Wie der Phonoverband den Verbrauchern "entgegenkommen" will
Nachdem sich in der Vergangenheit bereits zahlreiche Verbraucher gegen kopiergeschützte CDs gewehrt haben, wurde in den letzten Wochen auch Patent-Halter Philips aktiv. Jetzt denkt der Deutsche Phonoverband darüber nach, die Silberscheiben nur "zeitlich begrenzt" zu schützen.
Gerd Gebhardt, seines Zeichens Vorsitzender des Bundesverbandes der Phonographischen Industrie, hat sich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit einer interessanten Idee zum CD-Kopierschutz zu Wort gemeldet. Anfang der Woche erklärte er der Zeitung, man könne dem Verbraucher möglicherweise entgegenkommen, indem man die Kopiersperren einfach zeitlich begrenze. Wörtlich erklärte er dazu:
"Ich halte es für denkbar, dass CDs mit einem Kopierschutz ausgestattet werden, der nur drei bis sechs Monate wirksam ist."
Wie er sich das denn so denkt, verriet er der FAZ leider nicht. Dabei wäre gerade dies höchst interessant gewesen. Die verbreiteten Kopierschutztechniken für Audio-CDs setzen nämlich darauf, CD-ROM-Laufwerke durch Fehler im Audiomaterial oder falsche TOC-Angaben zu irritieren. Wie diese Fehler nach drei Monaten plötzlich wieder von der CD verschwinden sollen, bleibt nun leider Gebhardts Geheimnis.
"Lediglich ein paar hundert Beschwerden"
Wahrscheinlich hat Gebhardt bei seinem Vorschlag nicht wirklich an den CD-Kopierschutz gedacht, sondern an Abspielbeschränkungen zusätzlicher auf der CD enthaltener Musik-Dateien. Neuere Kopierschutzmechanismen bieten oft einen zusätzlichen Datentrack mit den Songs der CD in einem kopiergeschützten Audioformat. Alternativ können die Songs manchmal auch von einer Website heruntergeladen werden, um wenigstens ein begrenztes Hörvergnügen auf dem PC zu haben. Diese meist im Windows Media Audioformat kodierten Songs sind dann allerdings per Digital Rights Management geschützt und lassen sich nicht auf eine Audio-CD brennen. Solch eine Beschränkung könnte man tatsächlich auf drei Monate begrenzen.
An dem eigentlichen Problem - der fehlerhaften Audio-CD - würde dies jedoch nichts ändern. Gerade dieses Problem stößt jedoch auf Missfallen bei den Konsumenten, kann es doch dazu führen, dass sich die entsprechend geschützten CDs nicht auf allen Geräten abspielen lassen. Alte CD-Player können damit ebenso Schwierigkeiten haben wie moderne DVD-Player oder Spielkonsolen. Glaubt man Gebhardt, halten sich Reklamationen wegen geschützter CDs aber in Grenzen. Nach seinen Schätzungen wurden bis Ende letzten Jahres fünf bis sieben Millionen geschützte CDs verkauft. Gegenüber der FAZ erklärte er zu den Reaktionen darauf:
"Es gab lediglich ein paar hundert Beschwerden."
"Silberscheiben, die CDs ähneln"
Doch mittlerweile sind es nicht mehr allein die Konsumenten, die sich über kopiergeschützte CDs aufregen. Nach Monaten des Schweigens meldete sich Anfang Januar Philips als Halter der Compact Disc-Patentrechte zu Wort. Im Gespräch mit der Financial Times Deutschland verwehrt sich Philips-Sprecher Klaus Petri gegen den Bruch des CD-Standards durch Kopierschutztechniken:
"Das sind Silberscheiben mit Musik drauf, die CDs ähneln, aber keine sind."
Gefragt, warum Philips dagegen noch nicht rechtlich vorgegangen sei, verwies Petri auf die bald auslaufenden Patentrechte und den vermutlich länger dauernden Prozess. Außerdem zeigte er sich zuversichtlich, dass der Markt das sowieso schneller regeln werde. In Großbritannien hätten Konsumenten bereits gemeinsam mit Händlern den Kopierschutz für CDs erfolgreich vereitelt (siehe auch: Immer Ärger mit dem Kaktus). Petri dazu:
"Wir hoffen, dass die deutschen Konsumenten genauso mündig sind."
Kopierschutz führt zu geringerer CD-Haltbarkeit
Auch in anderen Ländern hatten Philips-Vertreter praktisch zeitgleich gegen geschützte CDs Stellung bezogen. Offenbar hat die Firma in der Vergangenheit bereits verschiedentlich Plattenfirmen gewarnt, ihre geschützten CDs nicht mit dem "Compact Disk - Digital Audio"-Logo auf den Markt zu bringen. Gegenüber dem Onlinemagazin CDRInfo erklärte zudem ein Vertreter der Firma, man befürchte, dass die geschützten Alben von geringerer Qualität seien und schon bei normalem Gebrauch nach wenigen Jahren nicht mehr abspielbar seien.
CDRInfo hat diese Woche einen umfangreichen Test des Cactus Data Shield 200-Schutzes veröffentlicht, der diese Vermutung bestätigt. So fanden die CD-Kopierfreunde auf dem Cactus-geschützten letzten Album von Natalie Imbruglia einen sehr hohen Wert so genannter C1-Fehler. Dies sind kleine Lesefehler, die ein Audio-CD-Player normalerweise problemlos ausgleichen kann. Wenn eine solcherart "beschädigte" CD jedoch zudem noch durch Gebrauchsspuren beeinträchtigt wird, kann dies zu Wiedergabefehlern führen.
Vielleicht erklärt das ja auch Gerd Gebhardts merkwürdige Idee des zeitlich begrenzten Kopierschutzes. Ist die CD erst einmal nicht mehr lesbar, funktioniert natürlich auch der Kopierschutz nicht mehr.
Logisch, oder?