Die Illusionen der Erbengeneration

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tom68:

Die Illusionen der Erbengeneration

 
23.11.02 14:04
++ Vernebelte Sinne ++

Von Bernd Niquet


Vorweihnachtszeit: Es ist ein Segen, in einem reichen und glücklichen Land zu leben. Auf der ganzen Welt steigert sich täglich das Chaos, zu Hause machen wir es uns jedoch so richtig gemütlich. In den nächsten Jahren werden Billionen an Vermögenswerten durch Erbfälle den Besitzer wechseln. Jeder Dritte von uns wird dann plötzlich reich sein. Ganz ohne sein eigenes Zutun. Juchhu, wir sind eine Insel! Wir sind die Generation der Erben!

Schaut man sich das Treiben der Erbengeneration allerdings einmal näher an, dann kann man nur staunen, welchen Illusionen hierbei aufgesessen wird:

(1) Dass die gesetzliche Rentenversicherung kollabieren wird, ist heute bereits Allgemeingut. Dass jedoch auch eine kapitalgedeckte Ansparversion in die gleiche demographische Falle läuft, wird heute nur selten diskutiert.

(2) Die demographische Entwicklung zeigt weiterhin, dass bei Fortschreibung der gegenwärtigen Trends etwa gegen das Jahr 2050 unser Land nicht nur völlig vergreist und ausgestorben sein wird, sondern zudem die Hunde gegenüber den Menschen bereits deutlich in der Überzahl sein werden. Muss heute noch ein Arbeitender einen Rentner versorgen, so werden es dann ein halber Arbeitender und ein Dreiviertel Hund sein.

(3) Vermögen werden gemeinhin weit schneller verloren als sie ererbt werden können.

(4) Immobilienbesitzer werden die größten Leidtragenden der kommenden Jahrzehnte sein, denn in schrumpfenden Bevölkerungen sind Immobilienpreise meistens Briefkurse.

(5) Am schlimmsten trifft es diejenigen, die ihre Einkommen aus Einsparsektoren (staatliche Gesundheitsversorgung) beziehen und damit festgesetzte Ratenverbindlichkeiten (Immobilienkredite) abdecken müssen.

(6) Die beste Vermögensanlage wird es hingegen sein, Forderungen und Sachvermögen in Ländern mit positiver demographischer Entwicklung zu halten.

(7) Nicht der Konsum, sondern der Export von Kapital, sprich der Aktien- und Anleihekauf in diesen Ländern, sollte daher die geeignete Strategie der Erbengeneration in den nächsten Jahren und Jahrzehnten sein.

(8) Und ganz aktuell: Warum vor diesem Hintergrund gegenwärtig überall nach einer Zinssenkung geschrieen wird, ist völlig unverständlich – und kann nur einer völligen Verklärung der Sinne zugeschrieben werden.


++ Schlachter, bitte kommen ++

Zinssenkungen sind stets nur positiv für Habenichtse wie beispielsweise Unternehmen, die sich durch Kredite neues Vermögen erarbeiten wollen. Wer hingegen bereits – wie die Erbengeneration – über Vermögen verfügen, sollte eigentlich an allem interessiert sein, nur nicht an sinkenden Zinsen. Schließlich bekommt er dann ja weniger für seine Ausleihungen – und handelt sich zudem das Risiko der Geldentwertung (=Inflation) ein. Ein rationaler europäischer Vermögenseigentümer sollte also der EZB dankbar sein, dass sie den Wert seines Geldes schützt und damit den Exportüberschuss unserer Wirtschaft ebenfalls. Denn warum sollten wir von den anderen kaufen? Wir haben doch alles! Sogar ein stabiles Geld.

Ein Vermögenseigentümer oder ein Vertreter der Erbengeneration, der nach niedrigeren Zinsen ruft, hat also entweder sein Vermögen schon durchgebracht, ist also ein Habenichts geworden, oder aber eine der beiden anderen Varianten trifft zu: Er ist ein Altruist oder er benimmt sich wie ein Ochse, der freiwillig nach dem Schlachter ruft: „Schlachter, bitte kommen!“ Da es heute jedoch nur noch sehr wenige Altruisten gibt, bleibt wohl nur die letzte Möglichkeit übrig.

Was ich ansonsten noch über die Erbengeneration denke, die ja auch meine eigene ist, habe ich in einem kleinen Roman niedergeschrieben, der sich jedoch primär mit der psychologischen und soziologischer Seite dieser Generation auseinandersetzt: Bernd Niquet, " Das Orwell-Haus. Aus dem Innenleben der Erbengeneration", Allitera Verlag, München 2002, 122 Seiten, 11 Euro, ISBN 3-935877-67-6. Ab sofort in jeder Buchhandlung – und natürlich überall im Netz. Außer bei Amazon.de, weil die Betriebssportgruppe "Schneckenreiten" hier gerade ihren Wettkampf gegen die öffentliche Bürokratie ausficht. Und nach ersten Zwischenmeldungen soll man es wohl tatsächlich schaffen, noch langsamer zu sein.

www.instock.de/index.html?section=Nachrichten&id=10125256&pos=1
Reila:

Tom68, interessante Idee:

 
23.11.02 14:29
"(6) Die beste Vermögensanlage wird es hingegen sein, Forderungen und Sachvermögen in Ländern mit positiver demographischer Entwicklung zu halten."

Aber das wird nicht reichen. Es braucht auch politische Stabilität und eine bestimmte industrielle Entwicklung.
Wieviel Länder fallen uns ein, wenn wir dann noch einen großen Binnenmarkt als stabilisierenden Faktor sehen. Mir nur eines, die USA. Deren Bevölkerung wächst natürlich und durch Zuwanderung. Interessant die offizielle amerikanische Einwanderungspolitik:

"Begrenzung der Zuwanderung
1924 wurden die ersten Gesetze zur Begrenzung der zulässigen Einwandererzahl aus den einzelnen Ländern verabschiedet. Die Obergrenze bezog sich auf die Anzahl der Bürger dieses Landes, die bereits in den Vereinigten Staaten lebten. Ab 1965 richtete sich die Immigrationsquote danach, wer zuerst einen Antrag stellte, und die Länderquoten wurden durch Hemisphärenquoten ersetzt. Verwandte von US-Bürgern und Einwanderer mit bestimmter Berufsausbildung wurden bevorzugt ins Land gelassen. 1978 schaffte der Kongress die Hemisphärenquoten wieder ab und setzte eine weltweite Immigrationsobergrenze fest. Die Vereinigten Staaten lassen mehr Einwanderer zu als jedes andere Land in der Welt. 1998 betrug die Zahl aller im Ausland geborenen Amerikaner 25,2 Millionen, das sind 9,3 % der Gesamtbevölkerung. Das 1990 überarbeitete Einwanderungsgesetz sieht eine flexible Obergrenze von 675.000 Immigranten pro Jahr vor, wobei bestimmte Gruppen von dieser Obergrenze ausgenommen sind. Dieses Gesetz versucht, gut ausgebildete Arbeiter und Fachleute in die USA zu holen und Einwanderer aus jenen Ländern, die in den letzten Jahren weniger Einwanderer gestellt haben."

Siehe auch:

www.usembassy.de/usa/gesellschaft-demographics.htm

Reila:

Nochmal Niquet:

 
23.11.02 14:45
"(7) Nicht der Konsum, sondern der Export von Kapital, sprich der Aktien- und Anleihekauf in diesen Ländern, sollte daher die geeignete Strategie der Erbengeneration in den nächsten Jahren und Jahrzehnten sein."

Wie kommt es eigentlich, daß hier immer USA höre? Und was Niquet bestätigt, auch der alte Kostolany hatte immer wieder auf die hohe Sicherheit von Aktienanlage in US hingewiesen.

R.  
tom68:

Hehehe Reila, habe sofort meine letzten Kröten

 
23.11.02 14:48
in eine Beteiligung an einem chinesischen Inkassobüro und 100 Säcke Reis investiert, die stehen jetzt in China und kippen hoffentlich nicht um.... ;o)
Reila:

Ich glaube, da gibt es einen,

 
23.11.02 15:11
der sitzt in Hongkong und profitiert genau davon, daß es immer mehr Reiche in dieser Region gibt. Der sagte mir mal, das wäre der beste Platz in der Welt, um Geld zu verdienen.

R.
Elan:

Reila, das hätte jetzt auch von schnorrer kommen

 
23.11.02 15:15
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können :-)
tom68:

Werde mal ein Stellengesuch aufgeben,

 
23.11.02 15:21

und mich als kochender Haushandwerker mit gärtnerischen Fähigkeiten andiehnen!
Seit dieser Woche bin ich sogar befähigt, Abwasserrohre zu verlegen und Minibagger zu fahren.....
Dir ein schönes Wochenende, ich muß jetzt weiterackern.

tom68

P.S.: War gestern abend schon wieder in Deiner Nähe...Red Dragon  
flecki:

tom 68

 
23.11.02 16:13
Na ganz so schlimm wird es wol nicht kommen...
Aber wieviel Kohle kriegst Du alls Provision von Herrn Niquet pro Buch.
Habe da schon einiges  vom Boersenverlag TM in Rosenheim gehört !!??
chartgranate:

damned tom...

 
23.11.02 16:16
musst Du mir auch noch die letzten Illusionen rauben und meine Tochter schon jetzt mit 5 Monaten in ihre erste grosse Sinnkrise stürzen??? :-)))
tom68:

Keine Sorge chartie, Du mußt nur nichts vererben! o. T.

 
23.11.02 17:23
chartgranate:

ach so...

 
23.11.02 17:32
also alles vorher verballern und in Dekadenz untergehen....hm,dann ist ja alles klar.Das passt ja gut zu meiner Lebensphilosophie,hehehehe......
TK-ONE:

Dieser Thread hat eine Thematik

 
23.11.02 17:56
...von besonderer Qualität aufgrund der Wichtigkeit.

Weiter so und gute Beitrage

Gruss TK
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