ftd.de, Di, 25.9.2001, 8:58, aktualisiert: Di, 25.9.2001, 12:34
Edel Music: Dubioser Rückzug vom Neuen Markt
Von Heino Reents, Hamburg
Das Hamburger Musikunternehmen Edel Music verlässt freiwillig den Neuen Markt - aus Kostengründen. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz bezweifelt dies.
Edel Music hat bei der Deutschen Börse als viertes Unternehmen in diesem Jahr den Wechsel vom Börsensegment Neuer Markt in den Geregelten Markt beantragt, bestätigte eine Unternehmenssprecherin am Dienstag. Am Freitag, den 5. Oktober wird das Unternehmen letztmals am ehemaligen Wachstumssegment zu handeln sein, teilte die Deutsche Börse mit.
"Wir wollen mit diesem Schritt in erster Linie Kosten sparen", sagte eine Unternehmenssprecherin der Online-Ausgabe der FTD. Die speziellen Publizitätspflichten des Neuen Marktes würden nicht nur die Arbeitskraft der leitenden Angestellten binden, sondern auch beträchtliche Kosten verursachen. Eine Summe wollte die Sprecherin allerdings nicht nennen.
Künftig könne das Unternehmen auf Quartalsberichte, die am Neuen Markt dringend vorgeschrieben sind, verzichten, sagte die Sprecherin. Der Wechsel des Börsensegments sei aber auch die Reaktion auf die "speziellen Bedürfnisse des Unternehmens und die Situation an den Kapitalmärkten". Der Neue Markt könne derzeit nicht mehr zur Finanzierung des Unternehmens beitragen. "Alles was früher den Neuen Markt symbolisierte, ist nicht mehr da", sagte sie.
"Schönfärberei"
Für Dirk Unrau von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) ist dagegen Edel Music "eher einer der Mitverursacher der Krise am Neuen Markt als eines der Opfer". Die Firma habe den Anlegern nicht immer reinen Wein eingeschenkt, sondern oft "Schönfärberei betrieben und immer vollmundig vom Wachstum gesprochen". Insofern sei der Schritt des Hamburger Musikunternehmens durchaus nachvollziehbar, "denn dann fallen weniger Veröffentlichungspflichten an", sagte Unrau der FTD. Nach Ansicht des DSW-Vertreters werden weitere Penny Stocks sich in Kürze ebenfalls freiwillig vom Neuen Markt verabschieden, um einem drohenden Ausschluss zu entgehen.
Vermutungen, dass Edel mit dem freiwilligen Wechsel nur einem drohenden Rauswurf durch die Deutsche Börse vorkommen wolle, wies die Sprecherin zurück: "Das war nicht Hintergrund unserer Überlegung." Das neue Regelwerk der Deutschen Börse, das am 1. Oktober in Kraft tritt, betrifft alle Firmen, deren Aktienkurs unter einem Euro liegt und deren Marktkapitalisierung zugleich unter 20 Mio. Euro sinkt. Sollten die beiden Kriterien an 30 aufeinander folgenden Tagen unterschritten werden, droht der Ausschluss.
Ehemaliger Börsenstar
Edel Music, das weltweit rund 1700 Mitarbeiter beschäftigt, ist vor gut drei Jahren an den Neuen Markt gegangen und gehörte zunächst zu den absoluten Börsenstars. Der Kurs vervierfachte sich innerhalb kurzer Zeit, was noch vor der allgemeinen Börseneuphorie relativ ungewöhnlich war. Den Höchststand erreicht die Aktie im Dezember 1998 mit einem Kurs von 92 Euro. Seitdem ging es stetig bergab und mittlerweile hat sich das Papier zu einem Pennystock entwickelt. Edel Music notierten am Dienstag bei 0,91 Euro, das ist ein Minus von neun Prozent gegenüber dem Vortagesschluss.
In diesem Jahr hatten bereits wegen laufender Insolvenzverfahren der Lizenzvermarkter Sunburst , der Seniorenheimbetreiber Refugium sowie die Filmproduktionsfirma Team Communications den Neuen Markt freiwillig verlassen. Außerdem hatte die Deutsche Börse zudem die Aktien von Teldafax und Gigabell vom Neuen Markt verbannt werden, weil sie gegen das Regelwerk verstoßen hatten. Nach Angaben einer Sprecherin der Deutschen Börse schrumpft die Zahl der Unternehmen am ehemaligen Wachstumssegment ohne Edel Music auf 341.