Finanzinvestoren
Dax-Unternehmen sind nicht mehr sicher
Koltes: „Derartige Honorare werfen ein schlechtes Bild auf Finanzinvestoren” |
Die britische Private-Equity-Gesellschaft CVC ist seit den späten achtziger Jahren in Deutschland präsent und damit einer der Pioniere im hiesigen Beteiligungsmarkt. Von Anfang an dabei war Deutschland-Chef Steve Koltes. Der Gründungspartner des ehemals zur Citigroup gehörenden Beteiligungsfonds hat schon Zeiten erlebt, als der Begriff Private Equity hierzulande weitgehend unbekannt war. Durch die großen Firmenkäufe der vergangenen Jahre sind Beteiligungsfonds aber seither ins Rampenlicht gerückt und in der Öffentlichkeit für ihre angeblich rüden Methoden heftig kritisiert worden.
Herr Koltes, immer mehr Finanzinvestoren haben Fonds im zweistelligen Milliardenvolumen aufgelegt. Ist in der Beteiligungsbranche der Gigantismus ausgebrochen?
Nein. Das liegt daran, dass die Übernahmen immer größer werden. Und dabei wird es für große Beteiligungsfonds immer wichtiger, in der ersten Liga mitzuspielen und große Käufe alleine stemmen zu können.
Das heißt, der Kauf großer Unternehmen durch eine Allianz von fünf oder sieben Fonds wird außer Mode geraten?
In machen Fällen schon, denn wir müssen künftig zu den Unternehmen gehen und ihnen zusichern können, dass wir sie auch alleine übernehmen können. Wir werden einfach ernster genommen, wenn wir einen 2 Milliarden Euro großen Scheck schreiben können und nicht nur einen über 500 Millionen Euro. Deshalb ergänzen wir unseren bisherigen, 6 Milliarden Euro großen Fonds durch einen weiteren, 4 Milliarden Euro schweren „Tandemfonds“. Außerdem gibt es schon Fälle, in denen Allianzen zwischen Private-Equity-Fonds vom Verkäufer explizit ausgeschlossen werden, beim Verkauf von GE Plastics zum Beispiel.
CVC war also mit der Beschränkung auf 6 Milliarden Euro vor anderthalb Jahren zu zögerlich?
Alle großen Private-Equity-Häuser haben in den vergangenen Jahren viel mehr investiert als vorhergesagt. Auch jetzt noch gibt es weitaus mehr Möglichkeiten zu investieren, als Geld vorhanden ist. Der Markt ist schneller gewachsen als erwartet.
Die Fonds werden doch vor allem deshalb größer, weil die Beteiligungsmanager dadurch immer höhere Verwaltungsgebühren kassieren können.
Das ist eine große Fehlinterpretation in der Öffentlichkeit. Bei CVC zum Beispiel gibt es ein simples Prinzip: Unsere Investoren erhalten 80 Prozent des Gewinns und wir 20 Prozent. Aus dem Gewinn müssen aber die Verwaltungsgebühren erstmal abgezogen werden. Somit zahlen wir unsere Verwaltungsgebühren aus unseren Gewinnen selbst zurück. In der Summe hat CVC keinen wirtschaftlichen Vorteil davon, mehr Verwaltungsgebühren zu kassieren. Wichtig ist der Gewinn, und so soll es aus Sicht unserer Investoren sein.
Dennoch: Zunehmende Größe bedeutet unter dem Strich weitaus mehr Gebühren für unwesentlich mehr Beschäftigte.
Gebühren, die aus den Gewinnen zurückgezahlt werden müssen! Wichtiger ist die Frage: Wie viel investiertes Kapital, und letztendlich Gewinn, kann ein Mitarbeiter stemmen? Und die Antwort ist: viel, wenn man annimmt, dass immer größere Unternehmen gekauft werden. Theoretisch könnten wir mit 100 Beteiligungsmanagern 100 oder 200 Milliarden Euro verwalten - die Skalierbarkeit des Private-Equity-Modells ist ein riesiger Vorteil. In der Praxis ist es aber so, dass die Anzahl von Beteiligungsmanagern, die große Unternehmen verantwortlich kaufen können, sehr begrenzt ist. Das, und nicht das Kapital, ist heute unser Engpass.
Die Beteiligungsfonds knöpfen den Investoren also nicht immer mehr Gebühren ab?
Die Gebührenstruktur ist in den vergangenen Jahren weitgehend gleich geblieben.
Dafür haben die Beteiligungsgesellschaften mittlerweile Beratungsgebühren erfunden, die sie den gekauften Unternehmen in Rechnung stellen.
CVC stellt seinen Porfolio-Unternehmen grundsätzlich keine laufenden Management-Gebühren in Rechnung. Außerdem brächte uns das, wie gesagt, keinen wirtschaftlichen Vorteil. Derartige Honorare sind nicht notwendig und werfen ein schlechtes Bild auf Finanzinvestoren.
Gerade an diesem Ruf scheint die Branche kräftig zu arbeiten, beispielsweise indem Unternehmen binnen eines Jahres weiterverkauft werden, ohne dass deren Wert gesteigert wurde.
Wenn man das machen kann, warum nicht? Trotzdem sind solche Fälle eher die Ausnahme. Die interessante Frage ist aber doch, warum ist ein derartiger „Quick Flipp“ in einem angeblich effizienten Markt überhaupt möglich? Nehmen Sie das Beispiel des Autovermieters Hertz...
... den zwei Beteiligungsfonds von Ford gekauft und weniger als ein Jahr später an der Börse abgeladen haben.
Richtig. Doch Ford war von Anfang an klar, dass Hertz in der Lage war, an die Börse zu gehen. Ford hätte das auch selbst machen können, steckte aber in einer Krise und sah in einem kompletten Verkauf den besseren Weg, den Wert sofort zu realisieren und die Chancen und Risiken eines Börsenganges dem Käufer zu überlassen. Für den Käufer war es kein Automatismus, dass die Aktienmärkte freundlich bleiben würden. Denken Sie nur an den Unterschied zwischen dem 10. September und dem 12. September 2001. Es war also bei weitem kein risikofreier Kauf.
Das klingt ja zu schön, um wahr zu sein: die Beteiligungsfonds als Brücke zwischen den Konzernen und der Börse.
Genau das ist es aber. Natürlich sollten in einem funktionierenden Markt „Quick Flipps“ eigentlich nicht möglich sein. Aber Märkte sind nun einmal nicht gänzlich effizient - davon können wir Beteiligungsfonds in manchen Situationen profitieren, auch wenn das nicht der Kern unseres Geschäftsmodells ist.
Die Schuldenberge der von Beteiligungsfonds gehaltenen Unternehmen werden immer größer. Droht der Branche nicht eine Überhitzung?
Wie viele nennenswerte Kreditausfälle gab es bis jetzt? Keine. Das liegt nicht zuletzt daran, dass sich der Kreditmarkt grundlegend geändert hat. Vor sieben Jahren hatte der europäische Markt für Akquisitionskredite ein Volumen von 15 Milliarden Euro und wurde fast ausschließlich von den Banken getragen. Heute bringt dieser Markt 116 Milliarden Euro auf die Waage, und das Gros der Investoren sind hochspezialisierte Anleger wie Hedge-Fonds oder CDOs. Die wissen im Zweifel weitaus besser als eine Sparkasse, ob ein Kredit gut ist oder nicht. Diese Investoren bringen eine Liquidität, die nicht einfach wieder verschwinden wird. Dennoch will ich nicht leugnen, dass die Ausfallraten in der Zukunft wieder steigen könnten.
Viele Ihrer amerikanischen Wettbewerber sind mittlerweile global aufgestellt. CVC ist immerhin schon in Asien. Wann geht die Expansion weiter?
Wir haben in Asien bereits gezeigt, dass wir als europäischer Fonds in der Lage sind, auch in anderen Weltregionen vorne mitzuspielen. Im ersten Quartal 2007 wollen wir ein Büro in Amerika aufmachen.
Der Konkurrenzkampf auf dem amerikanischen Markt ist doch aber viel härter als in Europa?
Die Preise sind derzeit überall extrem hoch, auch in Asien. Aber der amerikanische Markt ist für die Expansion sogar besser geeignet als Europa. Dort hat es im vergangenen Jahr 30 bis 40 Transaktionen im Wert von mehr als 1 Milliarde Dollar gegeben. In Amerika waren es doppelt so viele. Das ist ein riesiger Markt.
Ist auch ein eigener Fonds für die Region geplant?
Nein. Sowohl der asiatische als auch die beiden europäischen Fonds können in Amerika investieren. Damit haben wir weltweit 12 Milliarden Euro zur Verfügung.
Wie viel kann CVC künftig in ein einzelnes Unternehmen investieren?
Wenn wir drei Viertel des Kaufpreises fremdfinanzieren, haben wir künftig eine Feuerkraft von 8 Milliarden Euro.
Und wie groß können die Übernahmen noch werden?
Wenn sich fünf Fonds zusammentun, können sie mit 10 Milliarden Euro Eigenkapital ein 40 Milliarden Euro teures Unternehmen kaufen.
Also auch einen großen Dax-Wert?
Ja, das wird irgendwann kommen. Aber davor müssen die deutsche Politik und die Öffentlichkeit erst ein größeres Verständnis von Beteiligungsfonds entwickeln.
Das Gespräch führte Daniel Schäfer.
Quelle: faz.net
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