16:24 - Aufräumen am Neuen Markt in Frankfurt Krisenfirmen droht der Rausschmiss Hintergrund Von Simone Rothe, dpa
Frankfurt/Main (sda/dpa) Nach Pleiten, Finanzskandalen und dem Kursdebakel droht angeschlagenen Firmen der Rauswurf aus dem Neuen Markt der Frankfurter Börse.
Mit einer Verschärfung der Regeln reagiert die Deutsche Börse auf die anhaltende Krise des einstigen Qualitätssegments für junge Wachstumsfirmen.
Streichung vom Kurszettel
Pleite-Kandidaten und Unternehmen, deren Aktien kaum noch etwas wert sind, sollen künftig vom Kurszettel des Neuen Marktes verbannt werden können, bestätigte Börsensprecher Walter Allwicher am Mittwoch in Frankfurt.
Mehr als zwei Dutzend der derzeit 343 am Neuen Markt gelisteten einstigen Hoffnungsträger gelten als «Penny Stocks» mit Aktienkursen unter einem Euro.
Dazu kommt eine ganze Reihe von Firmen wie die Telefongesellschaft TelDaFAx oder die Internet-Agentur Kabel New Media die wegen Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit Insolvenzantrag stellen mussten.
Grosser Vertrauensverlust
Einige Unternehmen sollen wegen der seit langem desolaten Lage des Börsensegments mit Rückzug gedroht haben, falls Reformen weiter auf sich warten lassen.
Der drastische Vertrauensverlust der Anleger, nicht eingehaltene Prognosen und die Probleme der Technologiebranche liessen den Index der 50 führenden Firmen seit dem Höchststand im März 2000 mit gut 9000 Punkten auf derzeit noch rund 1200 Punkten abstürzen.
Details werden diskutiert
«Wir arbeiten an einer Erweiterung des Regelwerks. Änderungen wird es bald geben», sagte der Börsensprecher. Die drastischen Sanktionen sollen voraussichtlich noch während der Sommermonate verkündet werden. Details und Konditionen, wann eine Streichung vom Kurszettel erfolgt, würden derzeit diskutiert.
Aktienstrategen von Banken begrüssten die Ankündigung der Börse. «Der Schritt kommt fast schon zu spät», so ein Börsenexperte der Landesbank Hessen-Thüringen.
Handlungsbedarf
Die Möglichkeit des Rauswurfs vom Neuen Markt stiess allerdings nicht nur auf Zustimmung. «Ich sehe Delistings mit grosser Vorsicht», sagte Franz-Josef Leven vom Deutschen Aktieninstitut in Frankfurt. «Anleger haben Aktien im Vertrauen darauf gekauft, dass sie gehandelt werden.» Bei einer Streichung vom Kurszettel würden sie doppelt bestraft.
Leven sieht Handlungsbedarf an anderer Stelle. Er will Sanktionen für falsche Pflichtmitteilungen, die Anlegern oft hohe Verluste bescheren. Erste Vorschläge einer Regierungskommission zur Verbesserung des Anlegerschutzes liegen seit Dienstag vor.