braucht starke Nerven" (gesehen bei Instock)
Daytrading, der kurzfristige Kauf und Verkauf von Aktien, Futures oder Optionen, geistert immer wieder als Zauberwort durch die Medien. Von Traumgewinnen und schnellem Reichtum ist die Rede. Vielfach herrscht die Meinung, ein PC, ein Internetzugang und zwei Börsenzeitungen reichen aus, um schnelle und risikoarme Gewinne zu machen.
Was es mit dem Daytrading wirklich auf sich hat, welche Voraussetzungen der zukünftige Aktienhändler erfüllen sollte und wo die dicksten Fallstricke liegen, erläutert Klaus-Martin Ertle, Geschäftsführer der "learn 2 earn GmbH" im Gespräch mit Instock, einem Börseninformationsdienst der Gatrixx AG.
Instock:
Worin unterscheiden sich der tägliche Handel mit Aktien und Daytrading?
Ertle:
Der erste Unterschied ist, dass beim vielschichtigen täglichen Aktienhandel sowohl auf fremde als auch auf eigene Rechnung gehandelt wird. Der klassische Daytrader handelt dagegen immer nur auf eigene Rechnung. Ein weiterer Unterschied besteht in den verschiedenen Varianten, die beide Gruppen wählen, um ihre Profite zu machen. So können die institutionellen Händler, die ja die Masse des Tageshandels abwickeln, beispielsweise an den Gebühren verdienen, während diese für den Daytrader einen Kostenfaktor darstellen. Andererseits sucht sich der Daytrader stark schwankende Märkte, an deren Bewegungen er zu verdienen hofft. Das muss im Tagesgeschäft durchaus nicht so sein. Weiterhin nutzt der Daytrader etwas häufiger als der klassische Tageshandel auch Finanzinstrumente, die ihm Hebeleffekte oder ähnliche Gewinnsteigerungsmöglichkeiten wie sie beispielsweise Futures oder Optionen bieten. Neben diesen markantesten Unterschieden ist das bewegte Volumen ein weiteres Unterscheidungsmerkmal. Ein klassischer Daytrader bew egt in etwa 50.000 bis 500.000 Euro. Die beim klassische Tageshandel bewegten Summen sind in der Regel weitaus größer.
Instock:
Wie viele Daytrader gibt es nach Ihrem Wissen in Deutschland?
Ertle:
Das kann ich nur schätzen. Momentan dürften das etwa 5.000 echte Daytrader sein. Dabei muss man sehen, dass es erst seit etwa zwei Jahren in Deutschland die technischen Möglichkeiten für das Daytrading gibt. Davor lief das Daytrading nur über die USA. Aus diesem Grund gibt es auch nur etwa 200 bis 300 Leute in Deutschland, die schon über eine zehnjährige Daytrading-Erfahrung verfügen. Dazu kommen noch die Top-Trader bei den Online-Banken. Diese vielleicht 50.000 werden sich selber auch als Daytrader bezeichnen, weil sie relativ viel Intraday-Handel betreiben. Diese Gruppe benutzt allerdings noch Strukturen, die ich nicht als perfekte Daytrading-Strukturen bezeichne. Deshalb habe ich diese Gruppe eingangs nicht mitgezählt.
Instock:
Wie hoch ist der Anteil von Frauen?
Ertle:
Ich würde den Anteil der Frauen auf 20 Prozent schätzen. Die Erfolgskombination zwischen einem etwas wagemutigeren Mann und einer etwas vorsichtigeren Frau ist allerdings die Idealkonstellation. Die Frauen haben häufig das längere Durchhaltevermögen. Andererseits verdienen Sie pro Tag auch weniger, weil Sie eben auch weniger riskieren. Langfristig sind Sie damit aber erfolgreicher.
Instock:
Wie hoch ist der Anteil des Daytrading am gesamten Börsenumsatz?
Ertle:
Ich kann ein paar Vergleichszahlen aus den USA nennen. 1998 gab es bei den US-Onlinebanken unter 12 Millionen Kunden etwa 50.000 klassische Daytrader. Diese wenigen waren für 56 Prozent des Gebührenaufkommens verantwortlich. Dabei sollte man wissen, dass in den Staaten alle, die weniger als 30 Geschäfte am Tag machen, als Gelegenheitstrader gelten.
Instock:
Kann man mit Daytrading wirklich Geld verdienen?
Ertle:
Mit Daytrading kann Geld verdient werden. Ich kenne auch Menschen, die seit vielen Jahren davon gut leben. Eins ist aber auch ganz klar: Es ist nicht jeder als Daytrader geeignet. Es gibt bestimmte Voraussetzungen, die in der Persönlichkeit, in der Disziplin, aber auch im finanziellen Polster des jeweiligen Traders liegen. Die hat aber nun mal nicht jeder.
Instock:
Welche Voraussetzungen sollte jemand konkret mitbringen, wenn er Daytrader werden will?
Ertle:
Vielleicht ist hier eine Negativauslese sinnvoller. Ungeeignet zum Daytrading ist auf alle Fälle jeder Mensch, der sich selber als nervös betrachtet, der sehr schnell nur noch ein Nervenbündel ist. Ungeeignet ist auch der nette, sympathische, inkonsequente, der gern mal alle fünf gerade sein läßt, aber kein Typ ist, der konsequent eine Methode durchzieht. Als Daytrader nicht geeignet ist derjenige, der sich nur in einem sehr engen finanziellen Rahmen bewegen kann oder bewegen möchte. Das trifft auch auf jene Menschen zu, die sich nicht oder nur sehr schlecht beherrschen können. Hier sei nur an Themen wie Gier, aber auch Angst erinnert. Letztendlich ist der, der nicht wenigstens ein bißchen kaufmännisch und psychologisch denken kann, auch im Nachteil. Hier reicht der gesunde Menschenverstand und eine gewisse Lebenserfahrung schon aus.
Instock:
Kann ein Durchschnittsbürger, der etwas Geld auf der hohen Kante hat, das Daytrading erlernen?
Ertle:
Man kann es erlernen. Sicherlich ist es aber von Vorteil, wenn ein zukünftiger Daytrader eine gewisse Vorbildung und einiger Erfahrung mit den Märkten hat. Am besten ist es, wenn derjenige aus der Bankenszene kommt, aber das ist ja in den meisten Fällen nicht so. Wer über solche Erfahrungen nicht verfügt, sollte eben sehr vorsichtig und langsam an die Sache herangehen und seine Ausbildung besonders intensiv betreiben. Dann hat er sicherlich auch die Chance, Daytrading zu lernen. Den großen Knackpunkt gibt es immer dann, wenn das erste richtige Geld eingesetzt wird und die entsprechende Nervenbelastung hinzukommt. Wer die Sache langsam angeht und mit verhältnismäßig kleinen Geldbeträgen startet, der kommt mit der Zeit ganz gut zurecht. Ein solcher Mensch kann dann nach ein bis zwei Jahren auch sagen, ich habe die Tradingreife, jetzt auch mit großen Beträgen zu operieren. Wer es nicht schafft, wird es spätestens bis dahin gemerkt haben und hat dann hoffentlich nur kleine Beträge riskiert.
Instock:
Wieviel Geld sollte ein zukünftiger Daytrader für seine Ausbildung einplanen?
Ertle:
Das größte Paket in den USA kostet in etwa 35.000 US-Dollar. In Deutschland liegt das Grundprogramm bei 7.000 bis 8.000 Mark, sofern man das gesamte Angebot nutzt. Dazu kommen dann noch betreute und gecoachte Trainingstage mit je 1.000 Mark.
Instock:
Wieviel frei verfügbares Kapital benötigt der Neueinsteiger, um als Daytrader aktiv zu werden?
Ertle:
Wer auf dem eigentlichen Daytrader-Konto weniger als 50.000 Mark hat, kann das Ganze nur als Hobby angehen. Man kann dann zwar ein paar Mark dazuverdienen. Wer davon leben will, benötigt schon mindestens 100.000 Mark. Dieses Geld sollte aber keineswegs den gesamten Barbestand des Traders darstellen, sondern nur den Risikotopf. Dieser sollte nicht mehr als ein Fünftel des Anlagevermögens ausmachen. Mit einem Gesamtkapital von 500.000 Mark ist man also dabei, wenn man vor hat, vom Daytrading zu leben. Zum Ausprobieren reichen die angesprochenen 50.000 Mark, vielleicht auch etwas weniger. Mit Aktien an der Nasdaq kann man allerdings schon ab 3000 Dollar Einsatz ein bißchen üben.
Instock:
Vor welchen Versuchungen sollte sich ein angehender Daytrader hüten?
Ertle:
Die größte Versuchung ist sicher der natürlich vorhandene Glaube, hier gäbe es eine sehr einfache Art, Geld zu verdienen. Das zieht dann einen überhasteten Einstieg nach sich. Da der Daytrader von Hause aus sehr optimistisch ist, ignoriert er gerne das Risiko. Darin liegt eine große Gefahr. Wer nicht lernt, probiert und trocken, dass heißt ohne richtigen Geldeinsatz, übt, sondern gleich mit allem, was er hat, voll ins Geschäft einsteigt, hat kaum eine Chance. Der größte Fehler ist wirklich, zu früh und mit zuviel Einsatz mit dem Daytrading zu beginnen.
Instock:
Wie hoch ist aus Ihrer Sicht die Quote derer, die beim Daytrading Verluste machen?
Ertle:
Diejenigen, die unter dem Strich Verluste machen, sind eindeutig in der Überzahl. In Deutschland gibt es aber noch keine amtliche Statistik dazu. Markus Koch hat gerade ein neues Buch herausgegeben, in dem von 70 Prozent die Rede ist. Andere sprechen sogar von 85 Prozent. Irgendwo dazwischen liegt vermutlich die Wahrheit. In Geld gesehen, ist es etwas anders. Es gibt mehrere, die es probieren und sich mit bis zu 20.000 Mark Verlust aus der Szene verabschieden. Dagegen stehen andere, die mit dem Daytrading über Jahre ihr Einkommen bestreiten, die 100.000 bis 200.000 Mark Gewinn machen. Letztere kompensieren in Geld gesehen eine Reihe von Verlusttradern. Aber was nützt das, wenn man zu denen gehört, die Verluste gemacht haben?
Instock:
Man hört immer wieder von Traumrenditen in der Größenordnung von 1.000 Prozent. Sind solche Renditen wirklich zu erreichen?
Ertle:
Wenn man zeitliche Ausschnitte nimmt, sind solche Renditen zu erreichen, doch es sind eher Ausnahmen. Ich kenne mehrere Menschen, die auch über das Jahr 800 oder 1.000 Prozent erwirtschaftet haben. Doch das hätte man in den letzten fünf Jahren auch mit einzelnen Aktien hin bekommen.
Instock:
Den Gewinnen an der Börse stehen Transaktionengebühren, die ja gerade bei den Online-Brokern nicht niedrig sind, gegenüber. Fressen diese nicht die kurzfristigen Gewinne wieder auf?
Ertle:
Das kann man sicherlich so sehen. Wenn man stark schwankende Aktien hat, wird die Gebühr allerdings immer unbedeutender. Es ist aber so, dass die Gebühren im Vergleich mit den USA noch recht hoch sind. Deshalb sind viele Daytrader auch schon auf US-Systemen zu Gange. Dazu kommt, dass die niedrigste Gebühr gar nicht immer die preiswerteste ist. Wer damit wirbt, dass er sehr billig ist, der holt sich das Geld auf die eine oder anderer Art hintenherum wieder herein. Viel wichtiger ist die Schnelligkeit, mit der die Orders ausgeführt werden.
Instock:
Sind denn die Banken in Deutschland schon so schnell, wie Sie es sich wünschen?
Ertle:
Nein. Konten, bei der die Ausführung einer Order in weniger als einer Sekunde erfolgt und man sie in dieser Zeit auch sehen kann, gibt es bei Banken für Normalkunden derzeit in Deutschland nicht. Der Daytrader ist momentan darauf angewiesen, sich bei einem entsprechenden europäischen oder amerikanischen Broker in Verbindung mit der entsprechenden Software ein Konto einzurichten.
Instock:
Herr Ertle, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Helmut Harff.
mfg
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Daytrading, der kurzfristige Kauf und Verkauf von Aktien, Futures oder Optionen, geistert immer wieder als Zauberwort durch die Medien. Von Traumgewinnen und schnellem Reichtum ist die Rede. Vielfach herrscht die Meinung, ein PC, ein Internetzugang und zwei Börsenzeitungen reichen aus, um schnelle und risikoarme Gewinne zu machen.
Was es mit dem Daytrading wirklich auf sich hat, welche Voraussetzungen der zukünftige Aktienhändler erfüllen sollte und wo die dicksten Fallstricke liegen, erläutert Klaus-Martin Ertle, Geschäftsführer der "learn 2 earn GmbH" im Gespräch mit Instock, einem Börseninformationsdienst der Gatrixx AG.
Instock:
Worin unterscheiden sich der tägliche Handel mit Aktien und Daytrading?
Ertle:
Der erste Unterschied ist, dass beim vielschichtigen täglichen Aktienhandel sowohl auf fremde als auch auf eigene Rechnung gehandelt wird. Der klassische Daytrader handelt dagegen immer nur auf eigene Rechnung. Ein weiterer Unterschied besteht in den verschiedenen Varianten, die beide Gruppen wählen, um ihre Profite zu machen. So können die institutionellen Händler, die ja die Masse des Tageshandels abwickeln, beispielsweise an den Gebühren verdienen, während diese für den Daytrader einen Kostenfaktor darstellen. Andererseits sucht sich der Daytrader stark schwankende Märkte, an deren Bewegungen er zu verdienen hofft. Das muss im Tagesgeschäft durchaus nicht so sein. Weiterhin nutzt der Daytrader etwas häufiger als der klassische Tageshandel auch Finanzinstrumente, die ihm Hebeleffekte oder ähnliche Gewinnsteigerungsmöglichkeiten wie sie beispielsweise Futures oder Optionen bieten. Neben diesen markantesten Unterschieden ist das bewegte Volumen ein weiteres Unterscheidungsmerkmal. Ein klassischer Daytrader bew egt in etwa 50.000 bis 500.000 Euro. Die beim klassische Tageshandel bewegten Summen sind in der Regel weitaus größer.
Instock:
Wie viele Daytrader gibt es nach Ihrem Wissen in Deutschland?
Ertle:
Das kann ich nur schätzen. Momentan dürften das etwa 5.000 echte Daytrader sein. Dabei muss man sehen, dass es erst seit etwa zwei Jahren in Deutschland die technischen Möglichkeiten für das Daytrading gibt. Davor lief das Daytrading nur über die USA. Aus diesem Grund gibt es auch nur etwa 200 bis 300 Leute in Deutschland, die schon über eine zehnjährige Daytrading-Erfahrung verfügen. Dazu kommen noch die Top-Trader bei den Online-Banken. Diese vielleicht 50.000 werden sich selber auch als Daytrader bezeichnen, weil sie relativ viel Intraday-Handel betreiben. Diese Gruppe benutzt allerdings noch Strukturen, die ich nicht als perfekte Daytrading-Strukturen bezeichne. Deshalb habe ich diese Gruppe eingangs nicht mitgezählt.
Instock:
Wie hoch ist der Anteil von Frauen?
Ertle:
Ich würde den Anteil der Frauen auf 20 Prozent schätzen. Die Erfolgskombination zwischen einem etwas wagemutigeren Mann und einer etwas vorsichtigeren Frau ist allerdings die Idealkonstellation. Die Frauen haben häufig das längere Durchhaltevermögen. Andererseits verdienen Sie pro Tag auch weniger, weil Sie eben auch weniger riskieren. Langfristig sind Sie damit aber erfolgreicher.
Instock:
Wie hoch ist der Anteil des Daytrading am gesamten Börsenumsatz?
Ertle:
Ich kann ein paar Vergleichszahlen aus den USA nennen. 1998 gab es bei den US-Onlinebanken unter 12 Millionen Kunden etwa 50.000 klassische Daytrader. Diese wenigen waren für 56 Prozent des Gebührenaufkommens verantwortlich. Dabei sollte man wissen, dass in den Staaten alle, die weniger als 30 Geschäfte am Tag machen, als Gelegenheitstrader gelten.
Instock:
Kann man mit Daytrading wirklich Geld verdienen?
Ertle:
Mit Daytrading kann Geld verdient werden. Ich kenne auch Menschen, die seit vielen Jahren davon gut leben. Eins ist aber auch ganz klar: Es ist nicht jeder als Daytrader geeignet. Es gibt bestimmte Voraussetzungen, die in der Persönlichkeit, in der Disziplin, aber auch im finanziellen Polster des jeweiligen Traders liegen. Die hat aber nun mal nicht jeder.
Instock:
Welche Voraussetzungen sollte jemand konkret mitbringen, wenn er Daytrader werden will?
Ertle:
Vielleicht ist hier eine Negativauslese sinnvoller. Ungeeignet zum Daytrading ist auf alle Fälle jeder Mensch, der sich selber als nervös betrachtet, der sehr schnell nur noch ein Nervenbündel ist. Ungeeignet ist auch der nette, sympathische, inkonsequente, der gern mal alle fünf gerade sein läßt, aber kein Typ ist, der konsequent eine Methode durchzieht. Als Daytrader nicht geeignet ist derjenige, der sich nur in einem sehr engen finanziellen Rahmen bewegen kann oder bewegen möchte. Das trifft auch auf jene Menschen zu, die sich nicht oder nur sehr schlecht beherrschen können. Hier sei nur an Themen wie Gier, aber auch Angst erinnert. Letztendlich ist der, der nicht wenigstens ein bißchen kaufmännisch und psychologisch denken kann, auch im Nachteil. Hier reicht der gesunde Menschenverstand und eine gewisse Lebenserfahrung schon aus.
Instock:
Kann ein Durchschnittsbürger, der etwas Geld auf der hohen Kante hat, das Daytrading erlernen?
Ertle:
Man kann es erlernen. Sicherlich ist es aber von Vorteil, wenn ein zukünftiger Daytrader eine gewisse Vorbildung und einiger Erfahrung mit den Märkten hat. Am besten ist es, wenn derjenige aus der Bankenszene kommt, aber das ist ja in den meisten Fällen nicht so. Wer über solche Erfahrungen nicht verfügt, sollte eben sehr vorsichtig und langsam an die Sache herangehen und seine Ausbildung besonders intensiv betreiben. Dann hat er sicherlich auch die Chance, Daytrading zu lernen. Den großen Knackpunkt gibt es immer dann, wenn das erste richtige Geld eingesetzt wird und die entsprechende Nervenbelastung hinzukommt. Wer die Sache langsam angeht und mit verhältnismäßig kleinen Geldbeträgen startet, der kommt mit der Zeit ganz gut zurecht. Ein solcher Mensch kann dann nach ein bis zwei Jahren auch sagen, ich habe die Tradingreife, jetzt auch mit großen Beträgen zu operieren. Wer es nicht schafft, wird es spätestens bis dahin gemerkt haben und hat dann hoffentlich nur kleine Beträge riskiert.
Instock:
Wieviel Geld sollte ein zukünftiger Daytrader für seine Ausbildung einplanen?
Ertle:
Das größte Paket in den USA kostet in etwa 35.000 US-Dollar. In Deutschland liegt das Grundprogramm bei 7.000 bis 8.000 Mark, sofern man das gesamte Angebot nutzt. Dazu kommen dann noch betreute und gecoachte Trainingstage mit je 1.000 Mark.
Instock:
Wieviel frei verfügbares Kapital benötigt der Neueinsteiger, um als Daytrader aktiv zu werden?
Ertle:
Wer auf dem eigentlichen Daytrader-Konto weniger als 50.000 Mark hat, kann das Ganze nur als Hobby angehen. Man kann dann zwar ein paar Mark dazuverdienen. Wer davon leben will, benötigt schon mindestens 100.000 Mark. Dieses Geld sollte aber keineswegs den gesamten Barbestand des Traders darstellen, sondern nur den Risikotopf. Dieser sollte nicht mehr als ein Fünftel des Anlagevermögens ausmachen. Mit einem Gesamtkapital von 500.000 Mark ist man also dabei, wenn man vor hat, vom Daytrading zu leben. Zum Ausprobieren reichen die angesprochenen 50.000 Mark, vielleicht auch etwas weniger. Mit Aktien an der Nasdaq kann man allerdings schon ab 3000 Dollar Einsatz ein bißchen üben.
Instock:
Vor welchen Versuchungen sollte sich ein angehender Daytrader hüten?
Ertle:
Die größte Versuchung ist sicher der natürlich vorhandene Glaube, hier gäbe es eine sehr einfache Art, Geld zu verdienen. Das zieht dann einen überhasteten Einstieg nach sich. Da der Daytrader von Hause aus sehr optimistisch ist, ignoriert er gerne das Risiko. Darin liegt eine große Gefahr. Wer nicht lernt, probiert und trocken, dass heißt ohne richtigen Geldeinsatz, übt, sondern gleich mit allem, was er hat, voll ins Geschäft einsteigt, hat kaum eine Chance. Der größte Fehler ist wirklich, zu früh und mit zuviel Einsatz mit dem Daytrading zu beginnen.
Instock:
Wie hoch ist aus Ihrer Sicht die Quote derer, die beim Daytrading Verluste machen?
Ertle:
Diejenigen, die unter dem Strich Verluste machen, sind eindeutig in der Überzahl. In Deutschland gibt es aber noch keine amtliche Statistik dazu. Markus Koch hat gerade ein neues Buch herausgegeben, in dem von 70 Prozent die Rede ist. Andere sprechen sogar von 85 Prozent. Irgendwo dazwischen liegt vermutlich die Wahrheit. In Geld gesehen, ist es etwas anders. Es gibt mehrere, die es probieren und sich mit bis zu 20.000 Mark Verlust aus der Szene verabschieden. Dagegen stehen andere, die mit dem Daytrading über Jahre ihr Einkommen bestreiten, die 100.000 bis 200.000 Mark Gewinn machen. Letztere kompensieren in Geld gesehen eine Reihe von Verlusttradern. Aber was nützt das, wenn man zu denen gehört, die Verluste gemacht haben?
Instock:
Man hört immer wieder von Traumrenditen in der Größenordnung von 1.000 Prozent. Sind solche Renditen wirklich zu erreichen?
Ertle:
Wenn man zeitliche Ausschnitte nimmt, sind solche Renditen zu erreichen, doch es sind eher Ausnahmen. Ich kenne mehrere Menschen, die auch über das Jahr 800 oder 1.000 Prozent erwirtschaftet haben. Doch das hätte man in den letzten fünf Jahren auch mit einzelnen Aktien hin bekommen.
Instock:
Den Gewinnen an der Börse stehen Transaktionengebühren, die ja gerade bei den Online-Brokern nicht niedrig sind, gegenüber. Fressen diese nicht die kurzfristigen Gewinne wieder auf?
Ertle:
Das kann man sicherlich so sehen. Wenn man stark schwankende Aktien hat, wird die Gebühr allerdings immer unbedeutender. Es ist aber so, dass die Gebühren im Vergleich mit den USA noch recht hoch sind. Deshalb sind viele Daytrader auch schon auf US-Systemen zu Gange. Dazu kommt, dass die niedrigste Gebühr gar nicht immer die preiswerteste ist. Wer damit wirbt, dass er sehr billig ist, der holt sich das Geld auf die eine oder anderer Art hintenherum wieder herein. Viel wichtiger ist die Schnelligkeit, mit der die Orders ausgeführt werden.
Instock:
Sind denn die Banken in Deutschland schon so schnell, wie Sie es sich wünschen?
Ertle:
Nein. Konten, bei der die Ausführung einer Order in weniger als einer Sekunde erfolgt und man sie in dieser Zeit auch sehen kann, gibt es bei Banken für Normalkunden derzeit in Deutschland nicht. Der Daytrader ist momentan darauf angewiesen, sich bei einem entsprechenden europäischen oder amerikanischen Broker in Verbindung mit der entsprechenden Software ein Konto einzurichten.
Instock:
Herr Ertle, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Helmut Harff.
mfg
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