Börse
Die Aktienhausse lockt nur wenige Privatanleger
31. Januar 2006 Erstmals seit vier Jahren haben sich im vergangenen Jahr wieder mehr Privatanleger an Aktien herangewagt. Dank des rasanten Aufschwungs an den Börsen ist die Zahl der Aktionäre im vergangenen Jahr um 0,3 Millionen auf 10,8 Millionen gestiegen. Dies zeigt eine Infratest-Umfrage im Auftrag des Deutschen Aktieninstituts (DAI). Damit besitzen nunmehr 16,7 Prozent der Deutschen Aktien oder Anteile an Aktienfonds. „Das Jahr 2005 war ein gutes Jahr für die Aktie und die Aktionäre. Gemessen an Ländern wie Niederlande, Großbritannien oder Nordamerika, sind wir aber immer noch weit abgeschlagen”, kommentierte Rüdiger von Rosen, Leiter des DAI, die Zahlen.
In der Tat scheint das Vertrauen der hiesigen Anleger in Aktien weitaus geringer zu sein als im europäischen Ausland. So haben im vergangenen Jahr 7,3 Prozent der Deutschen direkt - also ohne den Umweg über Fonds einzuschlagen - in Aktien investiert. In Großbritannien und Skandinavien nutzen dagegen weit mehr als 20 Prozent der Bevölkerung die Dividendenpapiere als Teil ihrer Anlagestrategie. Nur ein Bruchteil der Deutschen profitiert somit derzeit von den attraktiven Renditen an den Aktienmärkten, wo beispielsweise der Deutsche Aktienindex Dax allein im vergangenen Jahr um 27 Prozent nach oben geschossen ist. Ein Blick auf die Statistiken der deutschen Fondsbranche offenbart ein Indiz für die Gründe: So waren trotz der historisch niedrigen Zinsen die risikoärmeren, aber auch renditeschwächeren Rentenfonds 2005 gefragt wie nie zuvor, während Aktienfonds nur einen vergleichsweise geringen Zuwachs verzeichneten.
„Ich sehe noch keinen Durchbruch”
Einige Jahre, nachdem sich viele Anleger mit Aktien des Neuen Marktes die Finger verbrannten, trauen sich viele somit immer noch nicht an das heiße Eisen heran und setzen statt dessen auf das vermeintlich geringste Risiko. Das Hoch des Jahres 2001, als kurz nach der Entzauberung des Neuen Marktes 12,8 Millionen Deutsche Aktien und Fondsanteile besaßen, ist weit außerhalb der Reichweite. „Ich sehe noch keinen Durchbruch”, sagte Rosen. Nicht nur die Privatanleger, sondern auch die deutschen Pensionskassen und Versicherungen investierten immer noch zuwenig in Aktien. „Ich würde mir ein größeres Engagement der institutionellen Anleger wünschen.” Rosen forderte die Privatanleger auf, sich mehr mit dem Thema Geldanlage zu beschäftigen. Es könne nicht sein, daß die Deutschen für den „rudimentären Lustgewinn” von Fußballnachrichten viel Zeit aufwendeten, aber sich kaum um ihre private Altersvorsorge kümmerten, beklagte er sich.
Auch die deutschen Politiker sollten mit gutem Beispiel vorangehen und Aktien kaufen, appellierte der Leiter des Deutschen Aktieninstituts an die Volksvertreter. Er sprach sich für eine Umgestaltung des Pensionssystems der Politiker aus. „Die Politiker müssen für ihre Altersvorsorge selbst nicht aufkommen, obwohl sie von der Bevölkerung verlangen, privat vorzusorgen. Das kann eigentlich nicht sein.” Eine Pflicht zur privaten Altersvorsorge und damit zu einem Aktienengagement würde nach Ansicht von Rosen das Bewußtsein der Politiker für die Kapitalmärkte schärfen. Bei der geplanten Reform der Unternehmensteuern müßte zudem der Kapitalmarkt und die betriebliche und private Altersvorsorge besser gefördert werden.
Aktionäre nahezu verdoppelt
Im Vergleich mit dem Jahr 1997, ein Jahr nachdem der Börsengang der Deutschen Telekom die Deutschen auf das Thema Aktie aufmerksam machte, hat sich die Zahl der hiesigen Aktionäre nahezu verdoppelt. Zudem werden die deutschen Anleger zunehmend durch alternative Produkte wie Derivate gelockt, die in die Statistik noch nicht einfließen. Im vergangenen Jahr haben alle drei vom DAI erfaßten Anlegertypen - reine Aktionäre, reine Fondsbesitzer und diejenigen, die in beide Anlageformen investieren - einen Zuwachs von knapp 2,7 bis 2,9 Prozent verbucht. Allerdings hat der Börsenaufschwung die direkte Aktienanlage erst im zweiten Halbjahr wieder popularisiert. In den ersten sechs Monaten des Jahres investierten nur 0,3 Prozent mehr direkt in Aktien. Von Juli bis Dezember aber kauften gleich 5,3 Prozent mehr Deutsche einzelne Aktien. Genau das Gegenteil geschah bei den Anlegern, die sowohl Aktien als auch Fonds ihr eigen nennen. Im ersten Halbjahr gab es hier noch einen Zuwachs von 6,3 Prozent, im zweiten Halbjahr schlug dagegen ein Minus von 6,8 Prozent zu Buche.
Nochmals vergrößert hat sich zudem der Abstand zwischen den neuen und alten Bundesländern. In Ostdeutschland nahm die Gesamtzahl der Aktionäre nochmals um 6,3 Prozent auf 1,5 Millionen ab. Damit besitzen dort nur 11,1 Prozent der Bevölkerung Aktien, Fonds oder beides zusammen, während es in Westdeutschland 18 Prozent sind.
Quelle: da., F.A.Z., 01.02.2006, Nr. 27 / Seite 21
...be invested
Der Einsame Samariter
Die Aktienhausse lockt nur wenige Privatanleger
31. Januar 2006 Erstmals seit vier Jahren haben sich im vergangenen Jahr wieder mehr Privatanleger an Aktien herangewagt. Dank des rasanten Aufschwungs an den Börsen ist die Zahl der Aktionäre im vergangenen Jahr um 0,3 Millionen auf 10,8 Millionen gestiegen. Dies zeigt eine Infratest-Umfrage im Auftrag des Deutschen Aktieninstituts (DAI). Damit besitzen nunmehr 16,7 Prozent der Deutschen Aktien oder Anteile an Aktienfonds. „Das Jahr 2005 war ein gutes Jahr für die Aktie und die Aktionäre. Gemessen an Ländern wie Niederlande, Großbritannien oder Nordamerika, sind wir aber immer noch weit abgeschlagen”, kommentierte Rüdiger von Rosen, Leiter des DAI, die Zahlen.
In der Tat scheint das Vertrauen der hiesigen Anleger in Aktien weitaus geringer zu sein als im europäischen Ausland. So haben im vergangenen Jahr 7,3 Prozent der Deutschen direkt - also ohne den Umweg über Fonds einzuschlagen - in Aktien investiert. In Großbritannien und Skandinavien nutzen dagegen weit mehr als 20 Prozent der Bevölkerung die Dividendenpapiere als Teil ihrer Anlagestrategie. Nur ein Bruchteil der Deutschen profitiert somit derzeit von den attraktiven Renditen an den Aktienmärkten, wo beispielsweise der Deutsche Aktienindex Dax allein im vergangenen Jahr um 27 Prozent nach oben geschossen ist. Ein Blick auf die Statistiken der deutschen Fondsbranche offenbart ein Indiz für die Gründe: So waren trotz der historisch niedrigen Zinsen die risikoärmeren, aber auch renditeschwächeren Rentenfonds 2005 gefragt wie nie zuvor, während Aktienfonds nur einen vergleichsweise geringen Zuwachs verzeichneten.
„Ich sehe noch keinen Durchbruch”
Einige Jahre, nachdem sich viele Anleger mit Aktien des Neuen Marktes die Finger verbrannten, trauen sich viele somit immer noch nicht an das heiße Eisen heran und setzen statt dessen auf das vermeintlich geringste Risiko. Das Hoch des Jahres 2001, als kurz nach der Entzauberung des Neuen Marktes 12,8 Millionen Deutsche Aktien und Fondsanteile besaßen, ist weit außerhalb der Reichweite. „Ich sehe noch keinen Durchbruch”, sagte Rosen. Nicht nur die Privatanleger, sondern auch die deutschen Pensionskassen und Versicherungen investierten immer noch zuwenig in Aktien. „Ich würde mir ein größeres Engagement der institutionellen Anleger wünschen.” Rosen forderte die Privatanleger auf, sich mehr mit dem Thema Geldanlage zu beschäftigen. Es könne nicht sein, daß die Deutschen für den „rudimentären Lustgewinn” von Fußballnachrichten viel Zeit aufwendeten, aber sich kaum um ihre private Altersvorsorge kümmerten, beklagte er sich.
Auch die deutschen Politiker sollten mit gutem Beispiel vorangehen und Aktien kaufen, appellierte der Leiter des Deutschen Aktieninstituts an die Volksvertreter. Er sprach sich für eine Umgestaltung des Pensionssystems der Politiker aus. „Die Politiker müssen für ihre Altersvorsorge selbst nicht aufkommen, obwohl sie von der Bevölkerung verlangen, privat vorzusorgen. Das kann eigentlich nicht sein.” Eine Pflicht zur privaten Altersvorsorge und damit zu einem Aktienengagement würde nach Ansicht von Rosen das Bewußtsein der Politiker für die Kapitalmärkte schärfen. Bei der geplanten Reform der Unternehmensteuern müßte zudem der Kapitalmarkt und die betriebliche und private Altersvorsorge besser gefördert werden.
Aktionäre nahezu verdoppelt
Im Vergleich mit dem Jahr 1997, ein Jahr nachdem der Börsengang der Deutschen Telekom die Deutschen auf das Thema Aktie aufmerksam machte, hat sich die Zahl der hiesigen Aktionäre nahezu verdoppelt. Zudem werden die deutschen Anleger zunehmend durch alternative Produkte wie Derivate gelockt, die in die Statistik noch nicht einfließen. Im vergangenen Jahr haben alle drei vom DAI erfaßten Anlegertypen - reine Aktionäre, reine Fondsbesitzer und diejenigen, die in beide Anlageformen investieren - einen Zuwachs von knapp 2,7 bis 2,9 Prozent verbucht. Allerdings hat der Börsenaufschwung die direkte Aktienanlage erst im zweiten Halbjahr wieder popularisiert. In den ersten sechs Monaten des Jahres investierten nur 0,3 Prozent mehr direkt in Aktien. Von Juli bis Dezember aber kauften gleich 5,3 Prozent mehr Deutsche einzelne Aktien. Genau das Gegenteil geschah bei den Anlegern, die sowohl Aktien als auch Fonds ihr eigen nennen. Im ersten Halbjahr gab es hier noch einen Zuwachs von 6,3 Prozent, im zweiten Halbjahr schlug dagegen ein Minus von 6,8 Prozent zu Buche.
Nochmals vergrößert hat sich zudem der Abstand zwischen den neuen und alten Bundesländern. In Ostdeutschland nahm die Gesamtzahl der Aktionäre nochmals um 6,3 Prozent auf 1,5 Millionen ab. Damit besitzen dort nur 11,1 Prozent der Bevölkerung Aktien, Fonds oder beides zusammen, während es in Westdeutschland 18 Prozent sind.
Quelle: da., F.A.Z., 01.02.2006, Nr. 27 / Seite 21
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