Der Stachel sitzt immer noch tief

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Nassie:

Der Stachel sitzt immer noch tief

 
04.03.05 23:31
Auch fünf Jahre nach dem Börsencrash bleibt die Skepsis gegenüber Aktien groß
von Daniel Eckert und Holger Zschäpitz

Berlin - Die Werbung ist seit Jeher ein perfekter Gradmesser gesellschaftlicher Befindlichkeiten. Das ist auch an den Finanzmärkten nicht anders. Zu den Hochzeiten der Aktienhausse um die Jahrtausendwende forderte die Dresdner Bank alle Deutschen auf, ihr Sparbuch in großem Stil in Aktienfonds zu tauschen. Heute ist eine andere Botschaft angesagt: Jetzt schickt das gleiche Institut Günter Netzer ins Rennen und läßt den Alt-Fußballstar mit dem Slogan: "Ihr Vermögen im Gleichgewicht" für eine Kombination aus soliden Rentenfonds und aktiv gemanagten Mischfonds werben.


Fast kommt es einem vor, als lägen Jahrzehnte dazwischen. Dabei ist es gerade einmal fünf Jahre her, daß der Deutsche Aktienindex Dax mit 8064,97 Punkten ein Allzeithoch markiert. Damals glaubten nicht wenige, es werde ewig so weitergehen. Es bedurfte einiger Zeit, bis die Anleger kapierten, daß nicht jeder Kurseinbruch eine Kaufgelegenheit ist. Noch Anfang 2002 schwadronierten Strategen von einem Dax-Stand 6000.


"Selbst diejenigen, die wußten, daß das nicht mehr lange so weitergehen konnte, trauten sich nicht mehr, das laut auszusprechen", beschreibt Joachim Goldberg, Analyst bei Cognitrend in Frankfurt, die Stimmung seinerzeit. "Wer damals nicht optimistisch war, gehörte einfach nicht dazu." Die Börseneuphorie erfaßte die gesamte Bevölkerung. In den ARD-Tagesthemen wurde diskutiert, ob es ein Grundrecht auf die Aktienzuteilung bei Neuemissionen geben müßte. Selbst die BILD-Zeitung veranstaltete ein Börsenspiel. "Wer zu einer Party kam, mußte fünf neue heiße Werte auf Lager haben, um interessant zu sein", erinnert sich Goldberg.


Auch rational denkende Ökonomen verfielen auf die Idee, daß es neue Bewertungsmaßstäbe geben müsse. Es wurden beinahe täglich neue Modelle erfunden, um exorbitant hohen Kurs/Gewinn-Verhältnisse zu rechtfertigen. Auch die US-Notenbank goß Öl ins Feuer. So strich Fed-Chef Alan Greenspan bei jeder Gelegenheit die hohen Produktivitätsgewinne der New Economy heraus. So sei es möglich, daß die Weltwirtschaft ohne Inflation - dem Schrecken der Investoren - kräftig wachsen könne. "Das war ein sicheres Zeichen für die Übertreibung", sagt Goldberg.


Heute stehen andere Werte im Mittelpunkt. Statt auf Wachstum setzen die Anleger auf Substanz. Hohe Dividenden sind das Maß aller Dinge. Auch können Kaufstudien von Analysten niemanden mehr recht hinter dem Ofen hervorlocken. Durch strengere Regulierungen der Aufsichtsbehörden sind auch die Unternehmen mit ihren Aussagen wesentlich konservativer geworden. Jede Neuemission wird überkritisch von den Investoren beäugt. Die meisten Börsenkandidaten schaffen nur unter extremen Preiszugeständnissen den Sprung auf das Parkett.


Beinahe sämtliche Markteilnehmer scheinen durch den Aktiencrash geläutert. Zwar haben die meisten Fondsmanager oder Strategen ihren Optimismus nie ganz abgelegt, werden sie doch für eine positive Kursentwicklung bezahlt. Doch die Banken verbreiten trotz heute niedriger Bewertungen nur noch gedämpften Optimismus. So sehen sie den Dax am Jahresende bei 45000 bis 4800 Punkten. Lediglich die Société Générale schert aus und erwartet für das deutsche Kursbarometer 5100 Punkte.


"Ich halte es für extrem unwahrscheinlich, daß sich eine ähnliche Übertreibung wie 2000 bei Aktien in den nächsten Jahren wiederholen könnte", so Goldberg. In der Breite seien die Anleger immunisiert gegen diese Art von Übertreibungen, zumindest in der entsprechenden Asset-Klasse. Normalerweise dauere bis zur nächsten Generation, bis sich wieder eine Anfälligkeit für Spekulationsblasen bilde. Goldberg: "Ich mache mir da keine Sorgen." Damals sei die Euphorie die Norm gewesen, heute sei es die Skepsis. "Die heutige Situation ist das genaue Spiegelbild der damaligen. Was wir seinerzeit an Optimismus zuviel hatten, haben wir heute zuviel an Pessimismus."


Beruhigt habe sich die Situation auch, weil keine neuen technologischen Schübe wie seinerzeit mit dem Internet zu verzeichnen seien. "Neue Technologien haben immer schon Spekulationsblasen Vorschub geleistet. So war es im 19. Jahrhundert mit der Eisenbahn, und in den zwanziger Jahren mit der Elektrizität", sagt ein Fondsmanager.


Wenn es derzeit eine neue Spekulationsblase gebt, dann mit großer Sicherheit nicht bei deutschen oder europäischen Aktien. Nicht einmal bei Anleihen sei ein echter Hype zu erkennen.


Artikel erschienen am Sa, 5. März 2005
Welt.de
baanbruch:

Und was war mit Solarworld ?

 
05.03.05 15:31

Issja nun mal keine Bijou Brigitte !

Und nun kloppen sie sich schon wieder um die Blase
Premiere !

Nee nee, es sind schon wieder viel zu viel Fantasten
aktiv.
Nassie:

Nur nicht wieder die Finger verbrennen

 
05.03.05 23:43
Nur nicht wieder die Finger verbrennen
Fünf Jahre nach dem Höhepunkt des Börsenbooms leidet die Aktienkultur in Deutschland noch immer
von Nikos Späth

Als auch die Hausfrauen den Schritt aufs Parkett wagten, war der Spaß bald vorbei. Zwischen Wäschekorb und Waschmaschine mal eben den Makler angerufen und die nächste Neuemission gezeichnet - das konnte nicht gutgehen, sagen Börsenexperten heute im Rückblick. Von der sogenannten Hausfrauen-Hausse aber wurde erst gesprochen, als die Aktienkurse dramatisch abschmierten, damals, im Frühjahr 2000.


Fünf Jahre liegen die wilden Zeiten schon zurück. Am 7. März 2000 erreichte der Dax mit 8136,16 Punkten sein Allzeithoch. Der Nemax All Share hob sich den historischen Höchststand von 8546,19 Punkten für seinen dritten Geburtstag am 10. März 2000 auf. Am selben Tag, einem Freitag, schloß auch die US-Technologiebörse Nasdaq auf Rekordniveau.


In jeder U-Bahn, an jeder Supermarktkasse, in jeder Kantine waren Aktien das dominierende Thema: Welches Papier hast Du zuletzt gekauft, wie ist die Performance deines Depots? Wann kommt die nächste Emission?


Ein ganzes Volk war elektrisiert vom Traum des schnellen Reichtums und Erfolgs.


Freitags abends wurde kollektiv die "3 Sat Börse" eingeschaltet. Am Montag dann, noch vor der Arbeit oder der Uni, gab man seine Orders ab. Kurssprünge von 25 Prozent für die empfohlenen Aktien waren die Regel, aber das nahm man in Kauf, sie stiegen ja weiter. Nur wenige wollten die Gefahr sehen und warnten in Internet-Foren mit Beiträgen wie "Rettet Eure Gewinne". Gefragt waren Mutmacher wie "Immos", der am 13. März 2000, als die Kurse um fünf Prozent einknickten, bei Wallstreet-Online die Zeilen schrieb: "Ruhig Blut, die zittrigen Hände werden in den nächsten Tagen wieder ruhiger. Aussitzen und abwarten!"


Genutzt hat die Politik der ruhigen Hand nichts. Wer im technologielastigen Neuen Markt investiert war, hatte bis März 2003 95 Prozent seines Kapitals verloren. Am 21. desselben Monats wurde der Zockerindex beim Stand von 403 Punkten zu Grabe getragen - ebenso wie zuvor einstige Highflyer wie Kabel New Media, Gigabell oder Sunburst.


Geblieben ist bei vielen Anlegern Katzenjammer. Laut Deutschem Aktieninstitut (DAI) sank die Zahl der Aktionäre seit 2001 um 2,3 auf 10,5 Millionen. Mehr als die Hälfte hat nur Fonds im Depot, keine Einzelaktien. Mit einer Quote von 16,1 Prozent an der Bevölkerung über 14 Jahre sind börsenbasierte Investments in Deutschland weit im Hintertreffen gegenüber Sparbuch, Immobilien und festverzinslichen Papieren. In Schweden und den USA besitzen mehr als 50 Prozent der Bürger Aktien, in der Schweiz, Großbritannien und Italien ist es jeder dritte Einwohner.


Dabei gibt zumindest die Marktentwicklung der vergangenen zwei Jahre für Aktienabstinenz keinen Anlaß. Seit März 2003 stieg der Dax um gut 80 Prozent, der Nebenwerte-Index MDax verdoppelte sich sogar. "Mit soliden Aktien konnte man eine Menge Geld verdienen", sagt Jens Ehrhardt, Vorstand des gleichnamigen Vermögensverwalters.


Allerdings sei der Boom relativ verborgen geblieben und an vielen Kleinanlegern vorbeigegangen. "Erst wollten alle rein, dann alle raus, jetzt sind wir irgendwo im Niemandsland, und das Geschäft ist ziemlich ruhig", sagt Dirk Müller von der ICF Kursmakler AG, einer der wenigen verbliebenen Parketthändler in Frankfurt. Müller hat als viel fotografierter "Mr. Dax" unter der Kurstafel alle Höhen und Tiefen mitgemacht.


"Der Crash wirkt noch nach", sagt Rüdiger von Rosen, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des DAI. Viele Anleger haben sich die Finger verbrannt und Wertpapiere seitdem nicht mehr angefaßt. Dies sei bedenklich, sagt von Rosen, schließlich hätten die Bürger bei der privaten Altersvorsorge einen riesigen Nachholbedarf. "Es herrscht unverständlicherweise eine extreme Scheu, sich über Anlagemöglichkeiten zur Sicherung der Rente zu informieren ", konstatiert er. "Über Fußball wissen die Deutschen besser Bescheid." Deshalb plädiert von Rosen im Sinne der heranwachsenden Generationen dafür, ein Schulfach Wirtschaft einzuführen.


"Bis wieder eine breite Begeisterung für Aktien entsteht, ist es ein weiter Weg", sagt Christoph Schlienkamp, Analyst des Bankhauses Lampe in Düsseldorf. Frischen Schwung könnten Neuemissionen bringen. Am Mittwoch geht der Pay-TV-Anbieter Premiere an die Börse, das Interesse ist beachtlich. Seit der Postbank im Juni vergangenen Jahres ist Premiere das erste größere IPO (Initial Public Offering). "Die deutschen Unternehmen müssen ihre extreme Zurückhaltung gegenüber den Aktienmärkten aufgeben, schließlich haben sie das Kapital dringend nötig", sagt von Rosen und verweist auf den Alternative Investment Market (AIM) in London mit mehr als 30 IPOs im vergangenen Jahr.


Nachdem 1999 und 2000 weit über 100 Unternehmen neu an der deutschen Börse plaziert wurden, ist die Zahl der Börsengänge mit der Baisse zusammengeschmolzen. 2001 wagten 26 Unternehmen diesen Schritt, 2002 nur noch sieben, ein Jahr darauf herrschte komplette Flaute. "2004 sind vor allem Wincor Nixdorf und Postbank im Rückblick recht gut gelaufen", sagt Analyst Schlienkamp. "Das macht Mut für 2005."


Doch selbst ein Dutzend Neuemissionen wird allein kaum reichen, um Kleinanlegern Lust auf die Börse zu machen. Erst wenn diese wieder an das Credo des Börsengurus André Kostolany glauben, daß Aktien langfristig die beste Anlageform sind, werden sie allmählich zurückkehren.


Artikel erschienen am 6. März 2005
WamS.de
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