Eine teure Garantie.
Erinnern Sie sich an den 07. Oktober 2008? Die Schlagzeilen der
"BILD" an diesem Tag lauteten: "Größter Wallstreet-Sturz aller
Zeiten", "Das Billionen-Versprechen", "Aktien im freien
Fall", Riesen-Wut auf Banker", "Ausnahmezustand an den Börsen,
Krisensitzungen, Alarmstimmung". Das Fass Rohöl stürzte auf - aus heutiger
Sicht unglaubliche - 89 US-Dollar ab. Der Dow Jones Index fiel unter 10.000
Punkte. Die Börse in Moskau wurde ausgesetzt. Doch was hat das mit unserer
Bundeskanzlerin zu tun?
Eine beispiellose Kapitalflucht
Einer der "Lieblingssprüche" meines Vaters lautet: " Was ist das
Gegenteil von gut gemacht? Gut gemeint!" Dies trifft auch für diesen Fall
zu. Die von der Bundesregierung Anfang Oktober abgegebene, unbegrenzte
Staatsgarantie für die Spareinlagen der Bürger hat die Finanzmärkte massiv
umgekrempelt. Nie in der Geschichte erlebten wir innerhalb weniger Wochen und
Monate eine Kapitalflucht in diesem Ausmaß. Deutsche Anleger verkauften nahezu
alle Anlageklassen (Aktien, Immobilien, Zertifikate und Industrieanleihen) und
flüchteten nahezu panisch in die vermeintlich sicheren Bankeinlagen, für die
der Staat eine Garantie abgegeben hatte. Die Rücknahme von Anteilen vieler
Immobilienfonds ist bis heute ausgesetzt. Bundeswertpapiere verzeichnen seither
ebenfalls eine massive Nachfrage. Dies geht natürlich zu Lasten der anderen
Anlageklassen und verschärft die Krise!
Weltweit haben Staatsgarantien und Eingriffe in die Märkte diesen Effekt
gebracht. Die derzeitige Situation erinnert uns stark an das Frühjahr 2003.
Damals - ebenfalls am Höhepunkt der Krise - sorgten die geforderten
"Stresstests" der Versicherungsbranche für einen
"künstlich" herbei geführten, zusätzlichen Verkaufsdruck an den
Aktienmärkten, die den Absturz nochmals beschleunigten. Die Staatsgarantien im
Herbst 2008 haben eine ähnliche Entwicklung ausgelöst. Das größte Problem
besteht weiterhin in dem mangelnden Vertrauen der Investoren. Die heutigen
Diskussionen um Enteignungen sind ebenfalls nicht hilfreich.
Besonders deutlich wird dieser Effekt am Beispiel des EONIA. Wikipedia erklärt
diesen Zinssatz wie folgt: "Der EONIA (Euro Overnight Index Average) ist
der offiziell berechnete Tagesgeldzinssatz für den Euro. Er besteht aus dem
gewichteten Durchschnitt der Zinssätze, die eine Gruppe größerer Institute im
Euro-Währungsgebiet auf dem Interbankenmarkt für unbesicherte
Übernachtkontrakte effektiv abgeschlossen haben. Er wird von der Europäischen
Zentralbank berechnet."
Am Tag nach der Staatsgarantie - dem 07. Oktober 2008 - notierte der EONIA bei
4,60%. Bis heute ist dieser Tagesgeldzinssatz auf 1,2% abgestürzt. Doch nicht
alle Banken können sich diese günstigen Zinssätze sichern. Eine Anzeige der
Commerzbank im heutigen Handelsblatt bringt das kurioserweise auf den Punkt.
Dort heißt es: "Aus Commerzbank und Dresdner Bank wird eine Bank. Schon
jetzt profitieren Kunden beider Institute von den Vorteilen der
Top-Zins-Anlage: Hohe Renditen ohne Risiko. Sichern Sie sich jetzt noch für ein
ganzes Jahr einen Zinssatz deutlich über Marktniveau. Feste Zinsen von
3,5% p.a.." Zum Vergleich: Einjährige Finanzierungsschätze des Bundes
rentieren heute nur mit 1,25%. Die Staatsgarantie hat auch hier einen ähnlichen
- eigentlich unerwünschten - Effekt: Banken müssen Konditionen "deutlich
über Marktniveau" bieten und werben sogar noch damit. Bei "Subprime"
war das nicht anders.
Fazit
Die Staatsgarantie hat die Märkte nicht wie erhofft beruhigt und das Vertrauen
in die Finanzmärkte zurück gebracht. Im Gegenteil: Der massive Eingriff in die
freien Märkte hat das Vertrauen nachhaltig gestört und eine Flucht in Bargeld
ausgelöst. Die Crash-Situation an den Finanzmärkten ist dadurch eskaliert. Der
eigentlich erhoffte Effekt ist damit nicht nur verpufft, er hat die Krise sogar
noch verschärft. Das Gegenteil von "gut gemacht" scheint in der Tat
"gut gemeint" zu sein.