Der Comroad-Prozeß gibt Einblicke

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das Zentrum d.:

Der Comroad-Prozeß gibt Einblicke

 
15.11.02 15:29
Vorgezogene Umsätze, ein Geständnis und ein Widerruf

Der Comroad-Prozeß gibt Einblicke in ein besonderes Wachstumsunternehmen


jgo. MÜNCHEN, 14. November. Was hätte der Gründer des Telematikunternehmens Comroad aus Unterschleißheim bei München schon sagen können? Die Beweislage, die die Staatsanwaltschaft auf 20 Seiten zusammengetragen hat, ist erdrückend. Bodo Schnabel wird zur Last gelegt, über Jahre hinweg einen Großteil des Umsatzes frei erfunden zu haben, mit falschen Ad-hoc-Mitteilungen den Kurs in die Höhe getrieben und durch Aktienverkäufe Gewinne in Höhe von 26,8 Millionen Euro eingestrichen zu haben. Zahlreiche Kleinanleger, aber auch renommierte Häuser wie Merrill Lynch ließen sich in die Irre führen. Der Rechtsanwalt Klaus Rotter, der geschädigte Aktionäre vertritt, schätzt den Schaden auf einen "dreistelligen Millionenbereich". Der großangelegte Schwindel kam erst im Frühjahr 2002 ans Licht: Im April mußte Comroad einräumen, vom Umsatz für 2001 in Höhe von 93,6 Millionen Euro lediglich 1,4 Prozent belegen zu können. Der angebliche Hauptgeschäftspartner, die Firma VT-Electronics in Hongkong, hat nach Erkenntnissen der Wirtschaftsprüfer und Ermittler nur auf dem Papier existiert. Am 15. April legte Schnabel, der seit Ende März in Untersuchungshaft sitzt, ein Geständnis ab. Aber die Hoffnung des Vorsitzenden Richters Wolf-Stefan Wiegand auf ein schnelles Prozeßende erfüllte sich nicht. Der größte Bilanzskandal des Neuen Marktes begann vor dem Landgericht München mit einem Paukenschlag: In einer 27 Seiten umfassenden Erklärung bestritt der 51 Jahre alte Diplomingenieur im wesentlichen die Vorwürfe, während die mitangeklagte Ehefrau Ingrid von ihrem Rechtsanwalt Wolfgang Dingfelder ein umfassendes Geständnis verlesen ließ.

"Die Umsätze waren nicht frei erfunden", sagte Schnabel. Im weiteren Verlauf räumte er lediglich ein, es sei ein Fehler gewesen, "vorgezogene Umsatzzahlen" veröffentlicht zu haben. Er beteuerte: "Ich wollte zu keinem Zeitpunkt jemanden betrügen." Den Hinweis des Richters, noch könne er das Strafmaß durch eine Kooperation günstig beeinflussen, ignorierte er ebenso wie weitere Fragen. "Mir geht es auch nicht gut", beschied er das Gericht. In der Erklärung der Ehefrau dagegen wird die Beihilfe zu den Delikten Kursbetrug, Insiderhandel und gewerbsmäßigen Betrugs eingeräumt. Ingrid Schnabel, die dem Unternehmen zunächst als Vorstandsvorsitzende und später als Mitglied im Aufsichtsrat diente, bedauerte ihr Verhalten, das sie auf eine Instrumentalisierung durch ihren Mann zurückführte. Auf Nachfrage des Richters zeichnete sie das Bild von einer Frau, die ohne jede Frage die Anweisungen ihres Mannes befolgte und keine Frage stellte. Von den Aufgaben eines Aufsichtsrats oder Vorstandes habe sie keine Vorstellung gehabt, sagte sie. "Tatsächlich stand das nur auf dem Papier. Mein Mann hat die Geschäfte geführt." In ihrer Zeit als Vorstandsvorsitzende und als Aufsichtsratsmitglied habe sie als Freiberuflerin "überwiegend von Zu Hause aus" gearbeitet.

Wenn der Prozeß am 20. November fortgesetzt wird, dürften weitere peinliche Enthüllungen über die Arbeitsweise des Unternehmens ans Licht kommen. Vor allem Wirtschaftsprüfer sehen den weiteren fünf Verhandlungstagen mit Spannung entgegen. Unfreiwillig im Mittelpunkt befinden dürfte sich bald die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, die bis zum Frühjahr dieses Jahres die Comroad-Bilanzen testiert hatte. Bei seiner Vernehmung im April bereits hatte Bodo Schnabel zu Protokoll gegeben, er wundere sich selbst darüber, daß die Schwindeleien niemandem aufgefallen seien.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.11.2002, Nr. 266 / Seite 23

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MadChart:

Einfach dummdreist, dieser Typ!

 
15.11.02 15:34
siehe auch hier :


Viele Grüße

Der Comroad-Prozeß gibt Einblicke 853866

MadChart

das Zentrum d.:

die Richter haben schon den richtigen Wink gegeben .

 
15.11.02 15:42
Desaster_Ma.:

Lesen und "geniessen"

 
21.11.02 12:04
Aus der "Süddeutschen" 21.11.02:
Trotz hartnäckiger Nachfragen des Gerichts blieb Schnabel auch am Mittwoch vor dem Münchner Landgericht bei seiner Version: Er sei damals fest davon ausgegangen, dass er richtig gehandelt habe.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Kursbetrug, Insiderhandel und gewerbsmäßigen Betrug vor. Schnabel soll jahrelang die Umsätze der Neuen-Markt-Firma Comroad durch Geschäfte mit einer angeblich in Hongkong sitzenden Firma aufgebläht haben.

Im Jahr 2001 seien 96,4 Prozent der insgesamt 93,6 Millionen Euro Umsatz frei erfunden gewesen. Schnabels ebenfalls angeklagte Ehefrau Ingrid hatte vergangene Woche ihre Beihilfe zu den Taten gestanden.
     
   Bevor das Gericht am Mittwoch in die Beweisaufnahme eintrat, versuchten Richter und Staatsanwalt noch ein letztes Mal, den Angeklagten ebenfalls zu einem Geständnis zu bewegen. „Haben sie uns etwas mitzuteilen?“, begann der Vorsitzende Richter Wolf-Stefan Wiegand die Sitzung. Doch die Antworten des Angeklagten blieben auch diesmal ausweichend.

Jeff Liu verzweifelt gesucht

Stattdessen überraschte Schnabel mit der Ankündigung, seinen angeblichen Geschäftspartner aus Hongkong, der laut Anklage gar nicht existiert, präsentieren zu können. „Wir haben Jeff Liu mittlerweile erreicht, er kann als Zeuge aussagen.“

Auf die erstaunte Nachfrage des Richters sagte Schnabel: „Ich bin sehr sicher, dass wir die Adresse haben.“ Das klinge ja nun schon etwas anders, meinte der Richter, doch Schnabel erwiderte, dass „wir erst noch Personen fragen müssen, die den auch kennen“. „Und das war seit März nicht möglich?“, fragte Wiegand. Schnabels Antwort: „Es wurde nicht direkt als notwendig erachtet.“

Im Laufe der weiteren Befragung reagierten Richter und Staatsanwalt zunehmend genervt. „Können Sie eine Frage eigentlich mit Ja oder Nein beantworten oder ist Ihnen das persönlichkeitsmäßig untersagt“, fragte der Richter, als Schnabel erneut zu einer ausholenden Rede angesetzt hatte.

„Clown des Neuen Marktes“

Selbst Ingrid Schnabels Verteidiger, Wolfgang Dingfelder, platzte irgendwann der Kragen. „Herr Schnabel, bevor es mich hier zerreißt, Sie sind kurz davor, als Clown des Neuen Marktes in die Geschichte einzugehen. Denken Sie mal daran, dass Sie eine sechsjährige Tochter haben. Und die soll dann irgendwann zu diesem Clown aufsehen?“

Doch Schnabel blieb ungerührt. Er hielt an seiner Darstellung fest, dass es Verträge gegeben habe, die von den angeblichen Geschäftspartnern aber letztlich nicht erfüllt wurden. Teilweise kam es dabei zu skurrilen Dialogen. „Haben Sie eigentlich mal auf Erfüllung geklagt“, fragte Richter Wiegand. „Die Verträge waren nicht so formuliert, dass man Schadensersatz hätte verlangen können.“

„Ach, dann waren das eher unverbindliche Absichtserklärungen?“, fragte Wiegand nach. „Das ist bei Verträgen so üblich“, sagte Schnabel, sie seien aber „ernsthaft“ gewesen. „Ich will wissen, ob sie verbindlich waren“, stellte der Richter klar. „Ja, aber nicht so, dass eine Strafe erfolgt wäre, wenn sie nicht eingehalten wurden.“

Lieblingssatz des Richters

Staatsanwalt Peter Noll hielt dem Angeklagten erneut eine Passage aus seinem im April abgelegten, aber mittlerweile widerrufenen Geständnis vor. Schnabel reagierte empört: „Sie sollten hier nicht einzelne Passagen zitieren, sondern wenn, dann alles vorlesen.“ Zwischenbemerkung des Richters: „Vielleicht auch die Passage ,Ich war selbst erstaunt, wie lange das gut ging‘, die hat mir am besten gefallen.“

Als die Bemühungen erkennbar nichts bewirkten, rief das Gericht den ersten Zeugen auf: Andreas Schacht von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rödl & Partner. Diese war Ende Februar mit der Sonderprüfung von Comroad beauftragt worden. Laut Schacht habe man vergeblich nach der Hongkonger Firma gesucht. Auch Recherchen vor Ort halfen nicht weiter. Im dortigen Handelsregister sei die Firma im fraglichen Zeitraum nicht eingetragen und auch unter der auf Rechnungen angegebenen Adresse nicht zu finden gewesen.

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