Manchmal ist die Logik an der Boerse einfach unergruendlich.
Da sieht zuerst alles so gut aus und trotzdem sinken die
Kurse. Dann jedoch erblickt man in der Wirtschaft nur
noch Truebsal und trotzdem springt die Boerse nahezu senkrecht
in die Hoehe. Vor kurzem noch haben alle gesagt: Die Boerse
wird im Irak-Krieg steigen. Doch keiner hat es geglaubt.
Und was ist dann passiert? Die Boerse ist bereits vor (!)
dem Kriegsausbruch in die Hoehe gegangen sowie nach (!) dem
faktischen Kriegsende, nicht jedoch waehrend des Krieges.
Das alles erinnert an die Gedankenspiele von Sherlock Holmes
und seinem Gegenspieler Moriarty. Oder auch nur an den
unsterblichen Peter Sellers in seiner Rolle als "Inspektor
Clouseau" in der Szene, als ihm detailgetreu und unwiderlegbar
nachgewiesen wird, dass Elke Sommer den Gaertner ermordet hat.
Woraufhin er jedoch nur lapidar antwortet: "Der Fall ist klar;
sie war es nicht. Sie deckt nur jemanden."
John Maynard Keynes vergleicht die Boerse mit einem
Intelligenzwettbewerb dritten Grades, wobei er glaubt, "...
dass es sogar einige gibt, welche den vierten, fuenften und
noch hoehere Grade ausueben." ("General Theory", deutsche
Ausgabe von 1936, Seite 132) Die Boerse koenne, so Keynes,
mit Schoenheitskonkurrenzen verglichen werden, in denen
die Gewinner jedoch nicht diejenigen Gesichter auszuwaehlen
haben, die sie fuer am schoensten halten, sondern vielmehr
diejenigen, von denen sie der Meinung sind, dass die Mehrheit
der Waehlenden sie als die schoensten empfinden werden.
Als Boersianer kann man sich derart kniffeligen Themen gar
nicht intensiv genug widmen. Noch schoener ist es jedoch,
wenn man ploetzlich auf ein Paradox stoesst. Wenn eine Sache
auf einmal zugleich logisch und voellig unlogisch ist,
wenn sie sich als sehr wahrscheinlich und als voellig
unwahrscheinlich in ein und dem selben Zeitpunkt erweist.
Dann weiss man, dass man sich mitten im Zentrum des
Boersendenkens befindet. Wobei der Gegenstand, an dem das
Paradox zu Tage tritt, natuerlich keinesfalls selbst etwas
mit der Boerse zu tun haben muss. Wie zum Beispiel bei
einem Fussballspiel, das in dieser Woche stattgefunden hat.
Im Halbfinale der Fussball-Champions League treten die
Mannschaften zu einem Hin- und Rueckspiel gegeneinander an.
Gewinner ist jeweils die Mannschaft, die in beiden Spielen
zusammengenommen besser abgeschnitten hat. Ist das
Leistungsverhaeltnis (Punkte und Tore) dabei allerdings
ausgeglichen, so kommt diejenige Mannschaft weiter,
die auswaerts mehr Tore geschossen hat. Die auswaerts
erzielten Tore zaehlen in diesem Falle doppelt. Normalerweise
sind damit die Regeln festgesteckt und die Karten definitiv
verteilt. In diesem Jahr jedoch hat der Zufall es gewollt,
dass mit dem AC Mailand und Inter Mailand zwei Mannschaften
aufeinander treffen, die beide ihre Heimspiele im selben
Stadion austragen. Was zu herrlichen – und fuer den Boersianer
sehr erquicklichen – logischen Konfusionen fuehrt.
In der vergangenen Woche hat der AC Mailand in seinem
Heimspiel (erwartungsgemaess – Italiener spielen meistens 0:0)
nur 0:0 gegen den Lokalrivalen Inter Mailand gespielt.
Das ist eigentlich eine denkbar schlechte Ausgangsposition
fuer das Rueckspiel, denn man kann durchaus aus Erfahrung sagen:
Wer sein Heimspiel nicht gewinnt, hat fast keine Chance mehr
aufs Finale. Es sein denn, die Logik schlaegt ihre Purzelbaeume.
So wie in diesem Fall.
Denn da Inter Mailand sein Heimspiel im selben Stadion wie
der AC Mailand austraegt, hat der AC Mailand im Rueckspiel
noch einmal ein Heimspiel, was zudem sogar noch den Vorteil
bietet, dass bei Punkt- und Torgleichheit in der Gesamtrechnung
die dann auswaerts geschossenen Tore, die jedoch eigentlich im
Heimspiel erzielt werden, doppelt zaehlen wuerden. Und damit
ergibt sich: Der AC Mailand hat dadurch eine wesentlich bessere
Position fuer das Rueckspiel als sein Gegner Inter Mailand,
weil er im Gegensatz zu diesem ein sehr schlechtes Ergebnis
erzielt hat, naemlich sein Heimspiel nicht gewonnen hat.
Wohingegen der Kontrahent Inter Mailand durch einen Super-Erfolg,
naemlich ein 0:0 in einem Auswaertsspiel bei einem starken
Kontrahenten, sich eine weitaus schlechtere Position erarbeitet
hat. So ungerecht und verworren geht es beim Fussball manchmal zu.
Aber eben nur manchmal. Wohingegen es an der Boerse immer so ist.
(Quelle: Doersam-Briefe.de)
So long,
Calexa
www.investorweb.de
Da sieht zuerst alles so gut aus und trotzdem sinken die
Kurse. Dann jedoch erblickt man in der Wirtschaft nur
noch Truebsal und trotzdem springt die Boerse nahezu senkrecht
in die Hoehe. Vor kurzem noch haben alle gesagt: Die Boerse
wird im Irak-Krieg steigen. Doch keiner hat es geglaubt.
Und was ist dann passiert? Die Boerse ist bereits vor (!)
dem Kriegsausbruch in die Hoehe gegangen sowie nach (!) dem
faktischen Kriegsende, nicht jedoch waehrend des Krieges.
Das alles erinnert an die Gedankenspiele von Sherlock Holmes
und seinem Gegenspieler Moriarty. Oder auch nur an den
unsterblichen Peter Sellers in seiner Rolle als "Inspektor
Clouseau" in der Szene, als ihm detailgetreu und unwiderlegbar
nachgewiesen wird, dass Elke Sommer den Gaertner ermordet hat.
Woraufhin er jedoch nur lapidar antwortet: "Der Fall ist klar;
sie war es nicht. Sie deckt nur jemanden."
John Maynard Keynes vergleicht die Boerse mit einem
Intelligenzwettbewerb dritten Grades, wobei er glaubt, "...
dass es sogar einige gibt, welche den vierten, fuenften und
noch hoehere Grade ausueben." ("General Theory", deutsche
Ausgabe von 1936, Seite 132) Die Boerse koenne, so Keynes,
mit Schoenheitskonkurrenzen verglichen werden, in denen
die Gewinner jedoch nicht diejenigen Gesichter auszuwaehlen
haben, die sie fuer am schoensten halten, sondern vielmehr
diejenigen, von denen sie der Meinung sind, dass die Mehrheit
der Waehlenden sie als die schoensten empfinden werden.
Als Boersianer kann man sich derart kniffeligen Themen gar
nicht intensiv genug widmen. Noch schoener ist es jedoch,
wenn man ploetzlich auf ein Paradox stoesst. Wenn eine Sache
auf einmal zugleich logisch und voellig unlogisch ist,
wenn sie sich als sehr wahrscheinlich und als voellig
unwahrscheinlich in ein und dem selben Zeitpunkt erweist.
Dann weiss man, dass man sich mitten im Zentrum des
Boersendenkens befindet. Wobei der Gegenstand, an dem das
Paradox zu Tage tritt, natuerlich keinesfalls selbst etwas
mit der Boerse zu tun haben muss. Wie zum Beispiel bei
einem Fussballspiel, das in dieser Woche stattgefunden hat.
Im Halbfinale der Fussball-Champions League treten die
Mannschaften zu einem Hin- und Rueckspiel gegeneinander an.
Gewinner ist jeweils die Mannschaft, die in beiden Spielen
zusammengenommen besser abgeschnitten hat. Ist das
Leistungsverhaeltnis (Punkte und Tore) dabei allerdings
ausgeglichen, so kommt diejenige Mannschaft weiter,
die auswaerts mehr Tore geschossen hat. Die auswaerts
erzielten Tore zaehlen in diesem Falle doppelt. Normalerweise
sind damit die Regeln festgesteckt und die Karten definitiv
verteilt. In diesem Jahr jedoch hat der Zufall es gewollt,
dass mit dem AC Mailand und Inter Mailand zwei Mannschaften
aufeinander treffen, die beide ihre Heimspiele im selben
Stadion austragen. Was zu herrlichen – und fuer den Boersianer
sehr erquicklichen – logischen Konfusionen fuehrt.
In der vergangenen Woche hat der AC Mailand in seinem
Heimspiel (erwartungsgemaess – Italiener spielen meistens 0:0)
nur 0:0 gegen den Lokalrivalen Inter Mailand gespielt.
Das ist eigentlich eine denkbar schlechte Ausgangsposition
fuer das Rueckspiel, denn man kann durchaus aus Erfahrung sagen:
Wer sein Heimspiel nicht gewinnt, hat fast keine Chance mehr
aufs Finale. Es sein denn, die Logik schlaegt ihre Purzelbaeume.
So wie in diesem Fall.
Denn da Inter Mailand sein Heimspiel im selben Stadion wie
der AC Mailand austraegt, hat der AC Mailand im Rueckspiel
noch einmal ein Heimspiel, was zudem sogar noch den Vorteil
bietet, dass bei Punkt- und Torgleichheit in der Gesamtrechnung
die dann auswaerts geschossenen Tore, die jedoch eigentlich im
Heimspiel erzielt werden, doppelt zaehlen wuerden. Und damit
ergibt sich: Der AC Mailand hat dadurch eine wesentlich bessere
Position fuer das Rueckspiel als sein Gegner Inter Mailand,
weil er im Gegensatz zu diesem ein sehr schlechtes Ergebnis
erzielt hat, naemlich sein Heimspiel nicht gewonnen hat.
Wohingegen der Kontrahent Inter Mailand durch einen Super-Erfolg,
naemlich ein 0:0 in einem Auswaertsspiel bei einem starken
Kontrahenten, sich eine weitaus schlechtere Position erarbeitet
hat. So ungerecht und verworren geht es beim Fussball manchmal zu.
Aber eben nur manchmal. Wohingegen es an der Boerse immer so ist.
(Quelle: Doersam-Briefe.de)
So long,
Calexa
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