Die Dämme brechen

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Die Dämme brechen

 
13.03.03 23:04
von Dr. Friedhelm Busch

Die Politiker können es nicht lassen. Millionenschwere Investitionen für staatliche Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen: Die Quote der Langzeitarbeitslosen wurde dadurch kaum verringert, mittelständische Unternehmen aber durch die Konkurrenz der kostengünstigen ABM-Programme zu Entlassungen gezwungen.

Wegen andauernder Misswirtschaft und Preisdumpings geriet der Bauriese Holzmann ins Straucheln. Prompt versprach der Kanzler wählerwirksam die Rettung von Arbeitsplätzen, nicht zuletzt mit Hilfe von Steuergeldern: Am Ende setzte sich der Markt durch, und Holzmann ging in Konkurs.

Mit Steuergeschenken hat der Staat noch unter Helmut Kohl die Bundesbürger verlockt, im Osten Deutschlands Gewerbeparks und Bürolandschaften aus dem Boden zu stampfen. Die Bauwirtschaft sollte als Konjunkturmotor für die neuen Bundesländer dienen. Das bittere Resultat: Überall Leerstand, die naiven privaten Investoren sind ihr Geld los, dem Staat fehlen die Steuereinnahmen und die Bauunternehmen gehen der Reihe nach pleite.

Staatliche Motive sind kurzsichtig

Überall, wo sich der Staat den Bürgern als Anbieter von Leistungen präsentiert oder in betriebliche und unternehmerische Abläufe einmischt, sei es über die Vergabe von Aufträgen, durch die Gewährung von Subventionen, durch die Übernahme von Bürgschaften oder ähnliche Maßnahmen, überall dort ist schon deshalb höchste Vorsicht geboten, weil die Motive staatlicher Hilfestellung häufig aus kurzfristigen, wenn nicht kurzsichtigen Überlegungen entstehen.

Nein, Aufgabe des Staates sollte vielmehr sein, die Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Handeln zu setzen und darauf zu achten, dass diese Grundsätze auch befolgt werden. Wo immer es möglich ist, sollte sich der Staat aus der Wirtschaft zurückziehen. Dies gebietet nicht nur die finanzielle Notlage der öffentlichen Hand. Es gibt genügend Felder, wo sich der Staat sinnvoll betätigen kann. Und täglich kommen neue hinzu, beispielsweise in der Grundlagenforschung.

Privatisierung muss vorangetrieben werden

Diese Forderungen sind beileibe nicht neu. Seit Jahrzehnten fordern Wirtschaftswissenschaftler, sofern sie nicht gänzlich dem untergegangenen Sozialismus kommunistischer Systeme frönen, die Staatsquote zu senken, die Privatisierung voranzutreiben. Erfolge sind durchaus vorhanden, wie Lufthansa, Post, Telefon oder die Elektrizitätswirtschaft belegen.

Doch davon ist zur Zeit keine Rede mehr. Jeder Widerstand gegen den Staat als Helfer in der Not scheint gebrochen. Sei es die Bauwirtschaft, die sich vor der billigen ausländischen Konkurrenz schützen will, die Landwirtschaft, die sich von Billigprodukten bedroht sieht oder Teile der Finanzwirtschaft, die ihre Schieflage im Kreditgeschäft am liebsten dem Steuerzahler anlasten möchte. Sie alle rufen nach dem Staat als Nothelfer.

Wen wundert es, dass angesichts dieser dringenden Bitten der Bundeskanzler seine Chance wittert, sich den Bundesbürgern wieder einmal als kühner Macher zu präsentieren.

So soll jetzt ein Konjunkturprogramm, das mehrere Milliarden Euro umfassen wird, schlagartig die Massenarbeitslosigkeit in Deutschland beseitigen. Vom Geldsegen könnten vor allem die arg gebeutelten Kommunen profitieren, denen die Finanzpolitik desselben Kanzlers zuvor die Beine weggeschlagen hat.

Japan lässt grüßen

Wie nun im Einzelnen diese Mittel konkret eingesetzt werden, und ob diese Investitionen dann auch für eine dauerhafte Entlastung des Arbeitsmarktes und für eine Überwindung der Konjunkturflaute sorgen, das ist offen.

Man muss aber jetzt fragen, warum die private Wirtschaft nicht schon vorher selber in diese Richtung gedacht hat. Offensichtlich beurteilt sie gegenwärtig die Aussichten für eine ausreichende Rendite des eingesetzten Kapitals eher skeptisch. Die Regierung muss das nicht besonders interessieren, es ist ja nicht ihr Geld.

Japan lässt grüßen. Dort haben ungezählte Konjunkturprogramme die Staatsschulden ins Unermessliche steigen lassen, am Ende aber nichts geholfen, weil die Bürger kein Vertrauen in die Politik haben. Wenn schon der Markt nicht so ist, wie er sein sollte, dann helfen auch Konjunkturspritzen nur wenig. Das gilt nicht nur für Japan. Was allein hilft, ist ein grundsätzlicher Richtungswechsel, beispielsweise in der deutschen Arbeitsmarktpolitik oder in unserem antiquierten Mitbestimmungsrecht. Doch dafür fehlen dem Kanzler der Mut und die Gefolgschaft. Lieber zündet er ein kostspieliges Feuerwerk, das die Massen zunächst begeistern wird. Bis es dann abgebrannt und verglüht ist.

Dämme gegen Inflation sind gebrochen

Eines ist schon heute gewiss: Die Finanzierung dieses Programms steht auf tönernen Füßen. So sollen die Milliardenbeträge aus heimgebrachten Schwarzgeldern zur Bezahlung der Maßnahmen herangezogen werden. Doch ob überhaupt irgendein Anleger reumütig sein Geld aus dem Ausland zurückgeholt, das ist mehr als fraglich. Zusätzlich will der Finanzminister, so heißt es, Gelder einsetzen, die er durch die verschobene Steuersenkung den Bundesbürgern vorenthalten hat. Vorgeblich war die Senkung der Einkommensteuer zum 1. Januar 2003 ausgesetzt worden, um die Flutopfer zu entschädigen. Jetzt ist offenbar auf einmal ein Milliardenbetrag übrig. Wenn es sich tatsächlich so verhält, wäre das eine Unverschämtheit.

Wie es auch kommen mag, die Regierung wird in diesem Jahr Milliarden Euro mehr ausgeben als sie an Steuern einnimmt. Damit ist der europäische Stabilitätspakt endgültig gebrochen. Zur Freude der Franzosen und der neuen Beitrittsländer. Die Europäische Zentralbank wird in Kürze, will sie ihre Glaubwürdigkeit nicht vollends verlieren, eine Kehrtwende in der Zinspolitik einleiten müssen. Denn die Dämme gegen die Inflation in Europa sind nicht aufgeweicht, sie sind bereits gebrochen.

Dem Bundesbürger droht dadurch dreifaches Ungemach: Inflation, steigende Zinsen und höhere Steuern. Denn schließlich müssen Regierungsschulden am Ende von den Bürgern getragen werden, wenn die Konjunkturspritzen ohne nachhaltige Wirkung bleiben sollten. Vieles spricht dafür.
mm




....hören wir was der König Morgen zu sagen hat!
Gruß
Arbeiter
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