Der CD-Kopierschutz mit Mindesthaltbarkeitsdatum

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Der CD-Kopierschutz mit Mindesthaltbarkeitsdatum

 
01.02.02 12:58

Wie der Phonoverband den Verbrauchern "entgegenkommen" will


Nachdem sich in der Vergangenheit bereits zahlreiche Verbraucher gegen kopiergeschützte CDs gewehrt haben, wurde in den letzten Wochen auch Patent-Halter Philips aktiv. Jetzt denkt der Deutsche Phonoverband darüber nach, die Silberscheiben nur "zeitlich begrenzt" zu schützen.

Gerd Gebhardt, seines Zeichens Vorsitzender des Bundesverbandes der Phonographischen Industrie, hat sich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit einer interessanten Idee zum CD-Kopierschutz zu Wort gemeldet. Anfang der Woche erklärte er der Zeitung, man könne dem Verbraucher möglicherweise entgegenkommen, indem man die Kopiersperren einfach zeitlich begrenze. Wörtlich erklärte er dazu:

"Ich halte es für denkbar, dass CDs mit einem Kopierschutz ausgestattet werden, der nur drei bis sechs Monate wirksam ist."  
 
Wie er sich das denn so denkt, verriet er der FAZ leider nicht. Dabei wäre gerade dies höchst interessant gewesen. Die verbreiteten Kopierschutztechniken für Audio-CDs setzen nämlich darauf, CD-ROM-Laufwerke durch Fehler im Audiomaterial oder falsche TOC-Angaben zu irritieren. Wie diese Fehler nach drei Monaten plötzlich wieder von der CD verschwinden sollen, bleibt nun leider Gebhardts Geheimnis.

"Lediglich ein paar hundert Beschwerden"

Wahrscheinlich hat Gebhardt bei seinem Vorschlag nicht wirklich an den CD-Kopierschutz gedacht, sondern an Abspielbeschränkungen zusätzlicher auf der CD enthaltener Musik-Dateien. Neuere Kopierschutzmechanismen bieten oft einen zusätzlichen Datentrack mit den Songs der CD in einem kopiergeschützten Audioformat. Alternativ können die Songs manchmal auch von einer Website heruntergeladen werden, um wenigstens ein begrenztes Hörvergnügen auf dem PC zu haben. Diese meist im Windows Media Audioformat kodierten Songs sind dann allerdings per Digital Rights Management geschützt und lassen sich nicht auf eine Audio-CD brennen. Solch eine Beschränkung könnte man tatsächlich auf drei Monate begrenzen.

An dem eigentlichen Problem - der fehlerhaften Audio-CD - würde dies jedoch nichts ändern. Gerade dieses Problem stößt jedoch auf Missfallen bei den Konsumenten, kann es doch dazu führen, dass sich die entsprechend geschützten CDs nicht auf allen Geräten abspielen lassen. Alte CD-Player können damit ebenso Schwierigkeiten haben wie moderne DVD-Player oder Spielkonsolen. Glaubt man Gebhardt, halten sich Reklamationen wegen geschützter CDs aber in Grenzen. Nach seinen Schätzungen wurden bis Ende letzten Jahres fünf bis sieben Millionen geschützte CDs verkauft. Gegenüber der FAZ erklärte er zu den Reaktionen darauf:
 
"Es gab lediglich ein paar hundert Beschwerden."  
 
"Silberscheiben, die CDs ähneln"

Doch mittlerweile sind es nicht mehr allein die Konsumenten, die sich über kopiergeschützte CDs aufregen. Nach Monaten des Schweigens meldete sich Anfang Januar Philips als Halter der Compact Disc-Patentrechte zu Wort. Im  Gespräch mit der Financial Times Deutschland verwehrt sich Philips-Sprecher Klaus Petri gegen den Bruch des CD-Standards durch Kopierschutztechniken:

"Das sind Silberscheiben mit Musik drauf, die CDs ähneln, aber keine sind."  
 
Gefragt, warum Philips dagegen noch nicht rechtlich vorgegangen sei, verwies Petri auf die bald auslaufenden Patentrechte und den vermutlich länger dauernden Prozess. Außerdem zeigte er sich zuversichtlich, dass der Markt das sowieso schneller regeln werde. In Großbritannien hätten Konsumenten bereits gemeinsam mit Händlern den Kopierschutz für CDs erfolgreich vereitelt (siehe auch:  Immer Ärger mit dem Kaktus). Petri dazu:

"Wir hoffen, dass die deutschen Konsumenten genauso mündig sind."  
 
Kopierschutz führt zu geringerer CD-Haltbarkeit

Auch in anderen Ländern hatten Philips-Vertreter praktisch zeitgleich gegen geschützte CDs Stellung bezogen. Offenbar hat die Firma in der Vergangenheit bereits verschiedentlich Plattenfirmen gewarnt, ihre geschützten CDs nicht mit dem "Compact Disk - Digital Audio"-Logo auf den Markt zu bringen. Gegenüber dem Onlinemagazin CDRInfo erklärte zudem ein Vertreter der Firma, man befürchte, dass die geschützten Alben von geringerer Qualität seien und schon bei normalem Gebrauch nach wenigen Jahren nicht mehr abspielbar seien.

CDRInfo hat diese Woche einen umfangreichen  Test des Cactus Data Shield 200-Schutzes veröffentlicht, der diese Vermutung bestätigt. So fanden die CD-Kopierfreunde auf dem Cactus-geschützten letzten Album von Natalie Imbruglia einen sehr hohen Wert so genannter C1-Fehler. Dies sind kleine Lesefehler, die ein Audio-CD-Player normalerweise problemlos ausgleichen kann. Wenn eine solcherart "beschädigte" CD jedoch zudem noch durch Gebrauchsspuren beeinträchtigt wird, kann dies zu Wiedergabefehlern führen.

Vielleicht erklärt das ja auch Gerd Gebhardts merkwürdige Idee des zeitlich begrenzten Kopierschutzes. Ist die CD erst einmal nicht mehr lesbar, funktioniert natürlich auch der Kopierschutz nicht mehr.

Logisch, oder?
Happy End:

Geschützte CDs Täuschung des Konsumenten

 
18.06.02 14:38
US-Plattenfirmen wegen kopiergeschützter Audio-CDs verklagt

Zwei kalifornische Konsumenten haben eine Sammelklage gegen die großen Plattenfirmen eingereicht. Sie fordern eine Entschädigung für kopiergeschützte Audio-CDs, da diese nicht funktionsfähig und unzureichend gekennzeichnet gewesen seien.

In ihrer Mitte der Woche in Los Angeles eingereichten Klage fordern Matthew Dickey und Elizabeth Koluncich, die Plattenfirmen sollten die Auslieferung kopiergeschützter CDs stoppen und sie aus dem Handel zurückziehen oder eindeutig als minderwertig kennzeichnen. Die Klage richtet sich gegen fünf großen Plattenfirmen BMG, Universal, Sony Music, EMI und die Warner Music Group.

Die Firmen hätten CDs in den Handel gebracht, die mit zahlreichen Computern, Audio-CD-Playern, DVD-Playern und Game-Konsolen nicht abgespielt werden können. Diese CDs seien zudem fälschlicherweise als Standard-Audio-CDs bezeichnet worden. In der von der LA Times veröffentlichten  Klageschrift heißt es dazu unter anderem, die CDs hielten sich nicht an den "Red Book" Standard für CDs, den Sony und Philips 1980 eingeführt haben. Als solche dürften sie eigentlich nicht das CD-Logo tragen. Wer die CD dennoch mit dem Logo vermarkte, täusche die Konsumenten.

Die Klageschrift nimmt dabei auch Bezug auf die Kritik, die Philips als Patenthalter an der Manipulation des CD-Standards geäußert hat. Erwähnt wird zudem ein Hinweis auf der  Apple-Website, nach dem es in einigen Fällen nötig ist, einen Mac zur Werkstatt zu bringen, um die kopiergeschützte CD wieder aus dem Laufwerk zu entfernen.

Weitere Sammelklage in Vorbereitung

Bisher haben sich die großen Labels in den USA mit der Veröffentlichung kopiergeschützter Audio-CDs eher zurückgehalten. Universal beispielsweise hat nach eigenen Angaben erst drei CDs mit Kopierschutz auf den Markt gebracht. In Deutschland sind die Labels dagegen weit experimentierfreudiger. Insgesamt dürfte sich die Zahl der CDs mit Kopierschutz hierzulande mittlerweile im zweistelligen Millionenbereich bewegen. Grund dafür sind auch die rechtlichen Unterschiede zwischen beiden Ländern, die so etwas wie die eingebrachte Sammelklage in den USA deutlich einfacher machen.

Schon in der Vergangenheit hatte in den USA eine Konsumentin erfolgreich gegen kopiergeschützte CDs geklagt. Karen DeLise erreichte mit ihrer Klage unter anderem, dass der Kopierschutz-Anbieter Sunncomm sein Web-Angebot anonymisieren musste. Vorher hatten Käufer, die auch auf ihrem PC Zugriff auf die fragliche CD haben wollten, sich namentlich registrieren müssen. Medienberichten zufolge bereiten mehrere US-Anwaltskanzleien zudem derzeit eine weitere Sammelklage gegen die großen Plattenfirmen wegen kopiergeschützter CDs vor.  
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