Eure Definitionen von Liebe finde ich übrigens sehr ernüchternd.
Hat hier eigentlich schon mal jemand gelebt?
Hier meine Vorstellung:
Liebe ist sehr selten. Um einem Menschen in seinem Zentrum zu begegnen, muß man selbst durch eine innere Revolution gehen.
Denn wenn man jemanden in seinem Zentrum begegnen möchte, muß man ihm auch erlauben, das eigene Zentrum zu erreichen.
Ihr müßt verletzbar werden, absolut verletzbar und offen. Es ist ein Wagnis. Jemanden zu erlauben, dein Zentrum zu berrühren, ist ein gefährliches Risiko. Man kann nie wissen, was der andere mit einem macht, wenn man einmal alle seine Geheimnisse preisgegeben hat, wenn das Verborgene ans Licht gekommen ist. Wenn man völlig bloßgestellt ist, weiß man nie, was der andere tun könnte. Diese Angst ist da. Und darum sind wir nie offen. Wir haben Bekanntschaften und glauben, es sei Liebe. Oberflächen treffen sich, und wir meinen, wir hätten uns getroffen. Ihr seid nicht eure Oberfläche. Wirklich, die Oberfläche ist die Grenze, wo ihr aufhört; nur der Zaun um euch herum. Das seid ihr nicht! Die Oberfläche ist die Stelle, wo ihr aufhört und die Welt beginnt.
Man kann jemanden nur in sein Zentrum hereinlassen, wenn man keine Angst hat, wenn man nicht furchtsam ist. Darum sage ich euch, es gibt zwei Lebensweisen:
Eine ist angst-orientiertes Leben, und die andere liebes-orientiert.
Ein angst-orientiertes Leben kann euch niemals in eine tiefe Beziehung führen. Ihr habt immer Angst und könnt dem anderen nicht erlauben, zu eurem tiefsten Mittelpunkt vorzudringen. Ihr laßt den anderen bis zu einem gewissen Punkt ein - und dann kommt die Mauer, wo alles aufhört.
Ein liebes-orientierter Mensch ist ein religiöser Mensch. Ein liebes-orientierter Mensch ist einer, der keine Angst vor der Zukunft hat, der sich nicht vor dem Ergebnis und den Konsequenzen fürchtet, der im Hier und Jetzt lebt.
Wenn ihr keine Angst habt, gibt es nichts zu verstecken. Dann könnt ihr offen sein, dann könnt ihr alle Grenzen aufheben, und dann könnt ihr den anderen einladen, euch im tiefsten Inneren zu treffen. Und vergeßt nicht, wenn ihr jemanden erlaubt, tief in euch einzudringen, wird der andere euch auch erlauben, in ihn oder sie einzudringen. Wenn du jemanden tief in dich hereinläßt, entsteht Vertrauen. Wenn du keine Angst hast, wird auch der andere furchtlos.
Wenn ihr zulassen könnt, daß Liebe geschieht, dann ist es nicht nötig zu beten oder zu meditieren, dann braucht ihr keinen Tempel, keine Kirche. Ihr könnt Gott völlig vergessen, wenn ihr lieben könnt. Denn durch Liebe ist euch alles geschehen - Meditation, Gebet, Gott. Alles das wird durch euch geschehen. Das meint Jesus, als er sagt: "Liebe ist Gott." Aber Liebe ist schwierig. Die Angst muß aufgegeben werden.
Und das ist das Merkwürdige - ihr habt soviel Angst und dabei habt ihr nichts zu verlieren.
Kabir sagt irgendwo: "Ich sehe in die Leute hinein. Sie haben soviel Angst, aber ich sehe nicht warum - sie haben doch nichts zu verlieren." Weiter sagt Kabir: "Sie sind wie ein nackter Mensch, der nicht wagt, im Fluß baden zu gehen, weil er Angst hat, seine Kleider werden gestohlen."
Ihr befindet euch in der gleichen Situation - ihr habt keine Kleider, aber immer Angst, sie zu verlieren. Was habt ihr zu verlieren? Nichts. Dieser Körper wird euch durch den Tod genommen. Bevor der Tod ihn nimmt, schenkt ihn der Liebe. Was ihr auch besitzt, es wird euch irgendwann genommen werden. Warum nicht mit anderen teilen, bevor es weggenommen wird? Das ist die einzige Möglichkeit, es zu besitzen. Wenn ihr teilen und geben könnt, seid ihr der Herr. Es wird euch sowieso genommen. Ihr könnt nichts ewig behalten, der Tod wird alles zerstören.
Darum, wenn ihr mir genau zuhört, findet der Kampf zwischen dem Tod und der Liebe statt. Wenn ihr geben könnt, gibt es keinen Tod.
Bevor euch irgendetwas genommen werden kann, habt ihr es schon weggegeben. Ihr habt ein Geschenk daraus gemacht. Dann kann es keinen Tod geben. Für einen Liebenden gibt es keinen Tod. Für einen, der nicht liebt, ist jeder Augenblick ein Tod, denn jeden Moment wird ihm etwas entrissen. Sein Körper verschwindet bereits - er verliert ihn mit jedem Augenblick mehr. Der Tod wird kommen und alles auslöschen.
Was ist die Angst? Warum habt ihr solche Angst? Selbst wenn alles über euch bekannt ist und ihr ein offenes Buch seid, warum sich fürchten?
Wie kann euch das schaden? Alles nur falsche Vorstellungen, nur falsche Konditionierungen, die euch die Gesellschaft mitgegeben hat - daß man sich verstecken und schützen muß, daß man andauernd kämpfen muß, daß alle anderen Feinde und gegen dich sind. Niemand ist gegen dich. Selbst wenn du das Gefühl hast, daß jemand gegen dich ist, ist es ein Irrtum. Alle sind mit sich selbst beschäftigt, nicht mit dir. Es gibt nichts zu fürchten. Das muß man erkannt haben, bevor eine echte Beziehung, möglich ist. Es gibt nichts zu fürchten.