzminister einräumt, dass die Problematik der Staatsverschuldung keinesfalls gelöst sei. Eher das Gegenteil ist der Fall. Trotz historisch niedriger Zinsen muss der Bund auch im Jahr 2007 doppelt so viel für Zinsen wie für Investitionen ausgeben. So musste im Jahr 2005 bereits fast jeder siebte Euro (64 Milliarden Euro) der gesamten Steuereinnahmen in Höhe von 453 Milliarden Euro für Zinsausgaben verwendet werden. Im Jahr 1990 betrugen die Zinslasten des öffentlichen Gesamthaushalts 33 Milliarden Euro. Wie die deutsche Bundesbank im Monatsbericht März 1997 feststellte, „nährt sich die Verschuldung aus sich selbst heraus“.
Ob es den politisch Verantwortlichen gelingt, das Ruder wirklich herumzureißen und einen Ausweg aus der teufelskreisähnlichen Spirale zu finden, bleibt abzuwarten.
Letztlich dürfte es extrem eng werden, wenn „völlig überraschend“ scharfer konjunktureller Gegenwind aufkommt. Momentan scheint sich am Horizont zwar noch kein größeres Unwetter unmittelbar anzudeuten. Dennoch stimmt der Blick auf die Zinsstrukturkurve schon etwas sorgenvoller.
Wagt man einen Blick auf den Devisenmarkt, dürften die Sorgenfalten im Exportweltmeisterland nicht geringer werden. Am vergangenen Freitag überwand der Euro das alte Jahreshoch und kletterte erstmals seit April 2005 über 1,30 Dollar. In der Spitze schnellte der Euro gar bis auf 1,31 Dollar hoch.
Rein technisch betrachtet ist mit dieser Bewegung der Euro aus der seit Mai vorherrschenden Seitwärtsbewegung ausgebrochen. Nach oben ist nun zunächst Luft bis zum alten Rekordhoch, möglicherweise sogar bis in den Bereich 1,38.
Sollte der Dollar-Verfall sich beschleunigen, dürften vor allem für die exportlastigen Aktien (Autobauer, Siemens, SAP, auch Finanzwerte mit hohen Aktienbeständen) stürmische Zeiten anstehen. Einen leichten Vorgeschmack gab es ja bereits am Freitag.
Auf dem Dollar lastet nicht nur ein geringer werdendes Zinsdifferential, das hohe Leistungsbilanzdefizit und das nachlassende US-Wachstum, sondern vor allem auch die Sorge, dass eine Revision der Reservepolitik diverser asiatischer Länder nicht nur angedacht, sondern auch praktisch umgesetzt wird. Erst jüngst stellte der Vize-Gouverneur der People`s Bank of China klar, dass auch die ostasiatischen Staaten ihre Abhängigkeit von den Dollarreserven reduzieren sollten. Mit großer Spannung wird daher die noch im Dezember (vom 12. bis zum 16.12.06) anstehende China-Reise des US-Finanzministers Paulson erwartet. Höchst interessant ist, dass der ehemalige Goldman Sachs-Chef von Ben Bernanke höchstpersönlich begleitet werden wird.
Fast schon lehrbuchmäßig war das gelbe Edelmetall der Profiteur der Dollar-Schwäche. Neben dem schwächelnden Dollar dürften auch saisonale Aspekte den Goldpreis weiter beflügeln. Insofern ist es sehr gut vorstellbar, dass die Goldbugs zum Weihnachtsfest mit einer Notierung von 700 Dollar je Feinunze „beschenkt“ werden.
Gruß Moya 