Trübe Aussichten für Internet-Banken: Die Mutterkonzerne verleiben sich die Online-Broker ein. Am Ende bleibt möglicherweise nur ein einziger unabhängiger Anbieter übrig.
Berlin/Hamburg – Internet-Banken hadern weiter mit dem schwierigen Marktumfeld. Der Nürnberger Wirtschaftsprofessor und Bankenexperte Wolfgang Gerke geht sogar davon aus, dass sich das Modell der Discount-Broker in der jetzigen Form überlebt hat.
Niedergang der Internet-Broker: Der Anbieterschwund droht
"Am Ende wird nur ein einziger selbstständiger Anbieter überleben - wenn überhaupt", sagte Gerke der "Berliner Zeitung". Die Reintegration in die Mutterkonzerne sei eine "logische Entwicklung, weil die meisten Kunden heute auf Beratung nicht mehr verzichten" wollten. Andererseits "erwartet man heute doch von allen Banken, dass sie auch das Discount-Brokerage anbieten", sagte der Bankenexperte.
Die großen Anbieter leiden zudem unter der aktuellen Krise an den Kapitalmärkten. Kunden handeln weniger mit Aktien, wodurch die Einnahmen der Direktbanken sinken. Während die Commerzbank-Tochter Comdirect im ersten Halbjahr 2002 noch die schwarze Null schaffte, verbuchte der Konkurrent Consors ein Minus von knapp 161 Millionen Euro. Der dritte Anbieter DAB Bank machte fast 31 Millionen Euro Verlust.
Erst am Montag war der Rücktritt von Matthias Kröner als Vorstandschef der DAB Bank bestätigt worden. Der Markt wertet die Personalie als Signal für eine bevorstehende Reintegration der DAB in den Mutterkonzern HypoVereinsbank (HVB) .
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Auch Consors soll offenbar vom Großinvestor BNP Paribas geschluckt werden. Die französische Bank hatte den Online-Broker zuletzt komplett übernommen und arbeitet nun an der Integration in das hauseigene Angebot Cortal.
Der Niedergang von Consors dürfte den Bankenexperten Gerke persönlich tangieren. Die Consors-Gründer Karl Matthäus Schmidt und Reiner Mauch, der das Unternehmen mittlerweile verlassen hat, erlernten das Börsenhandwerk in seinen Seminaren an der Universität Erlangen-Nürnberg.
Auch später hatte Schmidt noch zu seinem akademischen Ziehvater Kontakt. Geplant wurde auch eine enge Zusammenarbeit zwischen Gerkes Lehrstuhl und Consors.